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Zeitbomben” im DNA-Labor

POTSDAM Vor einem Jahr wurde Rolf S. vom Landgericht Frank­furt (Oder) zu 15
Jahren Haft verurteilt. Die Schwurg­ericht­skam­mer sah es als erwiesen an,
dass S. die 13-jährige Maja Stein­er am 1. Juli 1988 verge­waltigt und
ermordet hat. Die Schü­lerin war an jen­em Som­mertag vor 17 Jahren nahe des
Vel­tener Sees (Ober­hav­el) ver­schwun­den. Erst 2003 hat­te eine DNA-Analyse von
Sper­maspuren am Rock des Kindes zum Täter geführt.

Während der Ein­satz von DNA-Tests zur Aufk­lärung von Ver­brechen auch in der
Bran­den­burg­er Koali­tion weit­ge­hend unstrit­tig ist, monieren märkische
Polizeigew­erkschaften eine unzure­ichende Vor­bere­itung des 1. Novem­ber. Dann
tritt ein im Juli vom Bun­destag verän­dertes Gesetz in Kraft. Es sieht unter
anderem die Stre­ichung des so genan­nten Richter­vor­be­halts vor. Bis­lang darf
genetis­ches Mate­r­i­al einem Beschuldigten erst mit richter­lich­er Genehmigung
und nur bei erhe­blichen Straftat­en, wie gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung und
Sex­u­alde­lik­ten, ent­nom­men wer­den. Gen­tests sind dem Gesetz zufolge künftig
auch bei Wieder­hol­ungstätern zugelassen.

Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) begrüßt die Geset­zesver­schär­fung. Er
will, wie Ressortchefs in anderen Bun­deslän­der auch, sog­ar noch einen
Schritt weit­erge­hen. Die DNA-Analyse müsse über­all dort möglich sein, wo
jet­zt schon der herkömm­liche Fin­ger­ab­druck von Verdächti­gen genom­men werden
kann. “Wir dür­fen nicht zulassen, dass Ver­brech­er frei herum­laufen, nur weil
unbe­grün­dete Sor­gen vor dem ‚gläser­nen Men­schen´ die vorhandenen
Möglichkeit­en block­ieren”, so der Min­is­ter kämpferisch.

Der Bund Deutsch­er Krim­i­nal­beamter (BDK) ver­langt von Schön­bohm, zunächst
ein­mal die derzeit­i­gen Auf­gaben per­son­ell aus­re­ichend abzu­sich­ern. Das
DNA-Labor, das noch bis zur Fer­tig­stel­lung eines Neubaus am Eberswalder
Lan­deskrim­i­nalamt in Berlin-Johan­nisthal unterge­bracht ist, arbeite “hart an
der Schmerz­gren­ze”, sagte BDK-Lan­deschef Wolf­gang Bauch. Kur­sierende Zahlen,
wonach in Johan­nisthal bis zu 1000 Vorgänge unbear­beit­et in den Regalen
liegen, wollte Bauch jedoch nicht bestäti­gen. Nach MAZ-Infor­ma­tio­nen ist die
Zahl aber sog­ar noch größer.

Ohne auf Zahlen näher einzuge­hen, erk­lärte der Vize­sprech­er des
Innen­min­is­teri­ums, Wolf­gang Brandt, gestern, dass es sich bei den Altfällen
“nach derzeit­igem Stand” um keine Spuren aus schw­eren oder erheblichen
Straftat­en han­delt. “Wir schließen aus, dass da brisante Fälle schlummern.”
Für BDK-Chef Bauch ist das zweifel­haft: “Aktuelle Fälle zeigen, dass Täter
unent­deckt blieben, weil genetis­che Spuren nicht aus­gew­ertet wurden.”
Nie­mand könne auss­chließen, dass “Zeit­bomben” darunter seien. Da die
ermit­tel­nden Krim­i­nal­is­ten ab Novem­ber ver­mut­lich mehr DNA-Tests in Auftrag
geben wer­den, müsse das Min­is­teri­um die angekündigten drei neuen Stellen -
zwei Lab­o­ran­tinnen und ein Sachver­ständi­ger — dauer­haft installieren,
forderte Bauch. Bis­lang ist von Jahresverträ­gen die Rede.

Auch Andreas Schus­ter, Lan­deschef der Gew­erkschaft der Polizei (GdP),
ver­langt angesichts des “Riesen­staus” bei der Erfas­sung von DNA-Spuren mehr
Per­son­al: “Wir hat­ten fünf bis sieben Neue­in­stel­lun­gen gefordert.” In einem
Bere­ich, der die Zukun­ft der Krim­inal­tech­nik erhe­blich bes­timme, dürfe
Bran­den­burg nicht hin­ter­her hinken.

Innen­min­is­ter Schön­bohm stellte unter­dessen in Aus­sicht, inner­halb eines
Jahres zu prüfen, ob das Labor­per­son­al weit­er aufge­stockt wer­den muss. Ein
Köl­ner Labor sei zudem ver­traglich gebun­den wor­den, um Speichelproben
auszuw­erten. Die Innen­poli­tik­er der Frak­tio­nen von CDU und SPD, Sven Petke
und Wern­er-Sieg­wart Schip­pel, warn­ten vor “zu viel Alarmis­mus” bei dem
The­ma. Falls es erforder­lich sei, wür­den zusät­zliche Mit­tel bere­it gestellt.

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