WITTSTOCK Der Neuruppiner Polizeichef Walter Scheier ist sich sicher: Nur wer couragiert auftritt, kann den Rechtsextremisten ihr Aufmarschgebiet Wittstock verleiden. Allerdings wird es wohl eine Weile dauern, bis Ergebnisse spürbar werden. Am Dienstag sollte in einer nichtöffentlichen Sitzung der Wittstocker Stadtverordneten ein Anfang gemacht werden. Es blieb bei einem Versuch.
Kriminalrat Mario Berge vom Polizeipräsidium Oranienburg erinnerte an die Nacht vom 13. zum 14. Oktober. Mehr als 120 Teilnehmer hätten sich damals zu einer vermeintlichen Geburtstagsfeier im Havanna-Club getroffen. Die Polizei hätte nicht verhindern können, dass “Rechte” aus Nordbrandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nach Wittstock anreisen. Ein Einschreiten war erst möglich, als verfassungsfeindliche Lieder zu hören waren. Dass es bei dem Einsatz Verletzte und Zerstörungen gegeben habe, sei nicht von den Polizisten verursacht worden. Von dem gewaltbereiten Potenzial der rechtsgerichteten Gruppe sei er überrascht gewesen, sagte Berge.
Ziel der drei Polizeibeamten war es am Montag auch, den Stadtverordneten Hilfe bei der Präventionsarbeit anzubieten und Ideen für attraktivere Jugendfreizeitangebote zu besprechen. Das ist aber gründlich daneben gegangen. Zu unterschiedlich waren Erwartungshaltungen, mit denen das Treffen der Stadtverordneten mit den Polizisten stattgefunden hatte.
Während mancher mit einer Entschuldigung gerechnet hatte, rechtfertige Scheier den Einsatz nachdrücklich. Mittlerweile sei diese Polizeiaktion auch in einer internen Untersuchung durch das Innenministerium als rechtens bestätigt worden.
Unzufrieden war auch Dieter Spitzer (SPD) mit der Antwort auf die Frage, wie die Stadt gegensteuern könne. Scheiers Ideen (mehr Jugendsozialarbeiter, mehr Gewaltprävention, mehr Freizeitplätze, die sich Jugendliche selbst schaffen sollen und billigere Veranstaltungsbesuche) kosten viel Geld. Und das hat die Stadt nicht.
Wilfried Fischer bohrte nach: “Warum zieht es diese Leute nach Wittstock? Warum hält die Polizei nicht mit mehr Präsenz dagegen? Ich will wissen, wie wir diese Schrecken für die Stadt beseitigen können.” Fischer attackierte Scheier weiter: Die Polizei lasse sich im Dunkeln nicht sehen und überlasse die Stadt anderen.
Der Neuruppiner Schutzbereichsleiter sicherte mehr Präsenz zu. Doch ginge das auf Kosten anderer Bereiche der Wache. Damit alleine würde sich das rechtsorientierte Potenzial auch nicht entschärfen lassen, erinnerte Kriminalrat Mario Berge. Die meisten Teilnehmer des Treffens hätten gewusst, was sie taten. Stapelweise verbotene CD seien ein Indiz dafür. Eingreifen durfte die Polizei aber erst, als zirka zwölf Jugendliche in der Küche des Klubs unüberhörbar laut schrien “Wir lieben Adolf Hitler”. Auf diesen verfassungsfeindlichen Angriff musste die Polizei reagieren.
Walter Scheier rief den Stadtverordneten die rechten Aufmärsche der letzten Monate in Wittstock in Erinnerung. Sie stoßen kaum auf Ablehnung in der Stadt. Scheier hatte auch den Schulleitern angeboten, Schülerlotsen auszubilden. Ohne Ergebnis. Einladungen der Beamten, gemeinsam gegen Rechtsextremismus an Schulen vorzugehen, bleiben ebenfalls unbeantwortet, Analysen und Umfrageergebnisse sind zwar den Stadtverordneten bekannt. Doch dann verschwinden sie in Schubladen.
Nur PDS-Abgeordnete Angelika Noack forderte laut in der Beratungsrunde, endlich gemeinsam zu handeln. Eine Aktion am 8. Dezember soll ein Anfang sein.