Kommt zahlreich zum
WIR-WOLLEN-ALLES-BLOCK
des Sternmarsches
gegen Sozialabbau
am 03.04. in Berlin
Alexanderplatz
10.00 Uhr Kundgebung
11.00 Uhr Demo
Am 1. November letzten Jahres waren bis zu 100.000 Menschen in Berlin gegen
den Sozialabbau der Bundesregierung auf der Straße. Daran soll die vom
Berliner Sozialbündnis unter dem Motto „Alle gemeinsam gegen Sozialkahlschlag!“
organisierte Demonstration am 03. April 2004 anknüpfen. Wie auch letztes Jahr
wird es wieder einen sozialrevolutionären Block geben:
den WIR-WOLLEN-ALLES-BLOCK.
Neben den Unterstützer/innen ak — analyse + kritik, Antifa Aktion
Lüneburg/Uelzen, Archiv der sozialen Bewegungen Bremen, AVANTI-Projekt undogmatische
Linke, Fantômas, Organisierte Autonomie Nürnberg und [solid] 36 — socialist
youth kreuzberg rufen bisher der Zusammenschluss ACT!, die FAU und das
Berliner Sozialforum zur Teilnahme an diesem Bock auf. Und Wir.
“… manchmal können wir mit Spenden helfen, manchmal müssen wir Soldaten
einsetzen, um unserer Verantwortung für diese eine Welt gerecht zu werden. Doch
diese Verantwortung kann Deutschland auf Dauer nur tragen, wenn es ein
starkes Land bleibt. Auch und vor allem wirtschaftlich.”
Dieses Zitat des Bundeskanzlers zeigt, dass Gerhard Schröder weiß, wie der
Hase läuft: Die Politik gibt sich in der Öffentlichkeit gelassen und pflegt
das Image der starken und verantwortungsbewussten Bundesrepublik, die mit Stolz
auf ihre guten Taten im In- und Ausland blicken kann. Ob Krieg in
Afghanistan geführt werden soll oder kein Krieg im Irak, ob es gilt deutschen
Flutopfern zu Hilfe zu eilen oder Terroranschläge zu verurteilen – derartige Krisen
zeigen es uns immer wieder: Deutschland steht zusammen! Es ist ein starkes
Land! Auch und vor allem wirtschaftlich!
Doch scheint diese vielbeschworene Stärke bedroht. Man hört und liest es
überall: Die deutsche Wirtschaft droht zu erlahmen, der „Sozialstaat“ ist nicht
mehr finanzierbar, leere Kassen wo man hinschaut. Die Bundesregierung sieht
sich zu umfassenden Reformen gezwungen — da gibt es keine Alternative. Aber
schließlich geht es um den „Standort Deutschland“! und der muss nun mal saniert
werden, will er der internationalen Konkurrenz auf dem Wirtschaftsmarkt
stand halten. Es müssen also alle den Gürtel etwas enger schnallen, dann zieht
die Solidargemeinschaft den Karren schon wieder aus dem Dreck.
So in etwa ist der Tenor der Nachrichten, die seit ein paar Jahren immer
wieder in den Schlagzeilen erscheinen oder aus dem Äther zu uns dringen.
Offenbar wird dabei auf die meinungsbildende Wirkung permanenter Wiederholungen
gesetzt. Währenddessen gibt es wesentliche Probleme bei der Durchsetzung der
beschlossenen Reformen, die erahnen lassen, dass am Ende der Kürzungen nicht
zwingend der lang ersehnte wirtschaftliche Aufschwung stehen wird und auch
durchscheinen lassen, dass die Umsetzung der Reformen der Agenda2010 auch zum Ziel
haben die Geduld und Belastbarkeit der Menschen auszutesten und sie für
weitere „Reformen“ zu sensibilisieren. So musste zum Beispiel die deutsche
Tochterfirma der niederländischen Zeitarbeitsfirma Maatwerk Insolvenz anmelden,
die in Zusammenarbeit mit den Arbeitsämtern das Konzept der
Personalserviceagenturen für schwer vermittelbare Arbeitslose realisieren sollte.
