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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

100 Menschen erinnnerten an den Mord an Amadeu Antonio

Am Mon­tag, dem 6. Dezem­ber 2010, ver­sam­melten sich in Eber­swalde etwa 100 Men­schen zu Gedenkver­anstal­tun­gen zum 20. Todestag von Amadeu Anto­nio Kiowa. Vor 20 Jahren hat­ten 60 Neon­azis den Angolan­er in Eber­swalde zu Tode gejagt und geprügelt. Es war der erste öffentlich bre­it wahrgenommene ras­sis­tis­che Mord nach dem Ende der DDR.

Aus Anlass des Jahrestages fan­den eine Kundge­bung am dama­li­gen Tatort sowie eine Gedenk­feier im Fam­i­lien­garten statt. Dort wurde auch eine Ausstel­lung über das Leben der angolanis­chen DDR-Ver­tragsar­beit­er gezeigt. In den Vor­wochen hat­te es außer­dem eine Podi­ums­diskus­sion und ein Chorkonz­ert gegeben.

Hier ein Rück­blick auf das Geschehen vor 20 Jahren.

Novem­ber 1990: Amadeu Anto­nio traf, nach­dem er mit vier Freund_innen das Lokal “Hüt­ten­gasthof“ in Eber­swalde ver­ließ, auf 60 Neon­azis, die “Neger klatschen“ woll­ten, so ein Zeuge vor Gericht. Auf Anto­nio und seine Freund_innen wurde mit Lat­ten­zäunen und Base­ballschlägern bru­tal eingeschla­gen. Bei dem Ver­such zu fliehen, teilte sich die Gruppe. Amadeu´s Freund_innen kon­nten entkom­men. Er selb­st jedoch nicht.

Der angolanis­che Ver­tragsar­beit­er wurde im späteren Ver­lauf von rund zehn Neon­azis ver­fol­gt, zusam­mengeschla­gen und zu Tode geprügelt. Erst als ein Bus vor­bei­fuhr, ließen die Täter von ihrem bere­its bewusst­losen Opfer ab. Zivilpolizis­ten, die diese grausame Tat von Anfang an beobachteten, forderten lediglich Ver­stärkung an, anstatt aktiv in das Geschehen einzu­greifen, wom­it sie Schlim­meres hät­ten ver­hin­dern können. 

Am 6. Dezem­ber 1990 starb Amadeu Anto­nio im Alter von 28 Jahren an seinen Ver­let­zun­gen,  ohne sei dem Angriff das Bewußt­sein wieder­erlangt zu haben. Er hin­ter­ließ seine schwan­gere Fre­undin, die ihr gemein­sames Kind am 9. Jan­u­ar 1991 zur Welt brachte, dem Tag, an dem sein Leich­nam nach Ango­la über­führt wurde.

Der Tather­gang

Am Abend des 24. Novem­ber 1990 hat­ten sich Neon­azis aus mehreren Ortschaften in der Woh­nung eines bekan­nten Eber­swalder Neon­azis ver­sam­melt. Sie tat­en sich mit etwa 50 weit­eren Jugendlichen aus der Diskothek “Rock­bahn­hof“, ein­er Heavy-Met­al Diskothek zusam­men. Später zogen 60 Neon­azis zum nahegele­ge­nen “Las Vegas“, mit dem Vorhaben linke Jugendliche “aufzuk­latschen“. Das “Las Vegas“ war zu diesem Zeit­punkt jedoch geschlossen. 

Der 60-köp­fige Trupp, zog daraufhin weit­er Rich­tung “Hüt­ten­gasthof“, eine Diskothek die dafür bekan­nt war, dass Men­schen mit alter­na­tivem oder Migra­tionsh­in­ter­grund sich dort aufhiel­ten und auch willkom­men waren.

Zivilpolizis­ten, die den Trupp beobachteten, informierten den Wirt des “Hüt­ten­gasthofs“, der sofort sein Wirtshaus schloss. Anto­nio und seine Begleit­er die sich in diesem Haus aufhiel­ten ver­ließen kurze Zeit später das Lokal und beschlossen sich auf den Heimweg zu machen. Als sie auf Augen­höhe mit den  Neon­azis geri­eten, rief ein­er aus deren Gruppe: “Da sind die Neger“. Was fol­gte war eine bar­barische Het­z­jagd, bei der sich nur Antonio´s Begleit­er ver­let­zt in Sicher­heit brin­gen konnten. 

Amadeu Anto­nio blieb hil­f­los zurück. Er wurde von rund 10 Neon­azis mit Lat­ten­zäunen und Base­ballschlägern mal­trätiert. Als er schon bewusst­los am Boden lag, sprang ein­er mehrmals auf den Kopf. Erst als ein Bus vor­bei­fuhr ließen sie von ihm ab. Elf Tage später, am 06. Dezem­ber starb Amadeu Anto­nio, ohne je das Bewußt­sein wieder­erlangt zu haben.

“Für einen Afrikan­er mache ich nichts“

Die Polizei wusste am Abend des 24. Novem­bers über das Tre­f­fen der recht­en Schläger und das Ziel bescheid. Drei Zivilpolizis­ten beobachteten den kom­plet­ten Tather­gang. Das einzige Ein­greifen jedoch beruhte lediglich auf den Ruf von Ver­stärkung. Diese traf auch ein, griff aber viel zu spät ein. Eine Zeu­g­in sagte, dass sie gehört habe wie ein­er der Polizis­ten sagte: “Für einen Afrikan­er mache ich nichts. Ich set­ze nicht mein Leben auf´s Spiel.“

Der Prozessver­lauf

Das Ver­fahren wurde nur gegen sechs der Täter eröffnet. Ein­er bekam eine zwei­jährige Bewährungsstrafe. Der Rest wurde bis zu vier Jahren Jugend­strafe vor dem Landgericht Frank­furt (Oder) verurteilt. Der Prozess wurde damals vom Recht­san­walt Ronald Reimann, Vertreter der Neben­klage so beschrieben: “Die väter­lich-gut­mütige Prozeßführung des Richters wurde der Schwere der Tat ins­ge­samt nicht gerecht. Oft schien es so, als ob nicht der Tod eines Men­schen Anlaß des Prozess­es war, son­dern ein banaler Ladendieb­stahl von Jugendlichen.“ Und Unrecht hat­te er gewiss nicht.

Ein Polizist sagte aus: “ Ich rief sofort meine bei­den Kol­le­gen zurück, da ich ver­hin­dern wollte, dass diese mit der Gruppe in Kon­flikt ger­at­en“. Auf die Frage: “Waren sie bewaffnet?“, antwortete er: “Ja“. Auf die Frage: “Wären Sie eingeschrit­ten, wenn Sie gewußt hät­ten, daß ein Men­sch zu Tode kommt?“, schweigt er. Der Richter wies ihn auf seine Aus­sagev­er­weigerung hin, die er dann dank­end annahm. 

Dass die Polizei in diesem Fall nicht verurteilt wurde, über­rascht mich nicht. Die Insti­tu­tion ist hier­ar­chisch aufge­baut und endet im Innen­min­is­teri­um. Wenn man dort länger ermit­telt hätte, hätte man auch eigene Ver­fehlun­gen eingeste­hen müssen“, so Pro­fes­sor Dr. Moni­ka From­mel, Direk­torin des Insti­tuts für Sank­tio­nen­recht und Krim­i­nolo­gie der Uni­ver­sität zu Kiel.

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