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Antifaschismus

Weniger rechte Gewalttaten in Brandenburg

Die Opfer­per­spek­tive hat 2008 deut­lich weniger rechte Gewalt­tat­en gezählt als in den Jahren zuvor. 

104 rechte Gewalt­tat­en hat der Pots­damer Vere­in für das ver­gan­gene Jahr erfasst. 174 Per­so­n­en waren von den Angrif­f­en betrof­fen. Zwar wer­den erfahrungs­gemäß noch Nach­mel­dun­gen hinzukom­men. Der Rück­gang zum Vor­jahr, als 159 Über­griffe mit 262 Geschädigten gezählt wur­den, ist aber deut­lich. Von 2003 bis 2007 war die Zahl rechter Gewalt­tat­en jedes Jahr angestiegen. Bran­den­burg ist das einzige Bun­des­land, für das bis­lang ein Rück­gang gemeldet wird. Bun­desweit wird für 2008 erneut mit einem Anstieg der Zahl rechts motiviert­er Straf- und Gewalt­tat­en gerechnet.

Die Mehrzahl der in Bran­den­burg erfassten Tat­en richtete sich gegen poli­tis­che Geg­n­er (34). Beson­ders linke Jugendliche wur­den Opfer von zum Teil bru­tal­en Über­fällen. Bürg­er, die gegen rechte Pöbeleien ein­schrit­ten, wur­den geschla­gen, eben­so Poli­tik­er der LINKEN. 30 Tat­en waren ras­sis­tisch motiviert, 32 richteten sich gegen Ange­hörige alter­na­tiv­er Jugend­kul­turen und andere Per­so­n­en, die auf­grund ihrer Erschei­n­ung nicht in das Welt­bild Recht­sex­tremer passen. In den meis­ten Fällen han­delte es sich um Kör­per­ver­let­zungs­de­lik­te (77).

Seit Jahren ist erst­mals wieder ein Todes­opfer rechter Gewalt zu bekla­gen. Am 22. Juli 2008 wurde im uck­er­märkischen Tem­plin der 55-jährige Bernd K. zu Tode geprügelt. Zwei Neon­azis, die gegen­wär­tig vor dem Landgericht Neu­rup­pin angeklagt sind, sollen den arbeit­slosen Melio­ra­tionstech­niker erniedrigt und bru­tal getötet haben, weil sie ihn auf Grund sein­er Lebensweise verachteten.

Hohe Dunkelziffer

Der deut­liche Rück­gang der Zahl rechter Gewalt­tat­en ist ermuti­gend. Wenn gesellschaftlich­es Engage­ment und Strafver­fol­gung in Bran­den­burg erre­ichen, dass weniger Men­schen zu Opfern rechter Gewalt wer­den, wäre dies ein großer Erfolg. Das muss sich aber noch zeigen. Schon mehrfach gab es kurzfristige Rück­gänge (1994, 1997, 2001), nach denen die Zahl rechter Gewalt­de­lik­te wieder anstieg.

Die Sta­tis­tik der Opfer­per­spek­tive, eben­so wie entsprechende polizeiliche Angaben, enthält nur bekan­nt gewor­dene Gewalt­tat­en. Nach ein­er kür­zlich veröf­fentlicht­en Studie des Krim­i­nol­o­gis­chen Forschungsin­sti­tuts Nieder­sach­sen ist das Dunkelfeld erhe­blich: Jugendliche, die ras­sis­tis­che Gewalt­tat­en verübt hat­ten, gaben in über 76 Prozent der Fälle an, dass sie anschließend keinen Kon­takt zur Polizei hat­ten. Etwa 80 Prozent der Jugendlichen, die Opfer von Kör­per­ver­let­zun­gen wer­den, stell­ten keine Anzeige; nur eines von hun­dert Opfern wen­dete sich an eine Beratungsstelle. Am ger­ing­sten ist die Anzeige­bere­itschaft, wenn das Opfer aus­ländis­ch­er und der Tätern deutsch­er Herkun­ft ist.

Die bekan­nt gewor­de­nen Tat­en hat die Opfer­per­spek­tive auf der Web­site des Vere­ins veröf­fentlicht. Erfasst wer­den Gewalt­tat­en, nicht aufge­führt sind Pro­pa­gan­dade­lik­te wie etwa Hak­enkreuzschmier­ereien. Dro­hun­gen und ver­suchte Kör­per­ver­let­zun­gen wer­den reg­istri­ert, eben­so Brand­s­tiftun­gen und Sachbeschädi­gun­gen, wenn sich diese unmit­tel­bar gegen Per­so­n­en richteten. Dabei han­delt es sich um Angriffe gegen Gewer­be­be­triebe von Migran­tInnen sowie Über­fälle auf Tre­ff­punk­te von Linken. Nicht gezählt wer­den Anschläge auf Gedenkstät­ten und Friedhofsschändungen.

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