Für Samstag, den 5. März 2016, plant das rassistische und nationalistische „Bürgerbündnis Deutschland“ eine Großdemo im havelländischen Rathenow (Brandenburg). Die Rassist*innen wollen sich zunächst ab 14.00 Uhr auf dem Märkischen Platz im Rathenower Zentrum versammeln und dann durch die Neustadt marschieren. Der Veranstalter erwartet mindestens 800 Teilnehmer*innen – eine Zahl die durchaus reell erscheint.
Peripherer Aufmarsch als Strategie
Denn während in den nahen Mittel- und Großstädten, wie Brandenburg an der Havel, Potsdam oder Berlin rassistische Aufmärsche nur wenige Sympathisant*innen anlocken oder den Rassist*innen durch starke Proteste ein eiskalter Wind entgegenweht, sind kleinere, zivilgesellschaftlich oder antifaschistisch eher schwach strukturierte Städte, wie Oranienburg, Lübben oder eben auch Rathenow, mit den kontinuierlichen und vor allem deutlich massiveren Auftritten der Menschenfeinde deutlich überfordert. PEGIDA-Ableger, „Abendspaziergänger“ oder eben auch vermeintliche „Bürgerbündnisse“ haben diese Chance erkannt und überziehen deshalb die gesamte Region mit Daueraufmärschen und ähnlichen Propaganda-Shitstorms. Neu dabei ist, dass diese Gruppen sich auch untereinander immer weiter vernetzen, um noch weiter auszustrahlen und letztendlich noch größere Aufmärsche zu forcieren.
Nationalistisches Netzwerk will marschieren
Eine dieser Vernetzungen ist beispielsweise das „Bürgerbündnis Deutschland“, welches sich aus dem seit Oktober 2015 aktiven „Bürgerbündnis Havelland“ sowie dessen Kontakte entwickelt hat. Es versteht sich als Netzwerk von ähnlich gesinnten Initiativen und Einzelpersonen aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Berlin. Eine klare Abgrenzung zur extremen Rechten gibt es dabei nicht. Auch nicht zum militanten Neonazimilieu. Nahezu allen im Bürgerbündnis Deutschland vernetzten Initiativen können so beispielsweise Verbindungen zu extrem rechten Organisationen, von der AfD, über NPD, bis zu DIE.RECHTE und dem III. Weg nachgewiesen werden. Selbst die „Freien Kräfte Neuruppin /Osthavelland“, eine bundesweit vernetzte Neonazivereinigung, und die verbotene „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ („Spreelichter“) sind durch Stellvertreter- oder Ersatzinitiativen vertreten. Dazu kommt noch die so genannte EinProzent Kampagne mit der noch eine viel größere, bundesweite Vernetzung der extremen Rechten angestrebt wird.
Stammtischredner empfiehlt sich als Bundes-Führer
Als Anführer des Bürgerbündnisses Deutschlands gilt der Immobilienmakler Nico Tews aus der Gemeinde Kotzen (Ortsteil Landin) bei Rathenow. Das ehemalige CDU Mitglied, das bis Oktober 2015 keine nennenswerte Rolle in der havelländischen Kommunalpolitik spielte, hat sich mittlerweile durch seine Aktivitäten beim „Bürgerbündnis Havelland“ in der regionalen PEGIDA-Sympathisant*innenszene profiliert. Selbstgefällig versucht der Egomane aus dieser Position die regionale Politik zu diktieren. Diesbezüglich ist auch ein stetiger Radikalisierungstrend zu erkennen. Wurde anfangs immer wieder die strickte Bürgerlichkeit des von ihm und einer weiteren Person geführten Volksmobs beschworen, lassen sich die heute immer offener auftretenden rassistischen und faschistoiden Wesensmerkmale dieser Bewegung kaum noch leugnen. Tews selber hatte außerdem während einer Kundgebung der PEGIDA Havelland betont, dass es ihm mittlerweile egal sei, ob er als „Fremdenhasser“ bezeichnet werde, so lange es Deutschland diene.
