In der Nacht von Montag auf Dienstag wurde in Dresden ein junger Geflüchteter ermordet. Khaled Idris Bahray aus Eritrea wurde nur 20 Jahre alt. Die Tathintergründe sind bisher nicht aufgeklärt. Die Dresdner Polizei tat ihr Möglichstes um das genauso zu belassen. Nur auf Druck der Öffentlichkeit, bestätigte die Polizei nach und nach, was die Mitbewohner*innen von Khaled B. von Anfang an vermuteten: Das es sich um MORD handelt. Das rassistische Bedrohungsszenario in welchem die Geflüchteten in Dresden leben, ist der Polizei und der Politik bisher kein Kommentar wert. Gleichzeitig liefen am Montagabend 25.000 Menschen durch die sächsische Landeshauptstadt, um gegen die angeblich drohende “Islamisierung des Abendlandes” zu demonstrieren. Auch hier will niemand Rassismus, Rassismus nennen.
Diese allzu deutschen Zustände sind für uns nicht hinzunehmen. Es bedarf einer starken solidarischen Antwort. Deshalb rufen wir dazu auf; mit uns am Sonntag, den 18.01.2015 auf die Straße zu gehen!
Um 14.00 Uhr wird eine Demonstration unter dem Motto “Refugees welcome — Rassist*innen über’s Maul fahren!” vom Luisenplatz starten.
Refugees welcome — fight racism!
In the night of monday to tuesday a young refugee was killed in Dresden, Saxony. The same night, the same city over 25.000 people demonstrated against the alleged „downfall of the Christian West“. The police of Dresden initially after the muder claimed, that there has not been a crime. The housemates of Khaled B., the murdered refugee, however told about a lot of blood and clearly visible injuries. There was no securing of evidence until 30 hours after the incidence – apparently also only as a reaction to public pressure.
On sunday, we want to take to the street to show everyone our anger about the state of things! We want to express the feeling of dead faint! Fight the German nationalism! Solidarity ist a weapon – not a set phrase!
Demonstration – Jan 18th – 2pm – Luisenplatz Potsdam
2 Antworten auf „Refugees welcome — Rassist*innen über’s Maul fahren!“
Morgen (17.01) findet in Dresden eine Demo statt:
15.00 Uhr ab Albertplatz
http://www.remembering-khaled.org/demo-17–1/
und es gibt einen Bus von Berlin aus, ab Alex 10.30
Kontakt: isdbund@isdonline.de
„Rassismus tötet – Deutschland, PEGIDA und Co. den Kampf ansagen!“
Es ist der 12.01.2014, ein Montag. In Dresden findet die bisher größte wöchentliche Demonstration des rassistischen PEGIDA-Mobs mit 25.000 Teilnehmer*innen statt. Die Stimmung in Sachsens Hauptstadt erreicht an diesem Abend ein neues Level an Aggression. Am Abend verlässt der 20-jährige Khaled Idris Bahray, ein Geflüchteter aus Eritrea seine Wohnung um schnell einkaufen zu gehen. Er kehrt nie zurück.
Am Morgen darauf entdecken seine Mitbewohner*innen vor der Haustür im Hof eines Wohngebiets im Stadtteil Leubnitz, den blutüberströmten Leichnam des 20-Jährigen. Seine unter Schock stehenden Mitbewohner*innen berichten, dass sie sich aus Angst vor Übergriffen montags wegen der PEGIDA Demonstrationen nicht aus dem Haus trauen. Nun fürchten seine Freund*innen ein ähnliches Schicksal.
Es ist nichts Neues, dass Flüchtlinge in Deutschland von rassistisch motivierten Übergriffen (verbalen wie körperlichen) betroffen sind, doch in den letzten Wochen wurde die Situation deutlich bedrohlicher. So wurden die Mitbewohner*innen Khaleds von aggressiven PEGIDA-Teilnehmer*innen regelmäßig beschimpft, auf ihre Wohnungstür wurde eingetreten. Zwei Tage vor Silvester wurden auf Khaleds Wohnungstür zwei Hakenkreuze geschmiert, nur drei Tage vor dem Mord die Worte „Wir kriegen euch alle“. Nun fürchten seine Freund*innen ein ähnliches Schicksal.
Nachdem der Obduktionsbericht bestätigte, dass Khaled durch mehrere Messerstiche in Hals-und Brustbereich zu Tode gekommen ist, ermittelt nun die Staatsanwaltschaft wegen Totschlages. Die reflexartige Verharmlosung der Dresdner Polizei in ihrer ersten Stellungnahme „Fremdeinwirkung könne ausgeschlossen werden“ enttarnt sich als völlige Fehleinschätzung des Tatbestandes. Erst auf den zunehmenden öffentlichen Druck hin erscheint, 30 Stunden nach Auffinden der Leiche, die Spurensicherung am Tatort. Bisher wurden 23 Personen von der Polizei befragt. Sie sind allesamt eritreische Geflüchtete, Freund*innen und Mitbewohner*innen von Khaled . Selbst das von der Dresdner Polizei verlautbarte “Ermitteln in alle Richtungen” scheitert an dem politischen Unwillen der Beteiligten, es würde z.B. das Befragen der Neonazis die im gleichen Haus leben wie die Geflüchteten beinhalten.
