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Zwang zur Schule

(VOLKMAR KRAUSE, MAZ) POTSDAM Bran­den­burgs rot-schwarze Koali­tion ste­ht erneut vor ein­er schulpoli­tis­chen Kon­tro­verse. Der CDU gehen die Ankündi­gun­gen des SPD-geführten Bil­dungsmin­is­teri­ums, Kinder möglicher­weise mit Zwangsmit­teln zur Schu­lun­ter­suchung oder zum Unter­richt zu zitieren, nicht weit genug. Der Schulzwang müsse “ohne Wenn und Aber” in die für Herb­st angekündigte Nov­el­le des Schulge­set­zes aufgenom­men wer­den und dürfe nicht nur auf dem Verord­nungswege geregelt wer­den, erk­lärten CDU-Gen­er­alsekretär Sven Petke und der bil­dungspoli­tis­che Sprech­er der Unions­frak­tion im Land­tag, Ingo Sen­ftleben. Bei­de ver­lan­gen zudem die Ein­rich­tung eines zen­tralen Schüler­reg­is­ters für die derzeit rund 85 000 märkischen Grund­schüler. “Es muss möglich sein, zum Kinder­wohl in die Rechte der Eltern einzu­greifen”, so Petke. 

Hin­ter­grund für die geplante Ver­schär­fung der Schulpflicht ist der Fall des kleinen Den­nis aus Cot­tbus. Die bis aufs Skelett abgemagerte Leiche des Sech­sjähri­gen war heute vor einem Jahr in der Kühltruhe der elter­lichen Woh­nung ent­deckt wor­den. Die Mut­ter soll das zweiein­halb Jahre zuvor an Unter­ernährung ver­stor­bene Kind dort ver­steckt haben. Den­nis war nie einem Schu­larzt vorgestellt wor­den. Die Mut­ter hat­te den Jun­gen im Mai 2002 — da war er bere­its seit fünf Monat­en tot — gemein­sam mit einem jün­geren Brud­er prob­lem­los an ein­er Cot­tbuser Grund­schule anmelden können. 

Der Vor­gang erregte monate­lang die Gemüter, Jugend- und Sozialamt sowie das Schu­lamt schoben die Ver­ant­wor­tung weit von sich, unter­lassene Hil­feleis­tung kon­nte ihnen nicht nachgewiesen wer­den. Lediglich in zwei Fällen erhiel­ten Ver­ant­wortliche “ermah­nende Schreiben”. Die Ermit­tlun­gen gegen die Eltern sind noch nicht abgeschlossen. “Eltern und Behör­den haben ver­sagt. Das darf sich nicht wieder­holen”, so Petke. Zwar habe das Min­is­teri­um nach dem Fall Den­nis Kon­se­quen­zen ver­sprochen, aber eine Über­sicht über die Ein­hal­tung der Schulpflicht im Land gebe es bis heute nicht. 

Petke ver­wies darauf, dass Ham­burg nach einem ähn­lich gelagerten Fall von Kindesver­nach­läs­si­gung — es ging um das Mäd­chen Jes­si­ca — zu Jahres­be­ginn den Auf­bau eines Schüler­reg­is­ters beschlossen habe. Die Dat­en der Behör­den kön­nten abgeglichen und Auf­fäl­ligkeit­en frühzeit­ig erfasst wer­den. Taucht­en Kinder und Jugendliche nicht mehr regelmäßig in der Schule auf, müsse der “Alarm­plan” bere­its fest­ste­hen. Petke sieht sich in sein­er Forderung bestätigt, Schulschwänz­er mit der Polizei oder durch Behör­den­mi­tar­beit­er vor­führen zu lassen. “Nur wenn das Prob­lem erkan­nt ist, kön­nen spätere Hil­f­sange­bote greifen.” 

Der Sprech­er des Bil­dungsmin­is­teri­ums, Thomas Hainz, weist den Vorschlag eines Schüler­reg­is­ters zurück. Petke schwebe ein “bürokratis­ches Mon­ster” vor, das den Ein­druck erwecke, spez­i­fis­che Prob­leme kön­nten zen­tral geregelt wer­den. Dass der “Schulzwang” ins Gesetz aufgenom­men wer­den soll, habe das Min­is­teri­um bere­its vorgeschla­gen. “Bei Den­nis hätte die geset­zliche Pflicht zur Schu­lun­ter­suchung möglicher­weise das Schlimm­ste ver­hin­dern kön­nen.” Mit dem Zwang soll Extrem­fällen von Schul­ver­weigerung begeg­net wer­den, etwa wenn selb­st Bußgelder nichts nutzen. 

Nach Auf­fas­sung von Ger­rit Große, Bil­dung­sex­per­tin der PDS-Oppo­si­tion, reicht das vorhan­dene Instru­men­tar­i­um aus, um die Schulpflicht in Bran­den­burg durchzuset­zen. Die neue Grund­schul­verord­nung regele, dass Schu­lan­fänger dem jew­eili­gen Schulleit­er vorgestellt wer­den müssen. Nach den Eltern hät­ten bei Den­nis vor allem die zuständi­gen Behör­den ver­sagt. “Geschwis­ter von Den­nis haben die gle­iche Schule besucht. Die Schulleitung wusste doch, mit was für ein­er Fam­i­lie sie es zu tun hat”, so Große. “Es ist absurd, wenn die Leute, die Ver­ant­wor­tung tra­gen, nicht bestraft werden.”

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