Das Problem heißt Rassismus
Das Rassismus aber längst kein Phänomen von einigen wenigen größenwahnsinnigen Stammtisch-Apologeten ist, sondern wieder als breites gesellschaftliches Problem hinter der bröckeln Fassade eines vermeintlich weltoffenen und toleranten Landes zum Vorschein kommt, beweisen die ständigen Versammlungen dieser so genannten besorgten Bürger*innen, Übergriffe auf Geflüchtete oder Brandanschläge auf deren Unterkünfte im gesamten Bundesgebiet. Auch in Rathenow ist diese Entwicklung deutlich erkennbar. Seit Oktober 2015 nahmen an den bisher zehn Versammlungen kontinuierlich zwischen 300 und 600 Personen, darunter einige Neonazis, aber eben auch viele zuvor kaum politisch aktive Bürger*innen, teil. Trotzdem gelang es den führenden Köpfen dieses Bürgerbündnisses über Wochen hinweg durch permanente Hass-Propaganda im Internet, demagogischen Reden auf den Kundgebungen und aggressive Märsche in Rathenow nicht nur ein Klima der Hysterie zu erzeugen, sondern eben auch die tendenziös geführte Debatte tief in die vielbeschworene Mitte der Gesellschaft zu tragen. Ein Vorstoß, welcher der NPD oder anderen in Brandenburg oder speziell in Rathenow aktiven extrem rechten bzw. neonazistischen Organisation im Vorfeld bisher nicht gelang. Verschwunden sind diese Strukturen jedoch deshalb bei weitem nicht, sie haben sich vielmehr unter diese neuen Volksbewegung gemischt und versuchen dort, teils verborgen, teils ganz offen, vor allem völkische oder rassistische Versatzstücke in die Debatte einzuflechten. Bisweilen werden die bündlerischen Aufzüge auch für neonazistische Propagandaaktionen genutzt. Auch die Gewalt gegen Geflüchtete hat in den letzten Wochen im Kontext der Asyldebatte, nach Jahren der Ruhe, wieder deutlich zugenommen. Erst am 12. Und 13. Februar diesen Jahres registrierte die Polizei zwei mutmaßlich rassistisch motivierte Gewaltdelikte gegen Menschen, die in Rathenow Schutz vor Verfolgung in ihren Heimatländern gesucht hatten.
Solidarität statt Hass
Diese kontinuierliche Entfaltung von Menschenfeindlichkeit gilt es zeitnah entgegen zu wirken. Dass dies nur in einem solidarischen Miteinander geschehen kann, sollte sich dabei von selbst verstehen. Dem bisherigen Ellbogenprinzip, in dem die Menschen (wirtschafts)systembedingt zu einem Konkurrenzkampf um Ressourcen vereinzelt, mithilfe willkürliche Grenzziehungen voneinander getrennt und entfremdet oder durch geschlechtsspezifische Rollenmodelle als Ungleiche unter Gleichen isoliert werden, wollen wir künftig die Kraft der Solidarität entgegensetzen und gemeinsam die Herausforderungen unserer Zeit annehmen.
