Vor dem Amtsgericht Potsdam findet am Mittwoch, den 18. Oktober 2006, um
9.00 Uhr in Saal 215 ein Prozess gegen einen Rechtsextremisten und einen
Aussteiger statt. Den Angeklagten wird eine gefährliche Körperverletzung
an zwei Linken im Juni 2005 vorgeworfen.
Am Abend des 18. Juni 2005 stiegen Markus S. und sein Freund René S.
in die Straßenbahn der Linie 94 ein. Was sie nicht wussten: in derselben
Straßenbahn war ein Gruppe von 25 bis 30 Rechtsextremisten, die auf Jagd
nach Linken und Migranten durch die Stadt zog, — am selben Abend fand
ein antirassistisches Stadionfest statt. Markus´ T‑Shirt, auf dem
Pittiplatsch abgebildet war und das die Aufschrift »Mein Freund ist
Ausländer« trug, erregte sofort die Aggressivität der Rechten. Ein
Mädchen aus der Gruppe trat Markus im Vorbeigehen. Dann stürzte sich der
vermummte Anführer der Rechten auf Markus, zerriss dessen T‑Shirt und
schlug ihm wuchtig ins Gesicht. Weitere Personen aus der Gruppe
beteiligten sich schlagkräftig an dem Angriff, auch René wurde getreten.
Die einseitige Schlägerei fand erst ein Ende, als eines der Opfer es
schaffte, die Notbremse zu ziehen. Daraufhin flohen die Angreifer auf
Kommando unerkannt aus der Bahn. René verlor einen Zahn, beide Opfer
trugen zahlreiche Blessuren und eine Gehirnerschütterung davon. Die
Polizei ermittelte elf Tatverdächtige.
Am Mittwoch beginnt der erste einer Reihe von Prozessen zu diesem
Tatkomplex. Angeklagt sind Personen aus dem harten Kern der
rechtsextremistischen Szene Potsdams und Berlins, aus dem Umfeld der
verbotenen »Kameradschaft Tor«: der 23-jährige Oliver Oe., der zurzeit
eine viereinhalbjährige Haftstrafe wegen eines anderen Angriffs auf zwei
Linke verbüßt; er war dabei, als zwei Wochen später Tamasz B. und seinem
Freund mit einer Bierflasche der Hals aufgeschlitzt wurde. Neben ihm ist
der 30-jährige Volker Sch. angeklagt, heute ein Aussteiger. Das
Verfahren gegen Oliver K. (23), der ebenfalls bei dem Überfallkommando
auf Tamasz B. dabei war, ist abgetrennt und wird am Landgericht
stattfinden. Der Prozess gegen die damals heranwachsenden Täter wird folgen.
In der Gruppe der Rechten befanden sich stadtbekannte Rechtsextremisten
wie Melanie W. (21), Jens K. (31), Marcus Sch. (33), Danny L. (27) und
auch Benjamin Oe. (18), der eine Stunde später in eine
Auseinandersetzung mit Linken verwickelt war. Diese Auseinandersetzung
vor dem Café Haider, bei der Oe. leicht verletzt wurde, führte zu einer
Repressionswelle gegen Linke, von denen zurzeit vier vor dem Landgericht
angeklagt sind.
Beim Prozess ist mit einer massiven Präsenz von Rechtsextremisten zu
rechnen. Eine solidarische Unterstützung der Geschädigten ist daher umso
dringender.