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We will rock you! in Königs Wusterhausen

400 Men­schen fol­gten am ver­gan­genen Sam­stag dem Aufruf der “We will rock you!”-Kampagne und protestieren gegen den recht­en Lifestyle der Marke “ThorSteinar”, die lokale Neon­aziszene und die NS-Ver­her­rlichung im nahegele­ge­nen Halbe.

Gegen 16 Uhr ver­sam­melten sich über­wiegend junge AntifaschistIn­nen auf dem Bahn­hofsvor­platz der bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt Königs Wuster­hausen. Nie­mand erwartete eine spek­takuläre oder große Demon­stra­tion — mit Aus­nahme der Polizei. Von Anfang an war sie mit einem Großaufge­bot vor Ort.

Absper­r­git­ter sicherten die Straße in dem das Mod­egeschäft “Explo­siv” resi­diert. Dessen Inhab­er Axel Kopelke ist alles daran gele­gen seinem Laden ein unauf­fäl­liges Image zu geben. Dies hat er soweit geschafft. Abge­se­hen davon, dass inter­essierte KäuferIn­nen in dem Geschäft die zweifel­haften Marken “Thor Steinar”, ein Pro­dukt der Medi­a­tex GmbH an der Kopelke eben­falls beteiligt ist, und “Rizist” kaufen kön­nen, ist dem Laden aus antifaschis­tis­ch­er Sicht nichts (mehr) vorzuwerfen.

Ab und an huschen Trup­pen der Polizei über den Platz — der ein oder andere Beamte scheint gefall­en daran zu find­en sich stolz mit aufge­set­zem Helm, dem Schild in der einen, dem Schlag­stock in der anderen Hand präsen­tieren zu kön­nen. Wasser­w­er­fer blinzeln aus Eck­en hervor.

Mit Ein­bruch der Dunkel­heit wächst die Stim­mung. Zwis­chen den AntifaschistIn­nen und den Beamten fährt ein Pritschen­wa­gen der Mül­lab­fuhr über die Kopf­steinpflaster­straße. Bei ein­er Lat­er­ne macht er halt. Ein Mitvierziger steigt aus, lehnt eine Leit­er an die Lat­er­ne und steigt empor. Oben prangt ein Wer­be­plakat der NPD. Unter Beifall wird es nun, viel zu spät, abmon­tiert. Trans­par­ente wer­den entrollt, Musik spielt auf. Lächel­nd wip­pen einige Beamte zu ver­traut­en Liedern aus ihrer Kind­heit. Just als “I wear my sun­glass­es at night” durch die Laut­sprech­er hallt, wird verkün­det, dass die Polizei Son­nen­brillen bei Dunkel­heit als Ver­mum­mung wertet.

Die Masse wird unruhiger, ist des Wartens in der Herb­stküh­le über­drüs­sig und möchte loslaufen. Die Mod­er­a­tion verkün­det man wolle noch auf den näch­sten Zug aus Halbe warten. Dort warteten inzwis­chen 1600 Alt- und Neon­azis auf den Beginn ihres Gedenkmarsches. Sie woll­ten ihren, in der let­zten großen Kesselschlacht des zweit­en Weltkrieges gefal­l­enen, “Helden” gedenken, doch dazu kam es nicht: BesucherIn­nen des “Tag der Demokratie” beset­zten die Route der Recht­en und ver­hin­derten so den iden­titätss­tif­ten­den Auf­marsch. Im nach­hinein sprachen Polizis­ten von der “Pots­damer Lösung”.

Als der Zug aus Halbe abfuhr und nie­mand aus­gestiegen war, ging es los. Laut­stark bah­nte sich die Demon­stra­tion — oder vielmehr die Polizeikräfte an der Spitze, ein schwarzver­mummter Zugrifftrupp aus Ham­burg — ihren Weg durch die viel­er Orts beina­he men­schen­leere Innen­stadt. Der Weg führte in die Plat­ten­bausied­lun­gen der Stadt. Der Ort gilt — neben vie­len anderen in der Stadt — als Angstraum. Viele der aktiv­en Neon­azis haben hier ihr Zuhause. Vor­bei geht es an Tre­ff­punk­ten der recht­en Szene undan Orten an denen Über­griffe auf Men­schen stat­tfan­den, die nicht in das men­schen­ver­ach­t­ende Welt­bild der
Faschis­ten passen. Mit Rede­beiträ­gen wurde auf die Sit­u­a­tion vor Ort aufmerk­sam gemacht: Seit einem Jahr haben die Recht­en wieder Aufwind. Ver­mehrt sind sie und ihre anti­semi­tis­che, ras­sis­tis­che und ns-ver­her­rlichende Pro­pa­gan­da in der Stadt wahrzunehmen. Über­griffe, auch mit Schw­erver­let­zten, gehören beina­he zum Alltag.

Die Demon­stra­tion zog weit­er durch die dun­kle Stadt. Vere­inzelt säumten Bürg­erIn­nen den Straßen­rand und ließen den Protestzug an sich vor­bei ziehen. Nur wenige Per­so­n­en aus der Bevölkerung schloßen sich der Demon­stra­tion an. Die Polizei riegelte den Raum um die Demon­stra­tion ab, wer nicht das ver­meintliche Bild eines “autonomen Linksradikalen” erfüllte, wurde von den Beamten aufge­fordert sich von der Demon­stra­tion zu ent­fer­nen. Ab und an zog man an Wasser­w­er­fern vor­bei, deren Sinn sich nicht erschließen mochte. Die Polizei war gerüstet, anscheinend wurde Größeres erwartet. Am Rande bemerk­te eine Ham­burg­er Beamtin: “Lächer­lich. Keine Böller, keine Leucht­spurraketen — die kön­nen nicht aus Ham­burg kom­men.” Augen­schein­lich waren Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen Demon­stra­tionsteil­nehmerIn­nen und Neon­azis erwartet wor­den, doch zu denen kam es in keinem Augenblick.

Nach zwei Stun­den erre­icht­en die Demon­stran­ten aber­mals den Bahn­hofsvor­platz. Zum ersten und let­zten Mal traf man hier auf Neon­azis. Die aus Halbe wiederkehrende Gruppe von recht­en Jugendlichen und jun­gen Erwach­se­nen aus Königs Wuster­hausen ver­schanzte sich in der Bahn­hof­shalle. Laut hal­ten Anti-Nazi-Parolen über den Platz. Die Polizei öffnete den AntifaschistIn­nen den Weg zur S‑Bahn. Sie fuhren ab: Der Bahn­hofsvor­platz leerte sich, es wurde ruhig. All­t­ag kehrte ein. Es war still als die FaschistIn­nen ihren Weg durch die Stadt antreten kon­nten — so wie immer in Königs Wusterhausen.

Bilder und weit­ere Infos find­et ihr im Inter­net unter www.we-will-rock-you.tk.

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