(Jens Sell, MOZ) Strausberg — Das neue Asylbewerberheim in der Wriezener Straße ist empfangsbereit. Rund 170 Zuwanderer sollen aus den Gebäuden im Roten Luch bei Waldsieversdorf umziehen. In der Umgebung des ehemaligen Arbeitsamtes gibt es allerdings Bedenken, ob das Zusammenleben reibungslos funktionieren werde. Die Wohnungsbaugenossenschaft sieht mit Sorge auf die Zuwegung über die Fritz-Reuter-Straße.
Siegfried Jendreizik legt die Stirn in Falten, wenn er vom Hof seines Wohnhauses auf das Nachbargrundstück blickt. Seit fünf Jahren wohnt der frühere Buckower Lokführer in der Strausberger Fritz-Reuter-Straße. Die Wohnungsbaugenossenschaft Aufbau hat eines des früheren Offiziershäuser saniert und um einen zweiten modernen Flügel erweitert. In den Wohnungen leben überwiegend Senioren-Ehepaare. Deshalb auch ist der kleine Spielplatz in einer Ecke des gepflegten Hofes offenkundig unbenutzt. Den früheren Sandkasten hat die Genossenschaft durch eine Kunststoffmuschel ersetzt. Dort spielen nur ab und zu Enkelkinder der Bewohner.
Siegfried Jendreiziks Blick schweift über den seitlichen Zaun, wo hohes Gras ungehemmt wächst. Nicht vollständig ist das Gras so hoch. Ein Streifen vor einem nur mit Draht gesicherten zweiflügligen Tor zur oberhalb gelegenen Treppe ist gemäht und deutet den Verlauf eines Weges an. Die Treppe führt vor das erste Arbeitsamt, das in Strausberg nach der Wende eingerichtet wurde.
Dort soll nach dem Willen des Landkreises das Asylbewerberheim einziehen. “Es gibt den Antrag zur Umwidmung zu einer Wohnstätte für Zuwanderer”, hatte Stadtplanungschef Thomas Elsner am Dienstagabend die Mitglieder des Bau- und Umweltausschusses der Stadtverordnetenversammlung unter dem Punkt Verschiedenes informiert. Planungsrechtlich sei dies zulässig. Die Zuwegung sei sicher über die Wriezener Straße und die Zufahrt zum Ledigenwohnheim der Bundeswehr vorgesehen, so der Stadtplaner.
Klaus Weinzierl vom Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft sieht hingegen den gemähten Streifen auf dem Nachbargrundstück, das an die Fritz-Reuter-Straße grenzt, mit Sorge: “Wir fürchten um die Wohnqualität an diesem Standort, wenn der Zugang zum geplanten Heim über diese Wiese erfolgen soll.” Der Aufsichtsrat der Genossenschaft habe sich deshalb schriftlich mit Anfragen an den Landrat gewandt. Schon vor Jahren habe sich die Genossenschaft um den Kauf des Nachbargrundstücks beim Bundesvermögensamt beworben. Sie hätte gern ein weiteres Wohnhaus an die Fritz-Reuter-Straße gebaut. Jetzt seien wohl alle Chancen verflogen, vermutet Weinzierl. Den Standort für das Zuwandererheim hält er für ungeeignet: “Wir sind der Meinung, dass eine solche Einrichtung nicht ins Zentrum der Stadt gehört. Nicht nur unsere Mieter fürchten um ihre Ruhe. Das Oberstufenzentrum mit seinen Tausenden Schülern kann auch zu Konflikten führen.” Siegfried Jendreizik betont, grundsätzlich keine Vorbehalte gegenüber Asylbewerbern zu haben. Doch sagt er sich, wenn erst einmal das Tor im Zaun offen stehe, würden auch hunderte OSZ-Schüler über das Grundstück zur Schule ziehen.
Edelgard Neukirch vom Sozialpark Märkisch-Oderland, der das Heim betreiben soll, ist offen für die Bedenken der Anwohner: “Wir werden, wenn das Haus eröffnet ist, einen Tag der offenen Tür veranstalten und die Bürger dazu einladen.” Im direkten Gespräch könne man Vorbehalte am besten abbauen. Wann das sein wird, hänge unter anderem von der Genehmigung der Umwidmung ab. Der Sozialpark hat schon in den Umbau der früheren Behörde zur Wohnstätte investiert. Jetzt seien noch Auflagen in arbeitsschutz- und brandschutzrechtlicher Hinsicht zu erfüllen.
Der Sozialpark kehrt mit dem Heim an eine frühere Wirkungsstätte zurück. Die kleine Villa neben dem Amtsgebäude war einst sein Sitz.