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Gender & Sexualität

Gerechtigkeit für die getötete Nahid

Nach einem grausamen Fem­izid* in Cot­tbus am 17.05.2020 ste­hen drei Kinder im Alter von drei, sechs und zehn Jahren alleine da. Ihre Mut­ter wurde von deren Vater, von dem sie bere­its getren­nt lebte, getötet. Die Kinder waren der gewaltvollen Sit­u­a­tion aus­geliefert und mussten alles mitanse­hen. Derzeit befind­en sich die drei Kinder in Obhut der Ämter. Die bei­den Brüder ihrer Mut­ter Nahid set­zen sich momen­tan tatkräftig für best­mögliche Per­spek­tiv­en für sie ein. 

Lei­der sind die finanziellen Mit­tel knapp, sodass auf diesem Weg um Spenden gebeten wird. Bei­de Onkel und ihre Fam­i­lien möcht­en sich um die Kinder küm­mern. Damit dies möglich wird, ist ein Umzug in eine größere Woh­nung notwendig, inkl. Mobil­iar. Dafür benöti­gen sie finanzielle Unterstützung! 

Außer­dem läuft eine strafrechtliche Klage gegen den (mut­maßlichen) Mörder, den Ex-Part­ner und Vater der Kinder, bei der auch Anwalt­skosten für die Neben­klage entste­hen. Für die Beerdi­gungskosten, den Grab­stein und die Grab­stelle fehlen eben­falls Gelder. 

In der großen Trauer um eine tolle Frau, Fre­undin, Schwest­er und Mut­ter bit­ten die Ange­höri­gen um Unter­stützung. Zeigen Sie Sol­i­dar­ität und Anteil­nahme mit einem Spendenbeitrag: 

Spendenkon­to:
Empfänger: Vere­in für ein mul­ti­kul­turelles Europa e.V.
IBAN: DE94180626780204640187
BIC: GENODEF1FWA
Ver­wen­dungszweck: Fem­izid Cottbus 

 

* Als Fem­izid wird die tödliche, geschlechtsspez­i­fis­che Gewalt gegen Frauen beze­ich­net. Der Begriff wird schon seit Mitte der 1970er Jahre benutzt, um For­men tödlich­er, patri­ar­chaler Gewalt gegen Frauen und Queers zu adressieren und um dafür zu kämpfen, dass diese weltweit nicht abbrechen­den Frauen­morde nicht ver­harm­lost wer­den. Die Begrif­flichkeit richtet sich expliz­it gegen eine Kul­tur der Straflosigkeit patri­ar­chaler Gewalt­tat­en vor dem Hin­ter­grund männlich­er Dom­i­nanz. Ein großer Plus­punkt des Begriffs Fem­izid ist, dass dieser Frauen­morde als Phänomen jen­seits kul­tureller Kon­texte sicht­bar macht.”

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Flucht & Migration Wohnen & Stadt

Stadt Potsdam beschließt Auflösung der Sammelunterkünfte

Am gestri­gen Mittwoch, den 3.6.2020 wurde ein Antrag¹ zur Erstel­lung eines Zeit- und Maß­nah­men­plans zur Auflö­sung der Sam­melun­terkün­fte zugun­sten von Woh­nun­gen und woh­nungsähn­lichen Unter­bringun­gen mit großer Mehrheit angenom­men. Der Antrag wurde ursprünglich von der Wähler*innen-Gruppe DIE aNDERE einge­bracht und schließlich von Bünd­nis 90/Die Grü­nen, Die Linke und SPD mit unterze­ich­net. 43 Stadtverord­nete von 53 anwe­senden Stadtverord­neten stimmten dem Antrag zu – bei lediglich 5 Enthal­tun­gen und 5 Nein-Stim­men. Die Stadtver­wal­tung ist nun beauf­tragt, für alle geflüchteten Men­schen in der Stadt Woh­nun­gen bzw. woh­nungsähn­liche Unter­bringun­gen zu schaf­fen. Bewohner*innen der Unterkün­fte dür­fen nicht mehr gezwun­gen wer­den, sich mit haushalts­frem­den Men­schen Schlafz­im­mer, Küche und Bad zu teilen. Die Stadtverord­neten­ver­samm­lung wurde von Protest begleit­et: Refugees Eman­ci­pa­tion ver­anstal­tete eine Kundge­bung und verteilte ein Mem­o­ran­dum mit ihren Forderun­gen². See­brücke Pots­dam und der Migranten­beirat hiel­ten Reden vor der Stadtverord­neten­ver­samm­lung zur Unter­stützung des Antrags.

