OSTPRIGNITZ-RUPPIN Mit einer Sonderkommission (Soko) macht das Oranienburger Polizeipräsidium im Norden Brandenburgs Front gegen extremistische Gewalttäter.
Zum Einsatz kommt die so genannte Soko Tomeg-Nord in den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Prignitz. Das Kürzel Tomeg bedeutet „Täterorientierte Maßnahmen gegen extremistische Gewalt“. Das gilt für rechts- wie linksradikale gewaltbereite Täter. „Wir stehen denen auf den Füßen“, sagt Polizeisprecher Rudi Sonntag. Die 15-köpfige Soko soll vor allem hautnah an den Tätergruppen arbeiten und dabei vorbeugend wirksam werden. Das heißt, dass die Polizisten vor allem die Treffs der einschlägig bekannten Gruppierungen unter die Lupe nehmen. Vorgesehen sind auch Hausbesuche. Viele der potenziellen Täter, insbesondere aus der rechten Szene, sind noch blutjung. Der Einfluss des Elternhauses spielt oft eine Rolle. Ziel der Soko wird es sein, auf gewaltbereite Jugendliche einzuwirken, bevor sie straffällig werden. Sonntag lässt durchblicken, dass sich die Polizei auch einen Abschreckungseffekt auf die Mitläufer-Szene erhofft. Mancher Halbstarke, der es vielleicht interessant findet, im Outfit rechter Schläger mit Bomberjacke und Springerstiefeln durch die Stadt zu marschieren, könnte die Lust daran verlieren, wenn ihm klar wird, das er sich im Visier der Soko bewegt.
Die Soko Tomeg soll aber auch dazu beitragen, die Effizienz der Strafverfolgungsbehörden zu erhöhen. „Die Kriminalisten registrieren und dokumentieren alle Straftaten unserer speziellen Klientel“, so Sonntag. Das bedeutet, dass ein junger Mann, der beispielsweise dadurch auffällig wurde, dass er verfassungsfeindliche Kennzeichen zur Schau stellte, auch darauf durchleuchtet wird, was er sonst auf dem Kerbholz hat, etwa Hausfriedensbruch oder Fahren ohne Führerschein. „Indem wir da gesamte Register zusammenfassen, geben wir einem Richter gute Karten für eine Verurteilung in die Hand, falls so ein Kandidat vor Gerichtsschranken landet“, sagte der Polizeisprecher.
Nicht zuletzt entschloss sich das Oranienburger Polizeipräsidium für die Soko Tomeg-Nord auf Grund der sehr guten Erfahrungen, die mit der seit etwa einem Jahr arbeitenden Soko in Rathenow gemacht wurden. „Seit es dort die Soko gibt, liegt die Aufklärungsquote bei Gewalttaten im politisch rechten gewaltbereiten Spektrum an der 100-Prozent-Marke“, berichtet Sonntag. Die Soko-Kriminalisten verfügten über Insider-Kenntnisse, würden eng mit dem Staatsschutz zusammenarbeiten und sich bei ihren Ermittlungen auch auf Informationen aus der Szene stützen.
Der Schwerpunkt der Tomeg-Nord wird in den Städten Pritzwalk und Wittstock liegen. Der Wittstocker Bürgermeister Lutz Scheidemann (FDP) erhofft sich von der Soko mehr Druck auf rechtsradikale Gruppen in seiner Stadt. „Wir haben hier eine rechte Szene, die sich in den letzten Jahren verfestigt hat und die teilweise auch von Außen organisiert wird“, sagte Scheidemann. Dazu trage auch die Lage der Stadt an der Autobahn bei. Ins Gerede und in die Schlagzeilen kam die Dossestadt durch wiederholte Aufmärsche der rechtsradikalen NPD. Es seien nur etwa 30 NPD-Leute gewesen, die, von der Bevölkerung kaum beachtet, durch die Straßen zogen. Doch der Ruf der Stadt leidet, wenn sie als Hochburg der rechten Szene gesehen wird, weiß der Bürgermeister. Die Stadt unterstütze die Bemühungen des Jugendförder-Vereins „Nanü“ und des Arbeitskreises „Couragiert gegen Rechts“, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Jugendliche nicht dem Einfluss radikaler politischer Parteien und Gruppierungen zu überlassen. „Wir betreiben keine Ausgrenzung und haben rechtslastigen Jugendlichen mit dem Havanna-Klub bewusst einen der beiden Jugendtreffs in unserer Stadt überlassen. Damit wir dort einen Anlaufpunkt haben, wo wir das Gespräch mit ihnen suchen können“, so Scheidemann. Der harte Kern könne damit nicht erreicht werden, schätzt Scheidemann ein. Doch gehe es darum, sich um gefährdete Jugendliche und Kinder zu kümmern, um den Zulauf zur rechten Szene zu stoppen. Denn es wäre nur zu begrüßen, wenn diese erst gar kein Fall für die Tomeg-Nord würden.
Auf die Frage, wann die Soko-Kriminalisten mit der Arbeit beginnen, sagte Polizeisprecher Sonntag: „Das hat schon angefangen.“