FRANKFURT (ODER). Der 24-jährigen Ina Englbrecht ist der Rummel um ihre Person fast schon zu viel. Gemeinsam mit sieben anderen Studenten der Viadrina-Universität und einem Straßenbahnfahrer wird sie am Donnerstag in Frankfurt (Oder) für ihr couragiertes Eingreifen zu Gunsten eines angegriffenen Asylbewerbers geehrt. “Wir hatten gar keine Zeit, Angst zu bekommen. Wir waren viel zu entsetzt und aufgeregt”, sagt sie. Doch gefährlich war die Situation schon, in die die Studentin der Kulturwissenschaften und ihre polnische Freundin Sabina Ociepa am Montagabend geraten waren. Beide kamen gerade von einem Treffen der Amnesty-International-Gruppe im Stadtzentrum Frankfurts, als sie in der Straßenbahn Zeugen wurden, wie drei Jugendliche einen 18-jährigen Mann aus Sierra Leone angriffen. “Er hat überhaupt nichts getan”, sagt Sabina, die Jura studiert. Der Afrikaner habe seinen Rucksack abgestellt und dabei den Schuh eines der 17-Jährigen berührt. “Die haben ihn sofort beschimpft.”
Beispiel für Zivilcourage
In der Bahn saßen mit den Mädchen noch sechs weitere Studenten. Sie guckten sich kurz an und wussten, was zu tun war. “Wir beide liefen zum Fahrer, damit er die Polizei ruft”, sagt Ina. Die anderen gingen dazwischen, als die Angreifer dem Asylbewerber die Mütze vom Kopf rissen, ihn an den Haaren zogen, mit brennenden Feuerzeugen bedrohten und schubsten. Dann stoppte die Straßenbahn.
Jörg Stoye, der Fahrer, hatte das Licht im Wagen eingeschaltet. “Bei der Helligkeit trauen sich Täter seltener zuzuschlagen”, sagt der 52-Jährige. Er hatte die Türen verriegelt, so dass die Täter nicht fliehen konnten. Zwei Minuten später wurden die Jugendlichen von der Polizei abgeführt. “Ich habe schon mal vor Jahren einen Überfall erlebt, bei dem ein Afrikaner schwer verletzt wurde”, sagt der Fahrer. “Da stand ich allein da und konnte nicht viel tun.” Er ist froh, dass diesmal die Fahrgäste so mutig eingriffen.
Polizeipräsident Hartmut Lietsch würdigt den Mut der Studenten: “Das ist ein gutes Beispiel dafür, wie mutige Bürger bei ausländerfeindlichen Angriffen helfen können.” Zwar sei die Zahl solcher Überfälle in letzter Zeit deutlich zurückgegangen, doch könne die Polizei nicht überall sein. Bürgermeister Detlef-Heino Ewert sagt: “Jeder kann zum Opfer werden, wir können uns nur gemeinsam wehren.” Die Studenten finden ihr Handeln normal. “Natürlich würden wir wieder helfen”, sagt Sabina.