FALKENSEE “Extremismus ist nicht nur Sache der Polizei, sondern er geht alle
Bürger an.” Winfriede Schreiber, Abteilungsleiterin des Verfassungsschutzes
im Innenministerium Brandenburgs, wählte bei ihrem Falkensee-Besuch klare
Worte. Ihrem Vortrag im “Bayerischen Hof” folgten Montagabend 20
Interessierte. Beherrschendes Thema: Die Gefahr des Rechtsextremismus.
Dieser komme in vielen Formen und Facetten in Brandenburg vor. “Die rechten
Parteien NPD und DVU haben durch ihre verstärkte Zusammenarbeit den Kampf um
die Köpfe, die Straße und die Parlamente verschärft”, sagt die Expertin.
Neben den Parteien bereiten ihr aber vor allem die Kameradschaften, die
Musikszene und unorganisierte, aber höchst gewalttätige Schläger
Kopfzerbrechen. Insbesondere die Musikszene sei kaum zu kontrollieren — oft
reichen ein kleiner Lastwagen mit Verstärkern und Lautsprechern, um eine
spontanes Konzert per SMS auf die Beine zu stellen. Als Winfriede Schreiber
über die “widerwärtigen CDs mit menschenverachtenden und rassistischen
Texten” sprach, merkte man ihr an, wie groß ihre Abneigung gegen diese Art
von Extremismus ist.
In Falkensee und Nauen sind dem Verfassungsschutz derzeit rund 15
gewaltbereite Rechtsextreme bekannt. Gerne würde der Verfassungsschutz die
Gruppe näher beobachten, doch fehlen Geld und Personal. “Wir arbeiten mit
der Polizei vor Ort zusammen, das ist aber noch ausbaufähig”, so Schreiber.
Direktes Ansprechen der Rechtsextremen — wie es bei einschlägig bekannten
Fußball-Hooligans praktiziert wird — hält sie für wünschenswert, aber
zurzeit fehlen ihr dafür die Leute. Immer wieder appellierte Winfriede
Schreiber an die Anwesenden, die Augen offen zu halten und Alarm zu
schlagen. Im Falle des “Freikorps” in Pausin hätten alle geschwiegen und
weggeschaut, obwohl Anzeichen für die Gesinnung der Schüler gegeben waren.
Schulen, Eltern und Sportvereine müssten versuchen, stärker Einfluss auf
gefährdete Jugendliche zu nehmen.
Michael Richter-Kempin aus Falkensee engagiert sich im “Bündnis gegen
Rechts”. Dass es dieses Bündnis gibt, ist für ihn erst einmal positiv. “Bei
unseren Treffen sind wir aber immer nur dieselben sechs, acht Leute, da
könnten doch viel mehr kommen.” Winfriede Schreiber, früher
Polizeipräsidentin in Frankfurt (Oder), bat ihre Zuhörer, den Rechten nicht
das Feld zu überlassen; besonders junge Menschen dürften nicht alleine
gelassen werden. Die CDU-Landtagsabgeordnete und frühere Justizministerin
Brandenburgs, Barbara Richstein, schloss sich dieser Sicht an. “Im Sinne
John F. Kennedys sollte man sich fragen: Was kann ich für mein Land tun? Und
nicht immer nur: Was tut mein Land für mich?”
Oft sind es aber gar nicht aufwändige Programme, Polizeipräsenz oder lange
Haftstrafen, die Rechtsextreme aus dem brauen Sumpf holen. Winfriede
Schreiber weiß, was häufig am effektivsten wirkt: Frauen. “Wenn die Freundin
sagt: Lass dir endlich die Haare wachsen, hör auf zu saufen und mach die
dämliche Musik aus, kann das sehr schnell gehen!”