Aktionen am 5. März
Als erstes eigenes Zeichen wollen wir deshalb am 5. März 2016 gemeinsam und mit vielfältigen Aktionen dem geplanten rassistischen Großaufmarsch entgegentreten. Dabei wollen wir zunächst, in Anlehnung an die antirassistische Demonstration im Januar diesen Jahres, eigene Akzente setzen. Wir rufen deshalb alle engagierten Menschen dazu auf, ab 12.00 Uhr am Dunckerplatz, direkt vor dem Rathenower Bahnhof, zu erscheinen. Von dort aus werden wir als Demonstrationszug durch die Stadt, bis ins Zentrum, in die Nähe des Aufmarschortes des Bürgerbündnisses Deutschland, gehen. Das „Bürgerbündnis“ hat seine Veranstaltung von 14.00 bis 21.00 Uhr auf dem Märkischen Platz in Rathenow angemeldet. Dieser Ort markiert das Stadtzentrum und ist im Wesentlichen über drei Zugangspunkte erreichbar. Der westliche Zugang erfolgt über die Berliner Straße Ecke Wilhelm Külz Straße. In diesem Bereich, genauer gesagt am August Bebel Platz, hat das Aktionsbündnis Rathenow: Miteinander Füreinander die zentrale Gegenveranstaltung der Zivilgesellschaft angemeldet. Die Kundgebung wird ab 14.00 Uhr durchgeführt und befindet sich in unmittelbarer Nähe des Endpunktes der antifaschistischen Demonstration. Weitere Zugänge zum Märkischen Platz gibt es über die Berliner Straße Ecke Puschkinstraße über die Goethestraße Ecke Forststraße. In letztgenanntem Bereich starteten bisher auch die Abendspaziergänge des „Bürgerbündnisses Havelland“.
Genauere Infos werden in den nächsten Tagen noch folgen!
Rassistische Großdemo stoppen!
Für eine solidarische Gesellschaft, gegen Hetze und Ausgrenzung!
Autor: Shaun
Der 23. Februar mag in Rathenow kein ungewöhnlicher Tag mehr zum demonstrieren zu sein. Nahezu alle zwei Wochen hat die havelländische Kreisstadt ja mittlerweile mit Aufmärschen des rechtsoffenen „Bürgerbündnisses Havelland“ zu rechnen. Ebenso ist es inzwischen normal das Neonazis auf diesen Aufzügen nicht nur geduldet, sondern sich auch teilweise recht freizügig entfalten können. Eine Einladung, die das aktionsorientierte Neonazimilieu offenbar gerne annimmt, zumal dieser 23. Februar für sie auch eine ganz besondere Bedeutung hat. Es ist nämlich der Todestag von Horst Wessel, ein Tag den Neonazis gerne zum Andenken an den 1930 getöteten SA Sturmführer nutzen. Offenbar auch an diesem Dienstagabend. Mehrere Neonazis aus Premnitz und Potsdam, darunter Mitglieder und Sympathisant_innen der verbotenen Kameradschaft Hauptvolk sowie der Sänger Rechtsrock-Band „Preussenstolz“, trugen während des „Abendspaziergangs“ nämlich mehrere auffällige Holzkreuze und Grablichter, die offensichtlich an einen Verstorbenen erinnern sollten. Das damit tatsächlich Horst Wessel gemeint war ist natürlich reine Spekulation, würde aber zur typischen Vorgehensweise dieses Personenkreises passen. Erst vor drei Monaten nutzten beispielsweise Rathenower und Premnitzer Neonazis eine Versammlung des Bürgerbündnisses Havelland, die in zeitlicher Nähe zum nationalsozialistischen „Gedenktag für die Gefallenen der Bewegung“ (9. November 1923) lag, bzw. den anschließenden „Abendspaziergang“ durch die Goethestraße (bis 1945 „Straße des SA“), um dem Aufzug den Charakter eines nazistischen „Fackelmarsches“ zu geben.
