DORF ZECHLIN Wenn an diesem Sonntag der Befreiung gedacht wird, darf man
auch die KZ-Häftlinge, die kurz zuvor durch das Ruppiner Land gezogen sind,
nicht vergessen. “Es ist aber schwer über diese Zeit in geeigneter Form und
an einem entsprechenden Ort zu erinnern”, stellt Monika Adomeit fest.
Adomeit kommt selbst aus Dorf Zechlin und hat über den Ort ein Buch
geschrieben (die MAZ berichtete). Darin komme der Todesmarsch nur auf einer
Seite vor, bedauert die Autorin. “Das war nicht der richtige Rahmen für
diese Erinnerungen”, sagt die Autorin, die in Dorf Zechlin zwar ihre ersten
Lebensjahre verbracht hatte, aber damals zu klein war, um über die
Ereignisse aus eigener Erinnerung berichten zu können. “Auch hat sich meine
Aufmerksamkeit für dieses Thema erst während der Recherchen zu dem Buch
herauskristallisiert”, erzählt Adomeit.
“Ich habe versucht mit den Menschen vor Ort zu sprechen, doch das war ganz
schwierig — die Leute wollen nicht darüber reden.
Im Kreisarchiv sei sie dann auf Berichte von Zeitzeugen aus Dorf Zechlin
gestoßen, die den Todesmarsch, zwischen dem 21. April und 2. Mai, und die
Zeit um den 8. Mai schildern.
Wie zum Beispiel die Dorf Zechlinerin Martha Ziegler: “Es war Ende April.
Den genauen Tag kann ich nicht mehr sagen. Wir bereiteten uns selbst auf
unsere Flucht vor, weil die Front immer näher kam. Ständig flutete deutsches
Militär auf der Straße zurück in Richtung Westen. Die so genannte
Wlasow-Armee, vorwiegend Berittene, zog westwärts in Richtung Westen. Da
unser Haus (Gasthaus Mohnke) direkt an der Straße steht, sahen wir sehr
viel. An diesem Tag schob sich ein Zug von völlig abgemagerten, zerlumpten
und erschöpften Menschen vorbei unter Bewachung von SS-Leuten. Soweit wir
blicken konnten, nahm der Zug des Grauens kein Ende.”
Oder Anna Natterer, wenn sie von den Morden an Häftlingen erzählt: “Am
Ortsausgang nach Flecken Zechlin ist ein Häftling von der SS durch
Genickschuss getötet und vergraben worden. Auch bei dem damaligen
Bahnübergang vor dem Ortsausgang nach Rheinsberg sind mehrere Häftlinge
erschossen worden. Meines Wissens nach sind die Toten nach Flecken Zechlin
gebracht und dort beerdigt worden.”
Gesammelt hat diese Zeugnisse zwischen 1963 und 1965 der damalige
Bürgermeister von Dorf Zechlin Gottfried Dittrich, erzählt, Monika Adomeit.
Wahrscheinlich wollte er aus Anlass des 20. Jahrestages der Ereignisse daran
erinnern. Die Augenzeugen, die damals befragt wurden, leben heute nicht
mehr. Und so sind wir im Gedenken auf die schlummernden Archivfunde
angewiesen, die es als wertvolles Gut zu heben gilt.