POTSDAM. Justizminister Kurt Schelter (CDU) hält eine Einigung über das Zuwanderungsgesetz in der Potsdamer Regierungskoalition noch immer für möglich. Entscheidend werde sein, ob es am 22. März im Plenum der Länderkammer durch Anrufung des Vermittlungsausschusses gelinge, den rot-grünen Gesetzentwurf “wesentlich zu verbessern”, sagte Schelter in einem Gespräch mit der “Berliner Zeitung”. Sein Anliegen sei es, in der gegenwärtig schwierigen politischen Situation “mit Klugheit, Geduld und guten Nerven zu einem vertretbaren Ergebnis zu kommen”.
Zwar halte er — wie CDU-Chef Jörg Schönbohm — die Forderungen der Brandenburger Koalition auch im nachgebesserten Gesetzentwurf der Bundesregierung für nicht erfüllt, sagte der Justizminister. Streiten lasse sich allenfalls darüber, ob etwa dem Potsdamer Drängen auf klare Begrenzung der Zuwanderung formell nachgekommen wurde. Auch die Absenkung des Nachzugsalters für Ausländerkinder auf zwölf Jahre werde durch zahlreiche Ausnahmen wieder nivelliert. Unter Verweis auf noch laufende Gespräche sagte er: “Aber das ist ja noch nicht das Ende der Fahnenstange.”
Denn die Landesregierung sei sich einig, dass für eine Reihe drängender Probleme “nur Scheinlösungen und missverständliche Regelungen” angeboten würden. Eine Härtefallregelung etwa, für die sich auch der saarländische CDU-Ministerpräsident Peter Müller sowie Schönbohm eingesetzt hatten, sei in der vorgelegten Form “völlig inakzeptabel”. Sie stelle geradezu eine Aufforderung dar, von den gesetzlichen Vorschriften abzuweichen. Die Landes-CDU müsse in der Koalition dafür sorgen, dass ein Zuwanderungsbegrenzungsgesetz zu Stande komme, “das den Namen verdient”, sagte Schelter, der auch der CDU-Zuwanderungskommission unter Peter Müller angehörte.
Um weitere Belastungen des Regierungsbündnisses zu vermeiden, sei es wichtig, dass zwischen den Partnern “keine Sprachlosigkeit” eintrete, sagte Schelter. “Wir müssen die Zügel in der Hand behalten und auch über den Brandenburger Tellerrand hinausschauen.” Die Fixierung des Zuwanderungsstreites auf Brandenburg, das im Bundesrat als Zünglein an der Waage gilt, sei “schädlich” und entspreche nicht mehr der aktuellen Lage. Er gehe davon aus, dass es bei der Abstimmung am 22. März nicht ausschließlich auf Brandenburg ankomme, sagte Schelter unter Verweis auf das SPD-FDP-regierte Rheinland-Pfalz und auf die von der PDS mitregierten Länder. Gerade bei den Regelungen zur Verteilung der Integrationskosten habe er zudem den Eindruck, dass alle Länder unzufrieden seien.
Unterdessen kündigte Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) an, er wolle sich bis zum 22. März alle Handlungsoptionen offen lassen. Er gehe nicht von einer Kabinettsentscheidung zum Abstimmungsverhalten Brandenburgs in der Sitzung am 19. März aus, sagte Stolpe am Dienstag vor der SPD-Fraktion. Maßstab für die Haltung Brandenburgs werde sein, ob die in der Koalition abgestimmten Forderungen erfüllt seien. Stolpe warb zudem um Verständnis für die schwierige Situation von CDU-Chef Jörg Schönbohm. Der hatte wiederholt angekündigt, die Koalition sei beendet, wenn sich Brandenburg nicht der Stimme enthalte. Schönbohm stehe “unter Dauerbehandlung durch mehrere ständige Telefonkunden” aus der Bundes-CDU. An die SPD appellierte Stolpe, die Koalition nicht durch unbedachte Äußerungen “mutwillig zu ramponieren”.