Neonazis werden offensichtlicher
Diese offensichtliche Symbolik scheint auch immer mehr Bürger_innen abzuschrecken, die Anfangs mit der vermeintlich bürgerlichen Protestbewegung sympathisiert haben. Dennoch ist die Teilnehmer_innenzahl der gesamten Versammlung wieder auf bis zu 350, nach einem ersten Abwärtstrend von 550 (am 12.01) auf 400 (am 26.01.) und 300 (am 09.02.), wieder leicht angestiegen zu sein. Eine Verstärkung des bürgerlichen Klientels konnte jedoch nicht beobachtet werden. Es scheint eher so, dass die extreme Rechte auf dem Platz stärken geworden ist bzw. diese bewusst mehr wahrnehmbar ist. Insbesondere der Rathenower NPD Stadtverordnete Michel Müller scheint sich dabei als Strippenzieher im Hintergrund zu bestätigen, wie einige Fotos offenbaren. Die Rolle des Christian Kaiser, der als presserechtlich Verantwortliche auch de facto Chef des „Bürgerbündnisses Havelland“ ist, liegt dagegen offenbar hauptsächlich nur darin, die Veranstaltungen anzumelden und gegebenenfalls ein paar Stammtischreden zu schwingen. Das Kaiser in seinen Redebeiträgen aber oft auch sehr direkt und persönlich gegen vermeintliche „Volksverräter“ und „Medien“ wird, kommt der extremen Rechten dabei noch zusätzlich zu Gute, genau wie seine permanente Hetze gegen Flüchtlinge oder die Regierung Merkel, die offenbar vor allem wegen der Aufnahme von Flüchtlingen angefeindet wird.
Übergriffe auf Flüchtlinge in Rathenow
Das diese Rhetorik in Rathenow anscheinend nun auch handfesten Dimensionen annimmt, dürfte dagegen absehbar gewesen sein. Wie die Polizei bereits in der vergangenen Woche berichtete, sollen nämlich an zwei aufeinander folgenden Tagen in Rathenow mehrere Flüchtlinge von Unbekannten attackiert worden sein.
Am Abend des 12. Februars 2016 sollen zunächst zwei Syrer von drei Männern am Rathenower Bahnhof verfolgt und anschließend mit einem Gegenstand beworfen worden sein. Das geworfene Objekt soll die Flüchtlinge allerdings verfehlt haben und bei der späteren Untersuchung des Falls durch die Polizei nicht mehr auffindbar gewesen sein, ebenso wie die drei Männer.
Ähnlich erfolglos blieb bisher anscheinend auch die Fahndung nach drei weiteren Männern, die am Morgen des 13. Februars 2016 zwei Albaner in der Berliner Straße attackiert haben sollen. Die unbekannten Täter schlugen, gemäß Polizeiangaben, dabei auf einen der Betroffenen ein und besprühten Beide anschließend mit Reizgas.Bei der Flucht vor den aggressiven Männern sollen die Angegriffenen ein mitgeführtes Fahrrad zurückgelassen haben. Als sie dieses einige Zeit später holen wollten, war das Zweirad verschwunden.
Ob zwischen den beiden Fällen ein Zusammenhang besteht, teilte die Polizei nicht mit.
Blendutensil auf Versammlung beschlagnahmt
Weitere Ermittlungen hat die Polizei offenbar auch während der heutigen Veranstaltung des „Bürgerbündnisses Havelland“ gegen einen Versammlungsteilnehmer aufgenommen. Der Mann soll im Verdacht stehen einen Fotografen mehrfach mit einem gebündelten Lichtstrahl geblendet zu haben. Geprüft soll in diesem Zusammenhang auch werden, ob derartige Technik überhaupt in der Bundesrepublik zulässig sei. Das Gerät wurde als Beweisstück sichergestellt.
Gegendemonstrant_innen bereiten sich auf 5. März vor
Neben dem „Bürgerbündnis Havelland“ hatte sich heute übrigens auch die Rathenower Zivilgesellschaft zu ihrer stillen Protestkundgebung auf dem August-Bebel-Platz versammelt. Dabei kamen ungefähr 80 Menschen zusammen. Zu einer direkten Konfrontation mit dem „Bürgerbündnis Havelland“ kam es jedoch nicht. Als letzt genanntes am Bebelplatz vorbeizog, war die Kundgebung der Zivilgesellschaft schon längst beendet. Mit dem fremdenfeindlichen und rechtsoffenen Versammlungen abfinden möchte sich das zivilgesellschaftliche Aktionsbündnis in Rathenow jedoch anscheinend nicht. Es konzentriere sich momentan eher auf die Organisierung von Protesten gegen eine geplante und überregional beworbene Großdemo des rechtsoffenen „Bürgerbündnisses Deutschland“ am Samstag, den 5. März 2016, um 14.00 Uhr. Zu dieser Versammlung werden, gemäß Veranstalter, bis zu 800 Personen plus x erwartet.
