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»Wir ziehen oft Nazis an«

Nazipö­beleien richt­en sich häu­fig auch gegen linke Fans oder als links gel­tende Vereine.Mit einem linken Ultra-Fan des SV Babels­berg 03 sprach Ivo Bozic

Heiko Klum* gehört zur Fan-Ini­tia­tive »Film­stadt Infer­no« und den Ultras Babels­berg, einem Fan­club des SV Babels­berg 03 in Potsdam. 

Die Medi­en ver­mit­teln zuweilen den Ein­druck, in Ost­deutsch­land seien alle Fußball­fans Nazis. Wie groß ist das Nazi-Prob­lem wirklich?

Sich­er sind nicht alle Fans in Ost­deutsch­land Nazis. Aber Nazis kön­nen sich in den Sta­di­en äußern und sie ungestört als Plat­tform nutzen. Die Mehrheit ist aber nicht faschistoid. 

Euer Vere­in gilt als link­er Vere­in, ist das eine Ausnahmeerscheinung?

Babels­berg 03 ist da wohl die Num­mer Eins im Osten, weil es nicht nur unsere Gruppe bet­rifft, son­dern auch den Vere­in und das Umfeld. Die Fan­szene ist tra­di­tionell links ori­en­tiert. Schon Anfang der neun­ziger Jahre, als Babels­berg 03 noch unterk­las­sig gespielt hat, kamen viele aus der damals starken Haus­be­set­zer­szene zum Fußball. Und unsere Gruppe gibt es jet­zt schon seit sieben Jahren. Wir geben diesen Beat, diesen anti­ras­sis­tis­chen Flair an die Jün­geren weit­er. Aber auch bei anderen Vere­inen gibt es linke Ultra-Grup­pen oder Einzelper­so­n­en, wie bei Chemie Leipzig oder Dynamo Dresden. 

Welche Vere­ine haben die meis­ten Prob­leme mit Nazis?

Da fall­en mir spon­tan der Hallesche FC Chemie, Loko­mo­tive Leipzig und Vic­to­ria Frank­furt ein. Chem­nitz ist auch ziem­lich extrem. Da gibt es eine Jugend­gruppe, die heißt New Soci­ety – abgekürzt NS. Die geben sich gar keine Mühe, ihre poli­tis­che Ein­stel­lung zu verheimlichen. 

Habt ihr oft Ärg­er mit recht­en Hooligans?

Bei Auswärtsspie­len ziehen wir oft Nazis an, die son­st nicht oder sehr sel­ten zum Fußball gehen. Wenn Babels­berg 03 kommt, sehen die das als Anlass aufzu­laufen. So bestärken sie bei uns den Ein­druck, dass es sich um Fascho-Vere­ine han­delt, was aber nicht unbe­d­ingt der Fall sein muss. Ärg­er gibt es aber zum Beispiel immer mit Vic­to­ria Frank­furt. Die spie­len in der Ver­band­sli­ga und ste­hen daher nicht so im Medi­en­in­ter­esse. Deren Fans haben neulich ein linkes Jugendzen­trum in Straus­berg attack­iert. Wenn Babels­berg gegen Frank­furt spielt, dann kommt es regelmäßig zu Auseinan­der­set­zun­gen. Als sie let­ztens in Babels­berg gespielt haben, wur­den vorher in Frank­furt Fly­er verteilt mit der Auf­forderung: »Auf nach Babels­berg zum Zeck­en-Klatschen!« Nach­her waren sie aber nur mit 40, 50 Leuten hier, und wir waren deut­lich mehr. Das war dann nicht so ein tolles Erleb­nis für die. 

Werdet ihr häu­figer in Auseinan­der­set­zun­gen mit Nazi-Hools verwickelt?

Eher sel­ten. Weil es bekan­nt ist, dass Babels­berg ein link­er Vere­in ist, mit ein­er linken Fan-Szene, und wir als gewalt­bere­it gel­ten, wer­den viele Spiele von der Polizei als »Risiko-Spiele« eingestuft und mit entsprechen­der Polizeipräsenz begleit­et. Auseinan­der­set­zun­gen find­en daher haupt­säch­lich ver­bal statt. 

Wie sieht denn so eine Anreise zu einem Auswärtsspiel aus?

Wenn wir mit dem Zug fahren, ste­hen in Pots­dam am Bahn­hof schon Polizis­ten, darunter auch »szenekundi­ge Beamte« in Ziv­il, bere­it, um uns bis ins Sta­dion und wieder zurück zu begleiten. 

Richt­en sich die Nazi-Aggres­sio­nen vor allem gegen euch als linke Fans, oder bekommt Ihr auch ras­sis­tis­che Pöbeleien mit?

Zum Teil ver­mis­cht sich das. Die skandieren gegen uns Parolen wie »Arbeit macht frei, Babels­berg 03« oder »Zick­za­ck, Zige­uner­pack«. Meis­tens geht das gegen uns. Das liegt natür­lich auch daran, dass im Osten Deutsch­lands kaum Migranten zum Fußball gehen. 

Weil sie Angst um ihre Gesund­heit haben?

Ja, das denke ich schon. Und Flüchtlinge wer­den nicht die Mit­tel haben, zum Fußball zu gehen. 

*Name von der Redak­tion geändert

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