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Wiedersehensfeier in Halbe

Das inter­es­sante in Halbe am 15.November 2003 war das pein­liche Schaus­piel hin­ter den Trauer­marschkulis­sen. Ein „Fre­un­deskreis Halbe“ und die „Freien Nation­al­is­ten“ hat­ten unter der Parole „Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsol­dat­en“ zur Demon­stra­tion und zur Kranznieder­legung auf dem größten deutschen Sol­daten­fried­hof aufgerufen. 

Der Auf­marsch wurde nach einigem Hin und Her erlaubt, so kon­nten die Recht­en an die nation­al­sozial­is­tis­che Tra­di­tion des „Heldenge­denkens“ anknüpfen. 

Über 1000 Polizis­ten sicherten den Neon­azis den Weg, Protest von Gegen-Demon­stran­ten drang kaum zu ihnen durch. Der Zen­tral­fried­hof in Halbe ist mit 27.000 Toten die größte sol­datis­che Gräber­stätte in Bun­desre­pub­lik. Aber das inter­essierte die Neon­azis um Organ­isator Chris­t­ian Worch und Anmelder Lars Jacobs wenig. Sie waren froh, ihr Ziel endlich wieder erre­icht und die Genehmi­gung für einen Trauer­marsch erhal­ten zu haben. Allerd­ings kon­nte ihr Auftritt nicht annäh­ernd mit den mar­tialis­chen Zustän­den von 1990 und 1991 mithal­ten, das Tra­gen von Fack­eln, Uni­for­men und Trom­meln war ver­boten. Gegen Mit­tag ver­sam­melten sich etwa 600 Neon­azis vor dem Bahn­hof der kleinen bran­den­bur­gis­chen Stadt. Ein von Worch zum „Offizier für Kle­be­band“ ernan­nter Neon­azi war vol­lauf damit beschäftigt, alle SS- und NS-Embleme auf den Kranzschleifen und Klam­ot­ten sein­er Kam­er­aden mit schwarzem Kle­be­band zu bedeck­en. Die ein­tr­e­f­fend­en Führer begrüssten sich hemd­särmelig. Von der NPD war nicht viel zu sehen, unter den weni­gen waren Ange­hörige der NPD aus Senden. Inter­es­sant war der Auftritt der Führungsriege der „Freien Kam­er­ad­schaften“. Die zer­strit­te­nen Ham­burg­er Frak­tio­nen maßen der Ver­anstal­tung schein­bar hohen Stel­len­wert bei und zeigten überaschen­der­weise gemein­same Präsenz. 

Haup­tor­gan­isator Worch und sein fleis­siger Helfer Jacobs achteten pein­lichst darauf, den gemein­samen Auftritt mit Thomas Wulff bestens zu insze­nieren. Bei genauer Betra­ch­tung ent­pup­pte sich das Wieder­se­hen­str­e­f­fen jedoch eher als eiskaltes Kalkül. Tobias Thiessen vom Worch-kri­tis­chen „Ktions­büro Nord­deutsch­land“ hielt den ganzen Tag eine schwarze Fahne – und sich zurück. Seine Fre­undin Inge Not­tel­mann war nicht, wie üblich, in die Organ­i­sa­tion einge­bun­den, halb­herzig fotografierte sie „Kam­er­aden“. Außer Stef­fen Hup­ka und dem ein­sitzen­den Peter Borchert war alles angereist, was Rang und Namen in der Kam­er­ad­schaftsszene hat, u.a. Chris­tiane Dolscheid („Club 88“, Neumün­ster), Thorsten Heise („Kam­er­ad­schaft Northeim“ und jet­ziger NPD-Kan­di­at bei der Land­tagswahl in Thürin­gen), Oliv­er Schweigert aus Berlin, der die Ein­gangskon­trollen machte, die thüringis­chen „Kam­er­aden“ André Kap­ke und Ralph Wohlleben aus Jena beauf­sichtigten die Sup­penküche, Daniela Wegen­er von der ehe­ma­li­gen „Sauer­län­der Aktions­front“ von Sven Liebich und Mir­co Appelt aus Sachsen-Anhalt. 

Die vie­len Fotografen und Fernse­hteams sorgten für noch schlechtere Stim­mung und gereizte Aus­fälle. Der braune Lie­der­ma­ch­er Manuel, dem die Neured­ner­in Yvonne Mädel aus Thürin­gen die Noten hal­ten durfte, het­zte los: „Die Her­ren von der Presse soll­ten sich schä­men, es waren nicht nur unsere Väter, es waren auch ihre! … und eines Tages wer­den sie sich vor einem Reichs­gericht dafür ver­ant­worten müssen, das ver­spreche ich Ihnen!“ Wulff und Worch wech­sel­ten sich in ihren Rede­beiträ­gen pein­lichst genau ab. Wulff wirk­te dabei äußerst steif und schlecht gelaunt, nichts von der schein­baren Lock­er­heit, die der bul­lige Ham­burg­er Führer anson­sten bei Auftrit­ten vor nord­deutschen Kam­er­aden gern an den Tag zu leg­en ver­sucht. Darüber kon­nten auch härtere Töne nicht hin­wegtäuschen: „… am Ende wird der Zusam­men­bruch ste­hen, dann fol­gt, der wirk­liche Frei­heitssturm unseres Volkes. Und so soll sich der eine oder andere Polizeiführer oder Poli­tik­er die Hände noch reiben, das alles sind keine Siege in diesem Krieg, es sind Geplänkel!“ Die Rede endete beschwörend mit: „dann wer­den wir marschieren Kam­er­aden, jedes Jahr wieder, bis zum Sieg“. Der Northeimer „Kam­er­ad­schafts­führer“ Thorsten Heise hat­te Mil­itär­lit­er­atur gewälzt und einen aus­führlichen Rede­beitrag über den Abwehrkampf der Wehrma­cht und die let­zten Tage im Kessel von Halbe gehal­ten. Worch ver­glich den „Kampf des Kam­er­aden Jacobs“ zur Durch­set­zung des „Heldenge­denken“ in Halbe gar mit dem „Kampf der Kam­er­aden an der Front, ins­beson­dere an der Ost­front“, In ein­er Schweige­prozes­sion ging es bis vor den Wald­fried­hof von Halbe. Sehr zum Ärg­er der Kam­er­aden durften sie das Gräber­feld nicht betreten, die Kränze wur­den auf einem Rasen­stück vor den Ein­gang­storen abgelegt.

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