Neonazi Heiko G. stieß einen Mann aufs Gleis. Gestern wurde er zu sechs Jahren Haft verurteilt
Potsdam. Das Landgericht Potsdam hat den brutalen Überfall eines Neonazis mit einer hohen Strafe geahndet. Die 3. Große Strafkammer verurteilte Heiko G. (27) gestern zu sechs Jahren Haft, weil er im März 2003 auf dem Potsdamer
Bahnhof Rehbrücke den jungen Linken XXX geprügelt und auf die Gleise gestoßen hatte. Das Opfer hatte noch Glück im Unglück: Ein zur Tatzeit angekündigter Zug kam verspätet. Der Angriff, an dem zwei Kumpane von G.
beteiligt waren, sei in seiner “Feigheit und Brutalität schwer zu übertreffen”, sagte Richter Hans-Jörg Tiemann. Er bescheinigte G. “eine Handlungsweise wie ein Kampfhund”. Der Täter sei der gefährlichen Körperverletzung und der schweren räuberischen Erpressung — in einem
allerdings minderschweren Fall — schuldig: Der Neonazi hatte das Opfer gezwungen, ihm Zigaretten zu geben.
Staatsanwalt Peter Petersen hatte in seinem Plädoyer sieben Jahre Haft für Heiko G. gefordert. Wenn die Gesellschaft es hinnehme, dass ein junger Mann Opfer einer schweren Gewalttat werde, nur weil er sich anders kleide und eine andere Frisur trage als Rechtsextremisten, “brechen in diesem Land Anarchie und Terror aus”, sagte Petersen. Der Staatsanwalt ermahnte den vielfach vorbestraften Heiko G., wenn er auch aus der neuen Verurteilung so wenig lerne wie aus den früheren, “rasen Sie mit Sieben-Meilen-Stiefeln auf
die Sicherungsverwahrung zu”. Dies würde bedeuten, dass G. nach Ablauf einer Haftstrafe hinter Gittern bleibt.
Neun Jahre Haft hatte der Anwalt des Opfers verlangt. Der Überfall auf dem Bahnhof “liegt sehr nahe an versuchtem Mord”, sagte Volker Wiedersberg. XXX habe sich in Todesgefahr befunden. Dass kein Zug kam, sei nur
“der Unzuverlässigkeit der Bahn zu verdanken”. Dagegen bestritt der Verteidiger von G., dass dieser das Opfer auf die Gleise stieß. Die Prozesse gegen die zwei Kumpane von G. stehen noch aus.