Die Kri­tik an den Sam­melun­terkün­ften wurde in der Coro­na-Krise beson­ders stark. Die Bewohner*innen in den beengten Behausun­gen sind der Infek­tion­s­ge­fahr mit COVID-19 oft schut­z­los aus­geliefert. Die ver­hängten Quar­an­tä­nen für gesamte Unterkün­fte stießen nicht nur in Poli­tik und Medi­en auf große Kri­tik. Offene Briefe von women in exile und dem Flüchtlingsrat Bran­den­burg³ wiesen schon Ende März – vor den massen­haften Quar­an­tä­nen – auf die beson­dere Gefährdung von Sam­melun­terkün­ften hin. Allein in Pots­dam sind in den let­zten Tagen Hun­derte Men­schen trotz der erschw­erten Bedin­gun­gen unter den Coro­na-Ein­schränkun­gen für die Auflö­sung der Sam­melun­terkün­fte auf die Straße gegan­gen. Ein bre­ites, bran­den­burg­weites Bünd­nis von selb­stor­gan­isierten Migrant*innen-Gruppen wie Refugees Eman­ci­pa­tion bis Aktivist*innen der See­brücke-Ini­tia­tiv­en demon­stri­erten für ein gesun­des, selb­st­bes­timmtes Wohnen mit Privatsphäre.

Seit Jahrzehn­ten kämpfen geflüchtete Men­schen und Unter­stützer-Grup­pen gegen die unhalt­baren Zustände in den Sam­melun­terkün­ften. Der Pots­damer Beschluss zu einem Ausstiegs­plan ist ein Durch­bruch in der bun­desweit­en Debat­te“, stellt See­brücke-Aktivistin Amari Shakur klar und kündigt an: „Wir wer­den nicht lock­er lassen: Die Umset­zung des Beschlusses muss schnell­st­möglich erfol­gen. Die schlimm­sten Sam­melun­terkün­fte müssen sofort aufgelöst wer­den. Auf eine zweite Welle der Coro­na-Pan­demie dür­fen wir nicht warten. Auch ohne Pan­demie-Gefahr: Die Iso­la­tion, das Zusam­menpferchen und die Bevor­mundung von Men­schen müssen endlich ein Ende haben.“

Durch den gemein­samen Protest rück­en die ver­schiede­nen Grup­pen migrantis­ch­er und nicht-migrantis­ch­er Organ­isierung in Pots­dam und Bran­den­burg zusam­men. Selb­st viele Bewohner*innen der Sam­melun­terkün­fte in Pots­dam und im Land Bran­den­burg organ­isieren Protest und lassen sich nicht einschüchtern.

Die Poli­tik kann sich für die näch­ste Zeit warm anziehen – wir sind in unser­er Vielfältigkeit des Aktivis­mus so stark wie lange nicht mehr. Der Kampf um gle­iche Rechte für Alle eint uns und ist noch lange nicht zu Ende. Wir sind gekom­men, um zu bleiben!“ stellt Shakur klar.

 

¹https://egov.potsdam.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=31567
²https://seebruecke.org/wp-content/uploads/2019/01/Memorandum_deutsche-%C3%9Cbersetzung.pdf
³https://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/wp-content/uploads/2020/04/PM_Unterbringung-von-Fl%C3%Bcchtlingen‑w%C3%A4hrend-Corona-Pandemie.pdf

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Flucht & Migration Wohnen & Stadt

Potsdam liegt in Brandenburg

Wir demon­stri­eren heute hier in der Lan­deshaupt­stadt, weil hier der Sitz der Lan­desregierung ist. Hier wer­den die Entschei­dun­gen gefällt, wie die Auf­nahme und Ver­sorgung der Geflüchteten organ­isiert wird, die in Bran­den­burg leben. Auch hier in Pots­dam müssen viele Geflüchtete noch in Sam­melun­terkün­ften wohnen, auch wenn sie schon ein Bleiberecht haben. Wir wollen Woh­nun­gen für alle.

