Wirtschaft: Wer in Brandenburg und Sachsen Rechte wählt, gefährdet Standorte / “Auch PDS schädlich” / Schily attackiert Verfassungsgericht
BERLIN, 17. September. Vor den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen
an diesem Wochenende haben Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft vor
einem Erstarken extremistischer Parteien im rechten und linken Spektrum
gewarnt. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags
(DIHK), Ludwig Georg Braun, sagte der Berliner Zeitung: “Ich fordere die
Bürgerinnen und Bürger auf: Überlassen Sie die Entscheidung über Ihr
Land nicht anderen — gehen Sie wählen und bieten Sie den Extremisten auf
beiden Seiten die Stirn!” Sonst befürchte er negative Konsequenzen für
die weitere wirtschaftliche Entwicklung der betreffenden Länder.
Ähnlich äußerte sich der Chef des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel
(BGA), Anton Börner. Er sagte, wer radikale Parteien wähle, schade dem
Land, dies gelte für Deutschland, das vom Außenhandel lebe, besonders.
Deshalb sehe die Wirtschaft die Entwicklung mit Sorge. “Für Brandenburg
und Sachsen ist das Erstarken der rechtsradikalen Parteien und der PDS
geradezu katastrophal, wo andere Standorte Schlange stehen und um
ausländische Investoren werben”, mahnte der BGA-Präsident. Keine dieser
Parteien habe Konzepte anzubieten, die zu neuen Arbeitsplätzen führen
könnten. Was als Protest gegen die Regierenden gemeint sei, gehe nach
hinten los und gefährde Arbeitsplätze.
Laut Börner ist der Osten bisher auf dem richtigen Weg. “Die
Technologiestandorte in Brandenburg und Sachsen mit ihren hervorragend
ausgebildeten und hoch motivierten Mitarbeitern sind weltspitze”, so der
BGA-Chef. Braun sagte, Radikale hätten nur ein Ziel: sie wollten von
Verunsicherung profitieren. Der DIHK-Chef befürchtet eine abschreckende
Wirkung auf Investoren. “Wer den Extremisten die Stimme gibt, verpasst
keinen Denkzettel — er schadet dem Ansehen und damit auch der
wirtschaftlichen Entwicklung seiner Heimat auf Jahre”, so Braun.
Für den möglichen NPD-Erfolg in Sachsen machte Bundesinnenminister Otto
Schily (SPD) unterdessen das Bundesverfassungsgericht verantwortlich.
“Eine Partei mit deutlich ausländerfeindlicher und antisemitischer
Propaganda kommt in die Parlamente. Das ist das Ergebnis einer sehr
problematischen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts”, sagte
Schily der Financial Times Deutschland. Umfragen zufolge könnte die NPD
in Sachsen bis zu neun Prozent der Stimmen erhalten.
Die Karlsruher Richter hatten 2003 das Verbotsverfahren gegen die
rechtsextremistische Partei eingestellt, weil mehrere Zeugen für den
Verfassungsschutz arbeiteten. “Die NPD ist eine Bedrohung der
politischen Kultur und der Rechtsordnung und verunstaltet das Ansehen
Deutschlands in der Welt”, sagte Schily. Karlsruhe wollte dazu keine
Stellung nehmen.