Kaum begonnen, musste der heutige Prozess gegen vier Wittstocker Nazis vorm Neuruppiner Amtsgericht auch schon wieder vertagt werden. “Ich bin nicht in der Lage, 29 Seiten Protokoll in einer halben Stunde aufzuarbeiten”, so Nazianwalt Wolfram Narath. Das Gericht hatte die Aufzeichnungen über eine vorangegangene Verhandlung erst gestern zugestellt. Die Kammer kam dem Antrag nach, die Sache zu vertagen. Am Donnerstag, 14. März, werden Sven K., die Brüder Dennis und Daniel E. sowie Karsten S. erneut vor Gericht stehen.
Gemeinsam drangen sie im Mai vergangenen Jahres in die Wohnung eines Wittstocker Jugendlichen ein. Mit dabei war auch Dennis S., der vom Jugendschöffengericht bereits verurteilt wurde. Die fünf waren auf der Suche nach dem Freund des Wohungsinhabers: Manuel, ein in der Dossestadt lebender dunkelhäutiger Jugendlicher. Sie traten die Tür ein, schlugen den Wohnungsinhaber, zerstörten Möbel und brüllten: “Wo ist der Neger?” Manuel hatte sich auf den Balkon geflüchtet doch die Nazis fanden ihn. Aus Angst versuchte er, den Balkon hinabzuklettern. Er stürzte im dritten Stock ab. Manuel ist schwer verletzt ins Krankenhaus gekommen. Das alles passierte, nachdem die fünf Täter in der Wohnung von Dennis E. gesoffen hatten, im Hintergrund lief die indizierte Naziband “Macht und Ehre”.
Am heutigen Verhandlungstag (04.03.02) machte der Staatsanwalt gar keine Umschweife. “Die Angeklagten sind der rechten Szene zuzurechnen.” Das wollten die Vier augenscheinlich auch gar nicht abstreiten. Bisher stellten sich rassistische Schläger in Prozessen selten so sehr als Nazis zur Schau. Weder auf sonst übliche saloppe Kleidung noch auf den Muttisöhnchen-Haarschnitt legte das Quartett wert. Die Glatze war bei allen frisch geschert, am Leib die klassischen Skinhead-Klamotten. Auf die Straftat eingehen wollen sie nicht. Überboten wurden die Angeklagten von ihren Kumpels, die im Publikum saßen. “Combat 18” oder “Chaos eighty eight” und “ZOG Watching” stand auf ihren Pullovern. Es kommt die Vermutung auf, dass es die Wittstocker Szene darauf anlegt, einen politischen Prozess zu führen. Das ist eine neue Qualität. Dass die Sache politisch werden soll, dafür spricht auch, dass unter anderem besagter Wolfram Narath als Verteidiger auftritt. Er ist Ex-Vorsitzender der mittlerweile verbotenen Wiking-Jugend und auch im NPD-Verbotsverfahren als Anwalt tätig.
Eine rechte Herkunft zu leugnen wäre bei den Angeklagten auch unglaubwürdig. Immerhin handelt es sich bei Sven K. um denjenigen, der vor einigen Jahren einen Brandanschlag auf einen Wittstocker Döner-Imbiss verübte. Und auch nach der Jagd auf Manuel ist er wieder aufgefallen. Sven K. war dabei, als Besucher einer Naziparty sich eine Schlägerei mit der Polizei im Jugendclub Havanna lieferten. Er scheute auch nicht davor zurück, heute einen Prozessbeobachter in der Pause anzupöbeln und Schläge anzudrohen.
Dass Manuel als Nebenkläger auftreten will, war für die Verteidiger der Nazis nicht verständlich. Anwalt Janz: “Ich sehe da keinen hinreichenden Strafvorwurf.” Die Nebenklage wurde aber zugelassen.
Wie gesagt, am Donnerstag, 14. März, wird wieder verhandelt. Beginn ist um 9.15 Uhr, Saal 317 des Neuruppiner Amtsgerichtes. Als voraussichtlich weiterer Termin ist Mittwoch, 20. März, geplant. Selbe Stelle, selbe Welle. Kommt zahlreich. Lasst Manuel mit den Nazis und ihren Hackfressenfreunden nicht allein.