Die deutsche Polizei beweist wieder einmal, dass sie auf dem rechten Auge mehr als blind ist. Spätestens seit dem Auffliegen der NSU-Morde ist klar, dass auf die staatlichen Behörden in der Aufklärung rassistisch motivierter Morde kein Verlass sein kann. Statt aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und sämtliche Mittel gegen rassistische Gewalt zu bemühen, wird von staatlicher Seite auch noch versucht auf die vermeintlichen Ängste der deutschen Bevölkerung einzugehen. So verschärfte die Bundesregierung in den letzten Monaten die Asyl- und Einreisegesetze. In Sachsen wurden gar Sondereinheiten der Polizei gegen „straffällige Asylbewerber“ gegründet.
Dieses Vorgehen spiegelt die allgemeine Stimmung der Bevölkerung. PEGIDA ist dabei nichts mehr und nichts weniger als ein Ausdruck dieser Stimmungslage. Nationalismus, Rassismus und krude Verschwörungstheorien brechen sich hier Bahn. Diese dienen dazu sich von „dem Anderen“, „dem Fremden“ abzugrenzen die damit automatisch zur Bedrohung werden für den entweder gutsituierten oder von Abstiegsängsten beherrschten Alltag. Im Schutz der Masse und von dieser bestärkt, traut sich der bedauernswerte, marginalisierte, weiße, männliche, heterosexuelle Deutsche gegen seine vermeintlichen Unterdrücker*innen vorzugehen. Unter dem Deckmantel von „Ängsten und Sorgen“, tritt hier menschenverachtendes Gedankengut zu Tage. Auch und grade im Internet, wo die Reaktionen auf den Tod Khaleds in Schadenfreude und widerlicher Selbstbestätigung gipfelte.
Es ist eine unangenehme Mischung aus Stärke und Größe einerseits, und dem nach außen getragenen Gefühl der Bedrohung andererseits die Pegida da über sich selbst verbreitet. Und es sind Medien und Politiker*innen von CDU bis Linkspartei, die diese Impulse aufgreifen. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge, wird durch veränderte Gesetzgebung, nicht gebaute Unterkünfte, an Stadtränder gedrängte Asylbewerber*innen dem „Druck der Straße“ nachgegeben. Angeblich um Schlimmeres zu verhindern.
Eine sinnvolle, nachdrückliche Antwort auf Rassismus, PEGIDA und rassistische Morde kann und wird niemals von staatlicher Seite kommen. Und erst Recht nicht von einem Staat dessen Repressionsorgane eine Hellseherin beauftragen, statt an Neonazis als mordende Terroristen zu denken, so wie es beim NSU geschah. Staatlichen Organen und Amtsträger*innen geht es nicht um ein sorgenfreies Leben für alle Menschen, ja noch nicht einmal um ein angstfreies aller hier Lebenden. Ihnen geht es um den Schutz und den Ausbau der Grundlage all ihres Schaffens und Seins, um den Schutz der kapitalistischen Ausbeutung auf dem deutschen Staatsgebiet und für deutsche Konzerne. Ihr Denken hangelt sich entlang von Begriffen wie Exportweltmeister, Arbeitsplatzsicherheit und ihre anstehende Wiederwahl. Sie wollen und wollten rassistische Morde nicht verhindern oder im Nachhinein aufklären um des menschenverachtenden Charakters einer solchen Tat willen. Das Ziel der Staatsoffiziellen ist es ein sauberes, weltoffenes Bild von Deutschland in der Welt zu verbreiten.
Auf Aufklärung und den Schutz des Staates darf also kein Verlass sein, so sehr wir auch nachvollziehen können, dass Menschen darauf angewiesen sein können. Parallel dazu zeigt die deutsche Mittelschicht dass wir ihr und ihren bürgerlich-aufgeklärten Idealen nicht weiter trauen sollten als wir spucken können. Ihren Rassismus tarnen sie mittlerweile in Phrasen und Codes wie ihrer “Angst vor Islamismus”, wobei ihnen schon die Begegnung mit nicht genuin kartoffeldeutsch aussehenden unter Dreißigjährigen als Beweis herhalten muss. Dass dies im „Tal der Ahnungslosen“ geschieht, dem Bundesland in dem nur 0,2 % der Bevölkerung muslimischen Glaubens sind, macht deutlich wie konstruiert die angebliche „Islamisierung des Abendlandes“ ist. Das ist von Rassist*innen geäußerter Rassismus, genau SO sollte dies benannt werden und ein dementsprechender Umgang damit erfolgen!
Dem Gefühl von Ohnmacht angesichts der 25.000 Pegida-Anhänger*innen wollen wir endlich etwas entgegensetzen! Wir wollen unserer Wut Ausdruck verleihen über einen rassistisch durchsetzten Alltag in dem auch vor Mord nicht zurückgeschreckt wird. Deshalb demonstrieren wir heute auf Potsdams Straßen.
Lasst uns gemeinsam in die Offensive drängen!
In Gedenken an Khaled Idris Bahray und alle diejenigen, die rassistischen Mörderbanden zum Opfer gefallen sind.