(Quelle: Verfassungsschutz Brandenburg) In der rechtsextremistischen Szene München fand die Polizei Sprengstoff;
Anschlagspläne wurden bekannt, Querverbindungen weisen u. a. nach
Nordbrandenburg — Meldungen, die beunruhigen müssen. In Cottbus stellt man
sich wie anderswo die Frage, ob solche Entwicklungen auch in der eigenen
Region möglich wären.
Grund genug für zwei Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Brandenburg, Heiko
Schäfer und Michael Hüllen, vor Mitgliedern und Gästen des “Cottbuser
Aufbruchs” zu referieren. Eingeladen hatte die Vorsitzende dieses
städtischen Aktionsbündnisses für ein gewaltfreies Miteinander, Dr. Martina
Münch. Die beiden Verfassungsschützer sprachen zum Thema “Grund zur
Entwarnung oder trügerische Ruhe? Zur Entwicklung rechtsextremer Strukturen
und Strategien in Cottbus”. Auch Dirk Wilking vom Regionalbüro Cottbus des
“Mobilen Beratungsteams” (MBT), ein Kenner der örtlichen Verhältnisse,
wusste von neuen Trends zu berichten.
Aktionsorientierter Rechtsextremismus
Die gewaltbereite rechtsextremistische Szene, so führte Schäfer aus, ist in
Cottbus und dem Landkreis Spree-Neiße nach wie vor ein Problem. Aktuell
nimmt die Region einen Spitzenplatz in der Statistik der rechtsextremistisch
motivierten Gewalttaten ein. Fast sämtliche dieser Angriffe richten sich
gegen Fremde.
Neonazistische Kameradschaften in Brandenburg können das
rechtsextremistische Personenpotenzial nur zu einem geringen Teil binden.
Gewalt erscheint ihnen gegenwärtig inopportun; aber am ersehnten “Tag der
Machtergreifung” wollen auch sie mit ihren Feinden abrechnen. Konkrete
Bestrebungen, das vierte Reich herbeizubomben, sind aber derzeit in
Brandenburg nicht zu beobachten.
Für rechtsextremistische Großdemonstrationen lassen sich auch unorganisierte
Szeneangehörige mobilisieren. Das haben wieder einmal die Aktionen zum
Todestag des Hitler-Stellvertreters Heß im August gezeigt.
Rückschläge für die NPD
Die NPD hatte gehofft, sie könne neue Anziehungskraft gewinnen, nachdem das
Bundesverfassungsgericht das Verbotsverfahren gegen sie eingestellt hatte.
Doch darin hat sie sich getäuscht, berichtete Hüllen. Anhaltend schlechte
Wahlergebnisse, die kritische Lage der Parteifinanzen und das Fehlen
integrations- und durchsetzungsfähiger Funktionäre machen der NPD erkennbar
zu schaffen.
Seit der Auflösung des gemeinsamen Landesverbandes Berlin-Brandenburg im
April gehen die jetzt selbständigen Organisationseinheiten in beiden
Bundesländern eigene Wege. In Brandenburg ist die NPD zu einer
flächendeckenden Parteiarbeit kaum noch in der Lage. An der Parteibasis
macht sich vielfach Frustation breit. So hat der ehemals besonders aktive
NPD-Kreisverband Spreewald seine Präsenz im Internet resigniert eingestellt.
Gefährliche Kontakte: “Biker” und Rechtsextremisten
Wilking wies darauf hin, dass in Cottbus und den umliegenden Landkreisen
bemerkenswerte Kontakte zwischen rechtsextremistischen Gruppen und
verschiedenen Rocker- und Motorradclubs bestehen. Auch der Verfassungsschutz
beobachtet solche Entwicklungen.
Was steckt dahinter? Vielfach sind es finanzielle Interessen.
Konzertveranstaltungen beispielsweise finden im Süden Brandenburgs ihr
Publikum in beiden Szenen. Das bringt mehr Geld ein. Auch sonst bilden
dubiose Geschäfte den Anreiz für Kooperationen. Bikerclubs geben
Risikokredite für mehr oder weniger legale Geschäfte auch an
Rechtsextremisten.
Die Verfassungsschützer und der Mitarbeiter des MBT waren sich einig: Hier
entsteht eine neue Risikozone. Zwar ist die Gefahr gering, dass die
Rockerszene nachhaltig mit rechtsextremistischer Ideologie durchtränkt wird;
aber bedenklich wird es, wenn aktionsorientierte Rechtsextremisten und
Motorradclubs für fragwürdige oder verbotene Aktivitäten, z. B. den Handel
mit Waffen, auf eine gemeinsame Logistik zurückgreifen können.