(MAZ, 26.03., Fred Hasselmann) BELZIG — “Wir müssen etwas tun”. Dieser Satz wurde am Mittwochabend in der
Geschwister-Scholl-Schule mehr als nur einmal geäußert. Mal kämpferisch, mal nachdenklich. “Wir müssen etwas tun.” Darin waren sich die rund 50 Teilnehmer am Belziger Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus einig.
Nach fundierter Information über bislang ungeahnte Verflechtungen rechtsextremistischer Organisationen und Bewegungen und dem Wiedererstarken der rechtsradikalen Szene in Deutschland, nach sachlicher, dennoch
emotionaler Diskussion darüber, was die jugendlichen Ewiggestrigen ausgerechnet nach Belzig zieht, um dort in immer kürzer werdenden Abständen zu marschieren. Und was dem entgegengesetzt werden kann an Protest, an Aktionen, an deutlicher Ablehnung. Denn, so SPD-Fraktionsvorsitzender Gerd Ulbrich, “Biertrinken und Fernsehgucken reichen nicht aus.”
“Wir werden etwas tun.” Mit diesem Ent- und Beschluss im Kopf ging das Forum nach drei Stunden auseinander, um sich schon morgen und in den nächsten Wochen wiederzusehen. Ab 9 Uhr wird sich im Jugendfreizeitzentrum “Pogo”
getroffen, um von dort aus Flugblätter und Handzettel zu verteilen, auf denen ideologisch Front bezogen werden soll gegen einen erneut von der Preußischen Aktionsfront angemeldeten Aufmarsch rechtsgerichteter Gruppierungen. Und auch am 3. Mai, dem Tag, an dem für die Stadt Belzig dank
einer Koalition der Vernunft zwischen Christ und Kommunist die Erlösung von der braunen Hitler-Herrschaft Wirklichkeit wurde.
Für diesen Tag wird das Forum um 16.30 Uhr alle Belziger zu einer “machtvollen Demonstration” — so PDS-Fraktionschef Lothar Petersohn — aufrufen. An der Gedenkstätte im Grünen Grund soll damit bewusst ein Zeichen gesetzt werden, dass die Mehrheit der Belziger die provokanten Aktionen von
Neonazis ablehnen. “Belzig ist kein Hort faschistischen Gedankengutes und erst recht keine national befreite Zone”, heißt es so auch in einem von Petersohn verlesenen Brief aller Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung.
Mehr oder weniger unbeantwortet blieb am Abend die Frage, weshalb sich die rechte Szene immer häufiger Belzig als Treffpunkt für ihre Aufmärsche aussucht. Auch Frauke Postel und Thomas Weidlich — beide vom mobilen Beratungsteam des Projekts “Tolerantes Brandenburg” — hatten keine
eindeutige Erklärung für dieses “Phänomen”. Vermutungen und Spekulationen gibt es viele. Weil Belzig einen hohen Anteil von Spätaussiedlern sowie ein Asylbewerberheim hat, lautet ein Erklärungsversuch. Weil die Rechten in Belzig immer mehr Aufmerksamkeit für ihre Aktionen bekommen, ein anderer.
Personelle Gründe sieht die Antifa-Jugend. Sie schätzt den “harten Kern” rechtsextremer Jugendlicher in der Stadt auf 15 bis 20. “In Belzig lässt sich seit der Haftentlassung von Pasqual Stolle eine verstärkte Aktivität
und ein neuer Grad an Organisation der lokalen Nazi-Szene beobachten”, heißt es in einem von den Antifa-Aktivisten verteilten Informationsblatt. Demnach tritt Stolle — das wird von der Polizei bestätigt — auch für die Demonstration am Sonnabend als Anmelder auf. Der Aufmarsch wird auf Protest stoßen: “Ich muss etwas dagegen tun. Ich kann mich nicht verschanzen”, meint Steffen Weidner. “Ich hab eigentlich was Besseres zu tun, werde aber mit
protestieren”, sagt Ramona Stucki. “Das kann nicht ohne Kommentar über die Bühne gehen”, betont Götz Dieckmann, Koordinator gegen Gewalt und Rechtsextremismus. Und Bürgermeister Peter Kiep (SPD) sicherte Kopierkapazitäten für die Herstellung der Handzettel zu.