Der Kampf um die Abschaf­fung der Sam­melun­terkün­fte ist hier fast so alt, wie die Unterkün­fte selb­st. Schon seit Jahrzehn­ten engagieren sich Men­schen in Pots­dam dafür, diese Ein­rich­tun­gen aufzulösen. Denn auch schon vor Coro­na war klar, dass das Leben dort ein beengtes, bevor­mundetes, eingeschränk­tes und belas­ten­des ist. Und auch wenn jet­zt immer­hin die Hälfte der Geflüchteten hier schon in Woh­nun­gen und Woh­nungsver­bün­den etwas selb­st­bes­timmter wohnen kann, bleibt für die andere Hälfte das Lager­leben Realität.

Solange wir uns erin­nern kön­nen, argu­men­tiert die Poli­tik in Pots­dam, dass Woh­nun­gen knapp sind – vor allem die preiswerten Woh­nun­gen. Ange­blich seien ein­fach nicht genug Woh­nun­gen da. Und tat­säch­lich müssen sich um die weni­gen miet­preis­ge­bun­de­nen Woh­nun­gen für WBS-Inhab­er_in­nen ALLE stre­it­en, deren Einkom­men mit den Mieten­twick­lun­gen in der Stadt nicht Schritt hal­ten kann. Das bet­rifft Allein­erziehende, Rentner_innen, kinder­re­iche Fam­i­lien, prekär Beschäftigte – und auch Geflüchtete. All diese Men­schen müssen ver­suchen, eine der weni­gen preiswerten Woh­nun­gen zu bekommen. 

Hier ger­at­en alle ärmeren Bevölkerungs­grup­pen in Konkur­renz zueinan­der, während immer mehr Luxus­woh­nun­gen gebaut wer­den. Eine wach­sende Menge von Men­schen mit niedrigem Einkom­men ste­ht also ein­er schrumpfend­en Menge bezahlbaren Wohn­raums gegenüber. Da läuft doch was schief!

Wer schon ein­mal ver­sucht hat, eine WBS-Woh­nung zu bekom­men, weiß: Das ist fast unmöglich. Dieser Zus­tand ist Ergeb­nis ein­er jahre­lan­gen Poli­tik hier in Potsdam:
Sie hat die gemein­nützige Wohn­raumver­sorgung aufgegeben. Sie hat kom­mu­nale Woh­nun­gen pri­vatisiert. Sie hat Immo­bilien­in­ve­storen ange­lockt. Und sie hat die Stadt immer weit­er kom­merzial­isiert – während die Arbeitsver­hält­nisse immer prekär­er gewor­den sind.

In den let­zten Jahren wur­den in Pots­dam ganz viele Woh­nun­gen neu gebaut. Aber lei­der kaum von der städtis­chen ProPots­dam. Deren Anteil am Woh­nungs­markt ist auf unter 20 Prozent gefall­en. Stattdessen bauen hier die pri­vat­en Inve­storen, deren Anteil immer weit­er steigt. Zwar baut auch die kom­mu­nale ProPots­dam – aber vor allem teure Woh­nun­gen. Denn die sollen ja Gewinn abwerfen. 

Deswe­gen glauben wir nicht, dass es ange­blich in all den Jahren nicht möglich war, Alter­na­tiv­en zu den Sam­melun­terkün­ften zu schaf­fen. Das wird klar, wenn wir in andere Land­kreise und kre­is­freie Städte in Bran­den­burg schauen. Dort ist die Lage auf dem Woh­nungs­markt deut­lich entspan­nter. Durch jahre­lange Schrump­fung ste­hen sog­ar Woh­nun­gen leer. Trotz­dem gibt es dort weit­er­hin Sam­melun­terkün­fte. Und Geflüchtete wer­den nicht dezen­tral in Woh­nun­gen unterge­bracht – obwohl das Bran­den­burg­er Inte­gra­tionskonzept das vorsieht.

Wir wollen eine Stadt für alle. Wir fordern eine sofor­tige Wende in der Wohnungspolitik:
Städte wie Pots­dam dür­fen nicht länger den Pri­vat­in­ve­storen den roten Tep­pich aus­rollen und noch die let­zten Flächen verkaufen. Stattdessen müssen städtis­che und gemein­nützige Woh­nung­sun­ternehmen Wohn­raum schaf­fen – und zwar bezahlbare Woh­nun­gen für alle: für Geflüchtete genau­so wie für hier Aufgewachsene.

Für ein Recht auf Wohnen für alle,

und vor allem: Peo­ple bevor Prof­its – alle Lager auflösen!

Inforiot