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Wittstock kommt nicht aus den Schlagzeilen

Lutz Schei­de­mann ist rat­los und wütend. Seit Monat­en gerät die Stadt Witt­stock in Nord­bran­den­burg, wo Schei­de­mann FDP-Bürg­er­meis­ter ist, immer wieder in die Schlagzeilen. Und jet­zt das: In der Nacht zum Don­ner­stag ein Bran­dan­schlag auf das Muse­um des Todes­marsches, das elf Kilo­me­ter nördlich im Below­er Wald ste­ht (die RUNDSCHAU berichtete). Die Polizei hat­te gestern noch keine Spur zu den Tätern. Unter­dessen waren 500 Men­schen dem Aufruf des örtlichen Aktions­bünd­niss­es für Tol­er­anz gefol­gt und demon­stri­erten gegen Gewalt und Rechtsextremismus.


Erst eine Nacht vor dem Bran­dan­schlag waren Unmen­gen von NPD-Plakat­en in Witt­stock aufge­taucht. Einen Zusam­men­hang sieht der Bürg­er­meis­ter nicht: “Die Leute sind hier schon länger sehr aktiv, die Lage hat­te sich ger­ade wieder ein wenig beruhigt.” Damit ist es nun vor­bei. Unbekan­nte war­fen zwei Brand­sätze in die Holzbaracke des Muse­ums aus den 70er Jahren, ein­er der bei­den Ausstel­lungsräume bran­nte aus. Eine Säule schräg gegenüber wurde mit Hak­enkreuz, SS-Runen und dem Spruch “Juden haben kurze Beine” beschmiert. “Deut­liche Hin­weise auf Anti­semitismus. Die Täter wussten, was sie tun”, sagt Peter Fis­ch­er, der für den Zen­tral­rat der Juden die jüdis­chen Gemein­den und Gedenkstät­ten im Osten betreut. Die implizierte Lüge beziehe sich auf den Holo­caust. “Das passt in eine ganze Serie von Anschlä­gen gegen Ein­rich­tun­gen, die mit dem Todes­marsch und anderen NS-Ver­brechen zu tun haben.” 

Raut­en­berg: In Rand­la­gen wachrütteln 

Frisch im Gedächt­nis ist Fis­ch­er noch der Anschlag im Jan­u­ar am Denkmal in Raben-Ste­in­feld bei Schw­erin, wo 1945 Tausende Häftlinge des Todes­marsches befre­it wur­den. Dort wurde ein Schweinekopf gefun­den ­ seit dem Mit­te­lal­ter sei dies ein Syn­onym für den ras­sis­tis­chen Begriff “Juden­sau”, erläutert Fis­ch­er. In diese Rei­he ließen sich auch die Anschläge auf die Außen­stelle des KZ Wöbbe­lin südlich von Schw­erin und auf den jüdis­chen Fried­hof in Boizen­burg stellen. Den Ver­dacht auf gezielte anti­semi­tis­che Angriffe gegen Gedenkstät­ten hegt auch Bran­den­burgs Gen­er­al­staat­san­walt Erar­do Raut­en­berg. Nach sein­er Auf­fas­sung hat sich seit dem Bran­dan­schlag 1992 auf die jüdis­chen Barack­en in der Gedenkstätte Sach­sen­hausen vieles in der öffentlichen Mei­n­ung zum Guten gewen­det, vor allem in den Zen­tren. “In Rand­la­gen und kleineren Orten müssen wir die Leute aber noch wachrüt­teln.” Genau das will Schei­de­mann seit Monat­en. Ende 2001 began­nen die Gewalt­tätigkeit­en, die Witt­stock seit fast zwei Jahren nicht zur Ruhe kom­men lassen. Damals musste die Polizei 56 Leute bei ein­er Feier mit ver­boten­er rechter Musik in einem Jugend­club fes­t­nehmen. Seit­dem gibt es starke Aktiv­itäten der NPD, aber auch eine Aktion­s­gruppe “Für Tol­er­anz”. “Wir haben ver­sucht, die NPD-Demon­stra­tio­nen zu ver­bi­eten. Doch das geht nicht”, sagt Schei­de­mann und ist sauer auf Bun­desin­nen­min­is­ter Otto Schi­ly (SPD). Der spreche seit Jahren von einem Ver­bot der Partei, set­ze es aber nicht durch. “Wir ste­hen ganz schön dumm da.” Dabei lassen sich die Witt­stock­er dur­chaus etwas ein­fall­en: Ein­mal spielte sog­ar der Kirchen-Posaunen­chor, als die Recht­en auf dem Markt reden wollten. 

Aufk­lärung über Ländergrenzen 

Trotz­dem bracht­en Über­griffe auf junge Spä­taussiedler, bei denen ein 24-Jähriger starb, die Stadt wieder in die Schlagzeilen. Experten rech­nen allerd­ings nicht mit ein­er schnellen Aufk­lärung. Immer­hin dauern die Ermit­tlun­gen in Meck­len­burg-Vor­pom­mern bere­its Monate. Ihr Erfolg wird jet­zt eng mit der Aufk­lärung des Falls im Below­er Wald und der Zusam­me­nar­beit mit den Bran­den­burg­er Ermit­tlern verknüpft zu sein. 

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