POTSDAM Der evangelische Generalsuperintendent von Cottbus, Rolf Wischnath, schließt ein Kirchenasyl für weitere von der Abschiebung bedrohte vietnamesische Familien nicht aus. “Wir werden überlegen, ob wir diese Solidarität nicht auch für die Familien Rexhay und Bunjaku ausüben müssen”, sagte Wischnath am Samstag anlässlich des 3. Forums lokaler Initiativen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in Lindow (Ostprignitz-Ruppin). Er bezog sich dabei auf die im Spremberger Kirchenasyl befindliche vietnamesische Familie Nguyen.
Wischnath sagte, es sei bedauerlich, dass es bei der Familie Nguyen überhaupt zu einer Abschiebeentscheidung gekommen ist. “Ich wünsche mir für Brandenburg ein menschliches und tolerantes Gesicht mit unbürokratischem Handeln”. Die vier Mitglieder der Familie Nguyen sollen Deutschland nach einem rund achtjährigen Aufenthalt ohne den Vater verlassen, da für ihn bislang keine Rückübernahme-Erklärung aus Vietnam vorliegt. Die Mutter und ihre drei in Deutschland aufgewachsenen Kinder hatten am vergangenen Sonntag bei der Gemeinde im Kreis Spree-Neiße Schutz erhalten.
Wischnath sagte weiter, er verstehe das Verhalten von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) immer weniger. Die märkische Union sei offenbar aus Furcht vor der Schill-Partei unter Druck aus dem “Law and order”-Lager. “Ich habe die CDU in anderen Teilen der Bundesrepublik viel toleranter und wertebewusster erlebt”. Schönbohm solle sich einen Ruck geben und menschlich entscheiden, meinte Wischnath. Der Minister habe aus Sicht der Kirche einen größeren Ermessensspielraum. Entsprechende juristische Wertungen stelle er ihm gerne noch einmal zur Verfügung.
Auch das Verhalten der Brandenburger SPD, das mit dem früheren evangelischen Kirchenjuristen, Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD), und Ex-Pfarrer und Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) eine große Nähe zur Kirche habe, sei für ihn “rätselhaft”, sagte Wischnath. Zunächst hätten auch Sozialdemokraten der Kirche in den strittigen Fällen von Kirchenasyl Unterstützung zugesagt, sie dann aber später zurückgezogen. “Wenn die SPD schon den Pazifismus aufgibt, dann kann sie doch wenigstens einen Pazifismus nach innen vertreten, sagte Wischnath. Er hatte vergangene Woche aus Protest gegen Bundeswehreinsätze seinen SPD-Austritt angekündigt.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion und Parteivize, Sven Petke, wies die Kritik Wischnaths zurück. “Zu den Abschiebungen liegen Urteile vor, die zu vollstrecken sind”, sagte der CDU-Politiker auf Anfrage. Staat und Politik müssten sich danach richten. Mit Kirchenasyl lasse sich die Union nicht erpressen. “Wischnath will offenbar zum Märtyrer der Gut- Mensch-Fraktion werden. Er läuft vollkommen aus dem Ruder”, sagte Petke weiter. Es gehe dem Generalsuperintendenten nur um seine persönliche Rolle. Mit dieser Haltung schade er der Kirche.