(Henri Kramer) Einer der aktivsten Neonazis der Potsdamer rechtsextremen Szene steht erneut vor Gericht: Zusammen mit einem weiteren Angeklagten musste sich der 22-jährige Sebastian G. wegen erheblicher Sachbeschädigung verantworten – einen Tag vor dem heutigen 23. Geburtstag des mehrfach vorbestraften Potsdamers.
Ihm und dem 29 Jahre alten Mike E. wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, in der Nacht zum 13. August vor einem Jahr im Stadtgebiet weitflächig Rudolf-Heß-Plakate geklebt zu haben, die an den Todestag des Hitler-Stellvertreters im August 1987 erinnerten. Die von vielen Rechtsextremen betriebene Verehrung von Heß ist in Deutschland nicht strafbar, weswegen es im Gericht vor allem um die materiellen Schäden der nächtlichen Plakataktion ging. So schilderte die Chefin des Rewe-Marktes in Potsdam-West, dass die Plakate von einer Spezial-Firma entfernt werden mussten, weil wohl besonders haltbarer Kleister verwendet wurde. Dies bestätigte auch ein Polizist, der noch in der Nacht in die Waldstadt zur Plakat-Entfernung geschickt wurde: „Das war eine saumäßige Arbeit.“
Das im Schutz der Nacht letztlich aber der Verdacht auf Sebastian G. und Mike E. fallen konnte, liegt offenbar an einer Mitarbeiterin im Ordnungsamt, die gleichzeitig im selben Haus wie G. wohnt – und in der Tatnacht vom Lärm geweckt wurde. „Auf der Straße vor dem Haus standen acht bis zwölf Leute“, sagte sie. Ein paar davon hätten Kleber-Eimer wie aus einem Baumarkt bei sich gehabt. Im Laternenschein auf der Straße habe sie G. eindeutig erkannt, später bei der Polizei auch den anderen Angeklagten mittels eines Fotos, weil dieser vor der Gruppe stand und in ihre Richtung schaute. Tags darauf habe sie von der Plakat-Aktion erfahren, „eins und eins zusammen gezählt“ – und ihre Beobachtung gemeldet. Danach hätte sie sich mit der Ideologie ihres eigentlich „positiv“ aufgefallenen Nachbarn „befasst“, den sie von Hundespaziergängen kannte.
Dass Sebastian G. in absehbarer Zeit die Neonazi-Szene verlässt, dass glaubt selbst sein Bewährungshelfer nicht: „Bei solchen Überzeugungstätern hat man keine Chance – und das ist einer der Überzeugtesten hier.“ Ein Urteil wird nächsten Donnerstag erwartet.