SPD und CDU sind im Landtag und im Kabinett uneins über ihren Umgang mit
geplantem Neonazi-Aufmarsch
POTSDAM SPD und CDU in Brandenburg sind sich über den Umgang mit dem
geplanten Neonazi-Aufmarsch am 18. Juni am Soldatenfriedhof in Halbe
(Dahme-Spreewald) uneins. Während die SPD-Fraktion die Bürger zur
Gegendemonstration vor Ort aufrufen will, lehnen das die CDU-Parlamentarier
im Landtag strikt ab. Indes sollte auf Vorschlag aus dem CDU-geführten
Innenressort Minister Jörg Schönbohm zu den Rednern der geplanten
Gegendemonstration gehören, was aber verworfen wurde.
Für Verwirrung sorgte überdies die Ankündigung von SPD-Fraktionschef Günter
Baaske, dass der Landtagspräsident heute einen Antrag ins Parlament
einbringen wolle, der den Aufruf zur Gegendemonstration am 18. Juni enthält.
Präsident Gunter Fritsch (SPD) dementierte. Von einem Beschlussantrag könne
keine Rede sein, sagte er gestern. Es werde lediglich eine Erklärung geben.
Derweil herrschte gestern auch im Kabinett Wirrwarr. Bildungsminister Holger
Rupprecht (SPD) schlug vor, dass das Aktionsbündnis gegen Rechtsextremismus
zur Gegendemonstration in Halbe aufrufen solle. Das lehnte die Ministerrunde
aber ab. Sie konnte sich über das weitere Vorgehen nicht einigen.
Überdies liegen widersprüchliche Aussagen über den geplanten Aufmarsch vor.
Der Neonazi Christian Worch hatte für den 18. Juni die Demonstration von 200
bis 300 Teilnehmern in Halbe angemeldet. In SPD und CDU wurden Zweifel laut,
ob sich die etablierten Parteien überhaupt beteiligen sollten.
Möglicherweise kommen weit weniger Rechtsextreme am 18. Juni nach Halbe als
erwartet. Sie könnten die Veranstaltung nur als “Testlauf” für einen
größeren Aufmarsch zum Volkstrauertag im November nutzen, hieß es. Nach dem
neuen Gesetz zum Schutz von Gräbern und Gedenkstätten dürfen die
Rechtsextremen nicht vor dem Friedhof demonstrieren, wie sie es bereits
mehrmals am Volkstrauertag im November getan haben.
SPD-Fraktionschef Günter Baaske sagte: “Wir wollen Flagge zeigen wie am 8.
Mai in Berlin.” Halbe dürfe kein Pilgerort für bundesweite
Neonazi-Aufmärsche werden. Baaske sagte, er hoffe auf 3000
Gegendemonstranten. Er rechnet damit, dass alle Abgeordneten seiner Fraktion
mit dabei sein werden.
Die CDU wird einem möglichen Aufruf der SPD nicht folgen. “Wer demonstrieren
will, soll das tun”, erklärte gestern CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek.
Seine Partei werde den Neonazis “nicht auf den Leim gehen”. Deren Strategie
sei es nur, öffentliche Aufmerksamkeit zu erheischen. Die parlamentarische
Geschäftsführerin Saskia Funck sagte: “Man sollte nicht über jedes Stöckchen
springt, das die Rechten einem hinhalten.”
Bislang liegen zwei Anmeldungen zu Demonstrationen am 18. Juni vor. Neben
Worch und der NPD hat ein lokales Aktionsbündnis zur Gegendemonstration
aufgerufen. Baaske kündigte an, dass Bundestagspräsident Wolfgang Thierse
und Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD) als Redner auftreten
werden.
Indes riefen gestern die Parteispitzen von PDS und Bündnis 90/Grüne dazu
auf, gegen den Neonazi-Aufmarsch zu demonstrieren. Gesetzliche Regelungen
wie das Gedenkstättenschutzgesetz reichten nicht aus, erklärten PDS-Chef
Thomas Nord und Fraktionschefin Dagmar Enkelmann. Deshalb erwarteten sie,
dass auch die CDU in Halbe Gesicht zeige.