Es hat sich doch so einiges geändert in dem oben genannten Fall. Die
Öffentlichkeit ist nun aufmerksam gemacht worden auf einen Skandal, der
seines gleichen sucht. Die Reden von “Gewaltspirale” und
“Auseinandersetzungen zwischen links und rechts” bzw. zwischen
“Jugendbanden” findet langsam ein Ende und das zu recht. Auch wenn hier und
da, beispielsweise in den Berichten um die engere Koordination von VIP und
Polizei diese Bagatellisierung der rechten Gefahr noch vereinzelt auftaucht.
Auch die Polizei musste nun letztendlich zugeben, dass diese Art der
Rethorik die wahren Verhältnisse in Brandenburg und Potsdam verschleiert
hat. Es ist Zeit für einen Tabubruch im Tourismusland Brandenburg. Es gibt
nichts zu verschweigen; es kann nur um eine Strategie gehen, nämlich sich
dem seit Jahren organisierenden Rechtsradikalismus und dessen Zuspruch
gerade unter Jugendlichen entgegenzustellen. Anstatt zu verschleiern, müssen
alle BürgerInnen und Bürger sich dafür einsetzen, die Ursachen zu bekämpfen
und deutlich machen, dass für Nazis kein Platz ist, nicht in Potsdam, nicht
in Brandenburg oder sonst wo. Wir alle sind der Geschichte verpflichtet.
Die Gefahr von Neonazis für alle potentiellen Opfer, seien es Linke,
Ausländer, Homo‑, Trans- oder Intersexuelle, Obdachlose, Alternative oder so
genannte “Behinderte” wird nun endlich — wenn auch langsam — in das
Bewusstsein der Medien und der Öffentlichkeit gerückt.
Selbst der Oberbürgermeister der Stadt, Jann Jakobs kann sich die momentane
Entwicklung und das unverständlich harte Durchgreifen der Justiz gegenüber
den des versuchten Mordes an einem Neonazi beschuldigten Jugendlichen nicht
mehr so recht erklären. Jedenfalls soll er sich so in der
Sicherheitskonferenz geäußert haben.
Aber zur Darstellung in den Medien bleibt noch etwas zu sagen. Es ist immer
die Rede davon, dass der leicht verletzte stadtbekannte Neonazi mit einem
Teleskopschlagstock geschlagen worden sein soll. Und im nächsten Moment wird
dieser auch “Totschläger” genannt. Das ist nicht richtig. Ein
Teleskopschlagstock ist ein legales Mittel der Selbstverteidigung, welches
jeder Mensch über 18 Jahre bei sich tragen darf. Ein Totschläger hingegen
ist dadurch gekennzeichnet, dass sein Ende aus einer flexiblen Stahlrute
besteht. Dabei handelt es sich um eine verbotene Waffe nach dem
Waffengesetz. Es ist mehr als leichtsinnig, diese Unterschiede zu
verwischen, hier steht das Leben von 5 jungen Menschen auf dem Spiel. Die
Öffentlichkeit hat ein Recht, sich aus Tatsachen eine objektive Meinung zu
bilden. Die Medien sollten doch Bitteschön, das ihnen entgegengebrachte
Vertrauen auf richtige und wahrheitsgetreue Darstellung nicht enttäuschen,
um sich nicht in letzter Konsequenz als Meinungsmacher in der Öffentlichkeit
überflüssig zu machen; und zwar auch dann, wenn sich das Wort “Totschläger”
spektakulärer anhört und doch soviel besser zum Tatvorwurf passt.
Skandalös ist und bleibt, dass die junge Frau immer noch in
Untersuchungshaft ist. Die zahlreichen UnterstützerInnen unter dem in der
Presse erwähnten Offenen Brief einer Soligruppe gegen die Kriminalisierung
von AntifaschistInnen, der diese Zustände anprangert, scheint mir da ein
Anfang zu sein. Eine breite Schicht von Bürgerinnen und Bürgern sollte sich
endlich die Gefahr von rechts vor Augen führen, die auch sie selbst und ihre
Kinder betrifft und ihren Unmut über das skandalöse und unnötig harte
Vorgehen der Justiz gegenüber den fünf Beschuldigten kundtun.
In diesem Sinne: “Nie wieder Faschismus!”