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Antifaschismus

NPD-Aktion in Brandenburg/Havel

Am ver­gan­genen Fre­itag führten Aktivis­ten des NPD Kreisver­ban­des Hav­el Nuthe, unter Anwe­sen­heit des für diesen Wahlkreis ernan­nten NPD Bun­destagskan­di­dat­en, Dieter Brose aus Nennhausen OT Liepe (Land­kreis Havel­land), erneut einen Info­s­tand in der Nähe des Neustädtis­chen Mark­tes in Bran­den­burg an der Hav­el durch, um, gemäß Pressemit­teilung auf ihrer Inter­net­präsen­ta­tion, auch hier Unter­stützung­sun­ter­schriften für die Wahlen im Herb­st zu sammeln.

Dabei knüpften die havel­ländis­chen und bran­den­bur­gis­chen Mit­glieder oder Sym­pa­thisan­ten der (Neo)nazipartei an eine Aktion von Funk­tionären der NPD Kreisver­bände Dah­me­land und Ober­hav­el wenige Tage zuvor in Kyritz (Land­kreis Ost­prig­nitz Rup­pin) an.

Anders als in Kyritz, wo sich unge­fähr 25 Men­schen an Gege­nak­tiv­itäten beteiligten, scheint sich jedoch Bran­den­burg an der Hav­el, als eine von vier kre­is­freien Städte im Land mit dur­chaus poli­tisch strate­gis­ch­er Bedeu­tung, nicht ganz einig im Umgang mit den immer öfter im Stadt­ge­bi­et aktiv­en braunen Milieu zu sein.
Während sich die Bürg­er­schaft bei größeren, nicht mehr zu ver­schweigen­den Ver­anstal­tun­gen, wie dem anti­semi­tis­chen Auf­marsch so genan­nter „Freier Kräfte“ und dem Nazirock­konz­ert im Jan­u­ar diesen Jahres, durch medi­en­fre­undliche Aktio­nen offen gegen „Recht­sex­trem­is­mus“ und zur „Demokratie“ beken­nt, soll bei son­sti­gen Aktiv­itäten des (Neo)nazimilieus, wie bei Kundge­bun­gen und Infos­tän­den, offen­bar gezielt wegge­se­hen bzw. dessen Agi­ta­tionsver­suche ignori­ert wer­den. Ein entsprechen­der Hin­weis der Bran­den­burg­er Bürg­er­meis­terin soll dies­bezüglich jeden­falls im Umlauf sein und wird offen­bar auch stillschweigend befol­gt. Den (Neo)nazis, die bish­er vor allem von außen nach Bran­den­burg hinein­wirk­ten, will die Stadt somit ange­blich kein zusät­zlich­es Podi­um bieten.

Kri­tis­che Stim­men ver­muten allerd­ings hin­ter dieser Hand­lungsweise Konzept­losigkeit bzw. den Unwillen sich mit solchen Ten­den­zen konkret auseinan­derzuset­zen, weil die Gefährlichkeit (neo)nazistischen Ide­olo­gien und deren Protagonist_innen nach wie vor unter­schätzt wird.

Das (neo)nazistische Milieu ist aber längst in der Havel­stadt angekom­men bzw. kann noch auf die Rudi­mente der Nazistruk­tur aus den 1990er Jahren aufbauen.

Junge (Neo)nazis, die sich freimütig u.a. als „Nationale Sozial­is­ten Bran­den­burg“ beze­ich­nen, marschieren in größeren Grup­pen nicht nur bei Ver­anstal­tun­gen in ihrer Heimat­stadt mit, son­dern sind auch regelmäßig bei Aufmärschen im gesamten Bere­ich der neuen Bun­deslän­der anzutr­e­f­fen. Selb­st­be­wusst wird hier­bei auch die Stan­darte des Herkun­ft­sortes, eine schwarze Fahne mit der in weißer Frak­turschrift gefassten Wort­gruppe „Bran­den­burg an der Hav­el“, gezeigt.

Der Lan­des­ge­heim­di­enst „Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg“ reg­istri­ert in seinem aktuellen Lage­bild in Bezug  auf die Per­so­n­e­nan­zahl solch­er Grup­pierun­gen inzwis­chen eine zunehmende Ten­denz lan­desweit und sieht diese, ins­beson­dere im west­lichen Lan­desteil, als eigentlich­es Poten­tial, von dem sich vor allem die (neo)nazistische NPD nährt.

Diese, in Gestalt ihres Kreisver­ban­des Hav­el Nuthe, diskred­i­tiert zwar den Aus­sagew­ert der aktuellen Pub­lika­tion  der „BRD-Sta­sis“ (O‑Ton NPD) gen Null und gibt sich trotz des im Lage­bild, auf­grund des gle­ichzeit­i­gen Wahlantritts der eben­falls in die braune Rich­tung tendieren­den DVU,  prog­nos­tizierten Nichteinzugs in das Bran­den­burg­er Lan­despar­la­ment opti­mistisch, kann aber, wie eben am ver­gan­genen Fre­itag in Brandenburg/Havel, nicht ver­ber­gen, dass sie hier­bei tat­säch­lich auf die dom­i­nan­ten (neo)nazistischen Net­zw­erke der so genan­nten “Freien Kräfte” angewiesen ist.

