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Zehdenicker Juden in Theresienstadt

Der Zehdenick­er Jung-Stadtverord­nete Chris­t­ian Ahlrep absolviert derzeit
seinen Zivil­dienst im ehe­ma­li­gen Konzen­tra­tionslager, der heutigen
Gedenkstätte There­sien­stadt. Chris­t­ian Ahlrep ist zugle­ich Vor­sitzen­der der
Arbeits­ge­mein­schaft Sachor/Erinnern. Er hat sich im fol­gen­den Beitrag unter
anderem mit den Zehdenick­er Juden beschäftigt, die nach Theresienstadt
trans­portiert wur­den und den Tod gefun­den haben. 

W ährend in Deutsch­land bere­its in den ver­gan­genen Wochen mit zahlreichen
Ver­anstal­tun­gen der Befreiung der Konzen­tra­tionslager gedacht wurde, wird
erst am Son­ntag in der kleinen tschechis­chen Stadt “Terezin” eine
Gedenkver­anstal­tung stat­tfind­en. Die deutsche Über­set­zung “There­sien­stadt”
lässt eher die grausige Geschichte eines auss­chließlich für Juden bestimmten
Durch­gangs­ghet­tos sowie eines kleinen Gesta­poge­fäng­niss­es, das am 8. Mai
1945 von sow­jetis­chen Ein­heit­en befre­it wurde, erahnen. 

Die im 18. Jahrhun­dert für 7000 Per­so­n­en konzip­ierte Festungsstadt
durch­liefen von 1941 bis 1945 annäh­ernd 140 000 Men­schen, die nach den
Nürn­berg­er Rassege­set­zen als Juden gal­ten. Von ihnen wur­den 87 000 weit­er in
den “Osten” geschickt, 34 000 star­ben an Ort und Stelle. Die Rote Armee
befre­ite etwa 11 000 Alte, Kranke und Schwache, alle weit­eren befan­den sich
auf “Evakuierungstrans­porten” in Rich­tung Ostsee. 

Auf dem jüdis­chen Fried­hof von There­sien­stadt sind auch drei Bürg­er aus
Zehdenick bestat­tet. Von drei anderen befind­et sich die Asche im Fluss Eger.
Ein weit­er­er wurde von There­sien­stadt aus weit­er nach Tre­blin­ka deportiert,
wo er im Gas umkam. 

Im Ghet­to There­sien­stadt gab es einige wenige Priv­i­legien gegenüber anderen
Lagern. So durfte der Jüdis­che Ältesten­rat die Asche jen­er auf­be­wahren, die
im anliegen­den Kre­ma­to­ri­um ver­bran­nt wur­den. Bis zum Früh­jahr 1944 wur­den so
etwa 22 000 Pap­pur­nen im Kolum­bar­i­um auf­be­wahrt. Dieses Ver­fahren erfolgte
erst ab Sep­tem­ber 1942, da erst dann das Kre­ma­to­ri­um fer­tig gestellt wurde.
Vorher wur­den die Leich­name auf einem Fried­hof bestat­tet. Im März 1944 wurde
der Fried­hof umgestal­tet, die Asche aus den Urnen in den nahe gelegenen
Fluss Eger geschüt­tet. Grund dafür war eine Ver­schönerungsak­tion im Zuge der
Vor­bere­itun­gen für den Besuch des Inter­na­tionalen Roten Kreuzes am 24. Juni
1944. Man über­ließ an diesem Tag nichts dem Zufall, um dem IRK weis zu
machen, dass es sich um ein “jüdis­ches Sied­lungs­ge­bi­et” han­delt. Lei­der hat
sich das Komi­tee blenden lassen, wie das anschließende Pro­tokoll beweist. 

Wir wis­sen nicht, wie die Gefan­genen in There­sien­stadt ums Leben kamen. Das
Ghet­to zeich­nete sich nicht durch Ver­nich­tungs­maß­nah­men aus. Die Vernichtung
sollte in den Lagern in Polen stat­tfind­en, Ghet­tos waren zur Konzentration
vor dem Trans­port vorge­se­hen. Wer hier starb, wurde nicht erschlagen,
erschossen oder ins Gas geschickt. Man starb hier an Hunger, an Krankheit
oder zer­brach an der täglichen psy­chis­chen Belastung. 

Viele deutsche Juden sucht­en zum Ende der dreißiger Jahre Unter­schlupf in
der Anonymität der Großs­tadt. So zog ein Großteil von ihnen nach Berlin.
Während die Stadt Zehdenick im Mai 1938 noch 15 Ein­wohn­er mosaischen
Glaubens zählte, sind es ein Jahr später nur noch drei. Doch spätestens mit
dem Erlass, einen gel­ben Stern tra­gen zu müssen, wur­den sie auch in der
Großs­tadt öffentlich dif­famiert. Die großen Trans­portwellen aus dem
deutschen Reich erre­icht­en 1942/43 die Lager in Ost- und Mittel€pa, in
diesem Zeitraum wur­den auch die ehe­ma­li­gen Zehdenick­er von Berlin aus nach
There­sien­stadt deportiert. 

Vielle­icht haben sie wie viele andere sog­ar den Fahrschein für den Transport
über einen so genan­nten “Heimeinkaufsver­trag” selb­st bezahlt. Einen
Alterssitz in Bad There­sien­stadt kaufen zu kön­nen, in dem man bis zu seinem
“Lebensende” wohnen durfte, erschien vie­len als eine Alter­na­tive zu den
täglichen Repres­salien. Es ist bekan­nt, dass diese alten Men­schen besonders
schock­iert von den wirk­lichen Lagerum­stän­den waren und unter dem psychischen
Druck sehr bald zusammenbrachen. 

Der 8. Mai heißt Befreiung. An diesem Tag wird jedoch beson­ders jenen
gedacht, die vor der Befreiung ums Leben kamen oder ermordet wur­den. Der
Zweite Weltkrieg und der Rassen­wahn haben 55 Mil­lio­nen Men­schen das Leben
gekostet, zehn Mil­lio­nen von ihnen sind in Lagern in Europa und Asien
ermordet wor­den. Wir gedenken fol­gen­den Zehdenickern: 

Cäcilie Joel, geb. Zöll­ner, geb. 22. 9. 1867 — gest. 7. 10. 1942 in
Theresienstadt. 

Abra­ham Cohn, geb. 1. 7. 1857 — gest. 20. 7. 1942 in Theresienstadt. 

I da Baum, geb. Fed­er­mann, geb. 5. 7. 1860 — gest. 4. 8. 1942 in
Theresienstadt. 

Min na Cohn, geb. 14. 6. 1859 — gest. 4. 8. 1942 in Theresienstadt. 

Luise Jonas, geb. 30. 9. 1863 — gest. 3. 12. 1942 in Theresienstadt. 

Gust av Janne Jonas, geb. 14. 4. 1868 — gest. 29. 1. 1943 in Theresienstadt. 

Markus Baruch, geb. 8. 1. 1869 — gest. am 13. 9. 1942: Er wurde von
There­sien­stadt nach Tre­blin­ka deportiert und dort ermordet.

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