Als Ausweg aus der wirtschaftlichen Krise setzte die Bundesregierung auf
eine Veränderung des Rentenversicherungssystems, des
Krankenversicherungssystems, der Pflegeversicherung und des Arbeitsmarktes,
gekoppelt mit weitreichenden
Kürzungen im Kultur‑, Bildungs- und Sozialwesen. Inzwischen sind die
meisten Kürzungen vollzogen und aus den Entwürfen Gesetzestexte formuliert worden,
die sich in unserem Alltag schmerzlich bemerkbar machen:
Adieu Mindestlohn, Kündigungsschutz und Arbeitslosengeld! Adieu Zahnersatz,
Hüftgelenk und Arztwahl! Adieu gebührenfreies Studium, freie Berufswahl und
staatliche Rente! Hello verlängerte Arbeitszeit, erhöhtes Renteneintrittsalter
und private Altersvorsorge! Hello Praxisgebühr und Billigmedikamente! Hello
Jobcenter und Zeitarbeit!
Was wir heute unter rot-grüner Federführung erleben, ist der größte Angriff
auf die Lebensgrundlage der erwerbstätigen und erwerbslosen Bevölkerung, den
die Bundesrepublik in ihrer Geschichte erlebt hat. Während persönliche
Freiheiten abgebaut werden, wächst allerorts der gesellschaftliche und finanzielle
Druck. Heute können Menschen mit Zustimmung der Gewerkschaften in prekäre
Arbeitsverhältnisse gezwungen und kann ein Gesundheitssystem etabliert werden,
in dem sozial Schwache sich den Gang zum Arzt lieber 10x überlegen. Kulturelle
und soziale Einrichtungen werden geschlossen, der ÖPNV verteuert und
Arbeitgeberpräsident Hundt hält zusätzliche acht unbezahlte Arbeitsstunden pro Woche
für notwendig und zumutbar.
Gleichzeitig wird ein soziales Klima geschaffen, dem der Begriff des
Futterneides vielleicht am nächsten kommt. In Zeiten des allgemein geforderten
Verzichts bei erhöhter Einsatzbereitschaft wird von allen Teilen der Gesellschaft
peinlich genau darauf geachtet, dass auch ja alle genug einbringen oder doch
zumindest ordentlich verzichten. Wer nicht zur Wertanhäufung beiträgt hat
heute auch nichts mehr zu erwarten. In jedem Erwerbslosen wird ein
„Sozialschmarotzer“ gewittert und die Verantwortung für seine Erwerbslosigkeit auf sein
persönliches Versagen oder seine angebliche Faulheit geschoben. Aber dafür gibt
es ja zum Glück die geänderten Zumutbarkeitskriterien…
Der Kapitalismus ist ein globales gesellschaftliches Verhältnis. Der
„Standort Deutschland“ ist in der Krise, weil die kapitalistische Wirtschaft
weltweit in einer tiefen Krise steckt. Das wissen auch Schröder & Co. Sie wissen
aber auch dass das Heraufbeschwören der Volksgemeinschaft für den „Standort
Deutschland“, die Menschen davon ablenken kann, sich tiefergehende Gedanken über
Sinn und Unsinn der aktuellen Verhältnisse zu machen.
Zum Wohle des Wirtschaftsstandortes Deutschland sollen wir also verzichten:
auf Geld, auf Zeit und auf privates Glück. Auf das verzichten, was uns als
Gegenleistung für unsere Arbeit, unsere Kreativität, unseren Gehorsam und unser
Stillschweigen auf Lebenszeit versprochen wird.
Der Kapitalismus kann seine Versprechen nicht einlösen. Was aber, wenn wir
als Menschen zugunsten unserer Zeit und unseres privaten Glücks auf den
Wirtschaftsstandort verzichten?
Wir wollen unseren Alltag nicht von der Wirtschaft bestimmen lassen!
Wir wollen kein Lebensgefühl, dass von Konkurrenzdenken
und Verwertungslogik geprägt ist!
Wir wollen keine demokratische Mitbestimmung
bei unserer eigenen Ausbeutung!
Das kapitalistische Verhältnis lässt sich nicht reformieren!
Wir wollen Zeit!
Wir wollen Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung!
Wir wollen Ausbrechen!
Wir wollen die soziale Revolution!
Kapitalismus abschaffen!
Wir wollen alles!