Hauptziel der (neo)nazistischen NPD kann somit nicht der Einzug in den Land­tag um jeden Preis sein, son­dern muss zunächst erst ein­mal der zwar langsame dafür aber organ­isierte Auf — bzw. Aus­bau von Parteistruk­turen sein, der eben auch durch Agi­ta­tion und per­sön­liche Gespräche am Info­s­tand vor­angetrieben wird.

Die Ignorierung der­ar­tiger Umtriebe durch die Stadt oder lokaler zivilge­sellschaftlich­er Kräfte kommt den (Neo)naziaktivisten dabei zu Gute, da so ungestört und viel nach­haltiger, da per­sön­lich­er, für ras­sis­tis­che, anti­semi­tis­che und völkische Weltan­schau­un­gen sowie deren prak­tis­che Umset­zung gewor­ben wer­den kann.

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Abschiebung stoppen — Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt

Cot­tbus — Am 12. August wer­den Jean Mpe­ka M., seine Frau Hor­tance und ihre drei Kindern abgeschoben. So hat es die Cot­tbuser Aus­län­der­be­hörde ver­fügt. Jean Mpa­ka M. war in der Demokratis­chen Repub­lik Kon­go (DRK) poli­tisch aktiv, wurde ver­fol­gt und mis­shan­delt. Seine poli­tis­che Ver­fol­gung wurde anerkan­nt. Weil sich die poli­tis­che Sit­u­a­tion in der Demokratis­chen Repub­lik Kon­go gebessert habe, wurde der Antrag auf poli­tis­ches Asyl aber abgelehnt. Nun soll die gesamte Fam­i­lie abgeschoben wer­den. Die Fam­i­lie lebt seit 2002 in Deutsch­land. Die Kinder gehen in Cot­tbus zur Schule, die Eltern engagieren sich ehre­namtlich in der Stadt.

Inzwis­chen haben sich über 2.000 Bürg­erin­nen und Bürg­er mit ihrer Unter­schrift dafür einge­set­zt, die Abschiebung der Fam­i­lie zu ver­hin­dern. Sie kom­men aus Cot­tbus, dem Land­kreis Spree-Neiße sowie dem Land Bran­den­burg und der gesamten Bundesrepublik.

In der Demokratis­chen Repub­lik Kon­go herrscht seit Jahren Bürgerkrieg.Massaker, Ver­schlep­pun­gen, Folterun­gen, das Anwer­ben von Kinder­sol­dat­en, Verge­wal­ti­gun­gen, Flucht und Vertrei­bun­gen sind in Teil­ge­bi­eten des zer­fal­l­en­den Staates an der Tage­sor­d­nung. Ende 2008 nah­men die Span­nun­gen zwis­chen ver­schiede­nen eth­nis­chen Grup­pen und Gemein­den wieder zu. Schut­zlos­es Opfer der kriegerischen Auseinan­der­set­zun­gen ist die Zivil­bevölkerung. Die Abschiebung würde für die Cot­tbuser Fam­i­lie M. bedeuten, in ein Land zurück­kehren zu müssen, das — wie die UNO im Feb­ru­ar 2009 fest­stellte — kurz vor ein­er human­itären Katas­tro­phe steht.

Am 1. August 2006 wur­den Jean Mpe­ka und Hor­tance M., die mit ihren Kindern unter­wegs waren, mit­ten im Cot­tbuser Stadt­teil Sach­sendorf von mehreren Per­so­n­en ras­sis­tisch ange­grif­f­en. Ein damals 24-Jähriger beschimpfte Her­rn M. als »Scheiß­neger«. Ein junges Mäd­chen ging seine Frau aggres­siv an und dro­hte mit ein­er Bier­flasche. Ein Schlag auf den Arm von Her­rn M. hin­ter­ließ keine Ver­let­zun­gen. Physis­che Fol­gen hat­te der ras­sis­tis­che Angriff nicht. Was blieb und sich ver­stärk­te: ein Gefühl der ständi­gen Bedrohung.

Sollte die Fam­i­lie M. abgeschoben wer­den, wäre dies ein fatales Sig­nal an die Täter. Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg und der Vere­in Opfer­per­spek­tive fordern ein Bleiberecht aus human­itären Grün­den für die Familie:

  • weil die men­schrechtliche Lage in der DRK ein sicheres Leben ohne kör­per­liche wie psy­chis­che Schä­den der Fam­i­lie nicht ermöglicht,
  • weil ein Bleiberecht ein deut­lich­es Sig­nal gegen rechte Gewalt und Ras­sis­mus wäre und der poli­tis­chen und gesellschaftlichen Ver­ant­wor­tung gegenüber der Fam­i­lie M. gerecht wer­den würde. Den­jeni­gen, die Migran­tinnen und Migranten mit Gewalt aus dem Land jagen wollen, würde gezeigt, dass ihre poli­tis­chen Ziele geächtet wer­den und mit einem klaren Beken­nt­nis der Sol­i­dar­ität durch ein Bleiberecht für Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt geantwortet.

Infor­ma­tio­nen

Gesa Köb­ber­ling (Opfer­per­spek­tive) 0151 59100085

Antje Sim­nack (Flüchtlingsrat Bran­den­burg) 0151 27008574

Abschiebung der Cot­tbuser Fam­i­lie M. ver­hin­dern! (Aufruf des Cot­tbusser Auf­bruchs mit Link zur Peti­tion gegen die dro­hende Abschiebung.)

Inforiot