Potsdam/ Seelow/ Halbe — Trotz der Ankündigung der rechtsextremen Organisatoren, ihr diesjährigen Marsch zum „Heldengedenken“ durch Halbe rund 100 Kilometer nordöstlich nach Seelow zu verlegen, ruft die Stadt Potsdam weiter zur Teilnahme am morgigen „Tag der „Demokraten“ in Halbe auf. Dies betonte gestern auf PNN-Nachfrage Stadtsprecherin Rita Haack: „Es geht bei dieser Demonstration darum, die Mehrheitsverhältnisse in diesem Land und die Stärke der Demokratie zu zeigen.“
Die Stadtverwaltung wird zu diesem Zweck nach eigenen Angaben eine unbegrenzte Zahl kostenloser Busse für die rund einstündige Fahrt nach Halbe stellen. Die Busse starten um 10.30 Uhr am Hauptbahnhof auf der Seite der Friedrich-Engels-Straße, die Rückfahrt beginnt um 18 Uhr. Bis gestern hatten sich bei der Stadt rund 180 Menschen für die Fahrt angemeldet. Mit dabei sind viele Mitglieder der Stadtfraktionen: Dabei zeigt die Teilnehmerliste, dass vor allem SPD und PDS ihre prominenteren Mitglieder mobilisieren konnten.
Auch Oberbürgermeister Jann Jakobs hat erneut sein Kommen angekündigt, ebenso Sozialbeigeordnete Elona Müller und Jugendamtsleiter Norbert Schweers. Der Fraktionschef der Potsdamer SPD, Mike Schubert, sah gestern gegenüber den PNN ebenso keinen Grund, sich von dem plötzlichen Ortswechsel für das rechtsextreme „Heldengedenken“ verwirren zu lassen. „Wir sollten dieses Katz-und-Mausspiel nicht mitmachen“, sagte Schubert. Es sei schon ein Teilerfolg, den rechten Aufmarsch aus Halbe vertrieben zu haben. Zudem gebe es genügend Demokraten, um auch die geplante Gegendemonstration in Seelow zu einem Erfolg werden zu lassen.
In Seelow selbst werden aus Potsdam vor allem Mitglieder der linken Szene der Stadt erwartet. Wenn „aufrechte Demokraten“ sich tatsächlich Neonazis in den Weg stellen wollten, müssten sie dies nun in Seelow tun, so Tamás Blénessy von der AG Antifaschismus der Universität Potsdam. Auch die AK Antifa Potsdam rief gestern zur Fahrt nach Seelow auf. Der geplante „Tag der Demokraten“ sei nun noch uneffektiver im Kampf gegen Rechtsextremismus, so eine Sprecherin der linken Gruppe. Denn trotz solcher Veranstaltungen wie dem „Tag der Demokraten“ sei die Bereitschaft in der Gesellschaft, bei rechtsextremen Übergriffen einzugreifen, weiterhin zu niedrig: „Antifaschismus ist für uns mehr als Bratwurstessen gegen Rechts.“ Wegen möglicher Ausschreitungen kündigte die Polizei gestern an, Seelow als Schwerpunkt ihrer Arbeit zu betrachten.
Ob die Potsdamer rechtsextreme Szene in nennenswerter Weise ins 125 Kilometer entfernt Seelow mobilisieren kann, ist unklar. Die Köpfe der lokalen Szene, etwa der 23-jährige Oliver K. – Mitbegründer der Anti-Antifa-Potsdam – verbüßen in der Justizvollzugsanstalt in Brandenburg a.d. Havel zurzeit mehrjährige Haftstrafen wegen gewalttätigen Überfällen.