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Law & Order

Wer Grundrechte einschränken will, muss mit Protest rechnen

Am ver­gan­genen Sam­stag protestierten über 2.300 Men­schen gegen das neue Polizeige­setz in Bran­den­burg, darunter Datenschützer*innen, Gew­erkschaften, Vere­ine, Politiker*innen und Fußball­fans. Laut­stark und vielfältig zeigten wir der Lan­desregierung: Wer das Polizeige­setz ver­schär­fen und Grun­drechte ein­schränken will, muss mit Protest aus allen gesellschaftlichen Schicht­en rech­nen. An der Demon­stra­tion beteiligten sich Men­schen aus ganz Bran­den­burg. Sie war ein­er der größten, die das Land Bran­den­burg in den let­zten Jahren gese­hen hat. Wir fordern die rot-rote Lan­desregierung auf, den Plan der Ver­schär­fun­gen auf Eis zu legen.
In der kom­menden Woche, in der das Gesetz in den Land­tag einge­bracht wird, ruft das Bünd­nis zu dezen­tralen Aktio­nen gegen das Polizeige­setz auf. In Cot­tbus wird am Mittwoch, den 14. Novem­ber, um 17 Uhr eine Protestkundge­bung am Heron­platz ver­anstal­tet. Die Online-Peti­tion „Neues Polizeige­setz in Bran­den­burg stop­pen – Grun­drechte schützen!“ hat mit­tler­weile deut­lich über 5.000 Unterzeichner*innen.
Bei der Demon­stra­tion kamen in Rede­beiträ­gen ver­schiedene Organ­i­sa­tio­nen zu Wort, unter anderem:
„Wenn das neue Gesetz kommt, wer­den Geflüchtete nicht mehr nur ständig kon­trol­liert, sie ger­at­en auch noch schneller in Präven­tivge­wahrsam, weil die Polizei sich immer weniger dafür recht­fer­ti­gen muss“, kri­tisierte Jibran Khalil von Jugend ohne Grenzen.
„Im Umgang mit Fuss­ball­fans kön­nen wir schon seit Jahren beobacht­en, wie die Polizei sich mil­i­tarisiert und immer öfter auch ganze Fan­grup­pen überwacht. Mit dem neuen Gesetz darf die Polizei nicht nur mehr, sie darf auch tem­porär früher agieren und soll dabei weniger kon­trol­liert wer­den. Umso wichtiger ist es, dass wir auch auf die Polizei schauen“, mah­nte Chris­t­ian R., ein aktiv­er Fußball­fan aus der Nord­kurve Babelsberg.
„Die im neuen Gesetz erwäh­n­ten Meldeau­fla­gen im Bere­ich des Ver­samm­lungs­ge­set­zes sind ein Angriff auf unser Demon­stra­tionsrecht. Warum Politiker*innen der SPD und der Linken solch schw­er­wiegende Grun­drecht­sein­schränkun­gen ver­ant­worten wollen, ist mir schleier­haft“, so Demon­stra­tionsan­melder Kon­stan­tin Gräfe.
Die Polizei ver­hielt sich während der ganzen Demon­stra­tion zurück­hal­tend. Im Gegen­satz dazu kam es im Vor­feld und im Nach­gang der Demon­stra­tion zu inakzept­ablen Über­grif­f­en seit­ens der Polizei auf friedliche Demonstrationsteilnehmer*innen sowie Men­schen, die sich in der Nähe zur Demon­stra­tion aufhiel­ten. Ins­beson­dere waren Pots­damer Haus­pro­jek­te und deren Umfeld in der Zep­pelin­straße 25, 26 und 29 betrof­fen. Vor und nach der Demon­stra­tion filmte die Polizei ohne einen erkennbaren Anlass in die Häuser und in die Innen­höfe hinein. Im Nach­gang der Demon­stra­tion wur­den ins­ge­samt acht Men­schen im Umfeld der Haus­pro­jek­te fest­ge­set­zt, ihre Per­son­alien kon­trol­liert, durch­sucht und trotz geäußertem Wider­spruch erken­nungs­di­en­stlich behan­delt. In zwei Fällen kam es uner­wartet zu bru­tal­en Fes­t­nah­men, bei den Men­schen zu Boden gewor­fen wur­den. Gegen alle kon­trol­lierten Per­so­n­en stellte die Polizei Strafanzeigen. Kurz nach der Demon­stra­tion ver­sucht­en einige Polizist*innen in die Zep­pelin­straße 25 einzu­drin­gen. Noch drei Stun­den nach Ende der Demon­stra­tion wur­den die Haus­pro­jek­te überwacht.
Als Grund für die Maß­nah­men galt wohl die völ­lig gewalt­freie Per­for­mance der drei Haus­pro­jek­te während der Demon­stra­tion, die aus 2 min auf­steigen­den bun­ten und unge­fährlichem Rauch, Her­aushän­gens von Trans­par­enten und einem Rede­beitrag gegen das Polizeige­setz bestand. Die Maß­nah­men sind beze­ich­nend für die Krim­i­nal­isierungsstrate­gie der Polizei. Es bestand zu kein­er Zeit eine gefährliche Sit­u­a­tion, wed­er für die Demo-Teilnehmer*innen noch für die Polizei. Die Häuser samt den Baugerüsten sind im Eigen­tum der Haus­pro­jek­te. Dage­gen waren die Maß­nah­men der Polizei selb­st mut­maßlich grun­drechtsver­let­zend: Das Abfil­men von Pri­vat­woh­nun­gen ist ein unzuläs­siger Ein­griff in die Pri­vat­sphäre, das Ein­drin­gen in Häuser ist eben­so ein schw­er­wiegen­der Ein­griff, der nicht mit Lap­palien wie ein­er kurzweili­gen und kon­trol­lierten Rauch­per­for­mance zu begrün­den ist. Dass die einzel­nen Polizis­ten einge­forderte Grun­drechte ignori­eren, zeigte das Ver­hal­ten des fil­menden Beamten, der mit den iro­nis­chen Worten „Ich kann euch nicht hören“ auf die Bitte reagiert hat, das Fil­men des Hin­ter­hofs der Zep­pelin­straße 25 auf­grund der man­gel­nden Rechts­grund­lage zu unter­lassen. Sel­biger Polizist war an der stun­den­lan­gen Überwachung des Haus­pro­jek­tes beteiligt. Dass ihm das sichtlich Spaß machte, zeigte er mit einem auf­fäl­li­gen Schwin­gen seines Schlag­stocks gegenüber Passant*innen und Bewohner*innen der Hausprojekte.
Die polizeilichen Maß­nah­men am Rand der Demon­stra­tion haben gezeigt, dass die Ermit­tlungs­be­hör­den schnell jeglich­es Maß ver­lieren kön­nen. Umso wichtiger ist es, die geplante Ausweitung der polizeilichen Befug­nisse zu stoppen!

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