Fotos:
Presseservice Rathenow
Sören Kohlhuber
Anlässlich einer ersten Kundgebung der rechtspopulistischen AfD in Neuruppin haben am frühen Abend mehrere hundert Menschen für die Unterstützung von Flüchtlingen protestiert. Gleichzeitig wurden Hass und Rassismus eine Absage erteilt. Die Protestveranstaltung wurde hauptsächlich von zivilgesellschaftlichen Initiativen aus Neuruppin, Fehrbellin und Wittstock/Dosse getragen und zog ungefähr 300 Menschen, darunter auch viele Flüchtlinge an. Neben klaren Statements gegen die flüchtlingsfeindliche Abschottungspolemik AfD wurde hier aber auch ein kulturelles Begleitprogramm mit viel Musik und Tanz geboten.
Die Alternative für Deutschland führte ihre Versammlung dagegen eher wie einen öffentlichen Stammtisch durch. Von einer auf einem Lkw aufgebauten Bühne polemisierten mehrere Funktionäre der Partei zu Flüchtlingen, dem Islam, der Distanz zu „Links“ und „Rechts“, explizit dann noch einmal gegen vermeintlichen „Linksfaschismus“ und ähnlichen Themen, die so auch bei PEGIDA-Veranstaltungen angesprochen geworden wären. Allerdings scheinen derartige Versammlungen im Norden Brandenburgs momentan nicht wirklich zu ziehen. Gerade einmal rund 100 Sympathisant_innen waren zu der heutigen Veranstaltung in Neuruppin erschienen. Mehrere ähnliche Versammlungen in Pritzwalk (Landkreis Prignitz) hatten zuvor ebenfalls kaum mehr Menschen angelockt.
Aufmerksam begleitet wurde die heutige AfD-Kundgebung in Neuruppin jedoch von einzelnen Funktionären und Sympathisant_innen der regionalen NPD, darunter der Neuruppiner Stadtverordnete Dave Trick und Pierre B. aus Nauen, die sich unter die Versammlungsteilnehmer_innen gemischt hatten. Beide saßen unlängst auf der Anklagebank, weil sie im Jahr 2014 einen linken Wahlhelfer angegriffen haben sollen. Sowohl Trick als auch B. wurden in erster Instanz zu Bewährungsstrafen verurteilt, legten jedoch Rechtsmittel gegen den Rechtsspruch ein.
Fotos: hier
Anlässlich des 20. Todestages von Sven Beuter erinnerten antifaschistische Gruppen und Initiativen aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Berlin heute gemeinsam im Rahmen einer Gedenkdemonstration an den durch Naziskins Getöteten. Die Veranstaltung begann am Brandenburger Hauptbahnhof und frequentierte bestimmte Orte im Stadtgebiete, die in Verbindung mit dem Leben des Punks standen. Unter anderem ging es durch sein ehemaliges Wohngebiet in der Altstadt und den Bereich des tödlichen Übergriffs in der Neustadt vorbei. An letzt genanntem Ort fand auch eine größere Zwischenkundgebung mit Gedenkzeremonie statt. Insgesamt beteiligten ungefähr 300 Menschen an der Antifa-Demonstration.
Sven Beuter wurde am 15. Februar 1996 von mutmaßlich mehreren Personen überfallen und brutal zusammengeschlagen und getreten. Er erlag wenig später seinen schweren Verletzungen im Brandenburger Krankenhaus. Als Haupttäter wurde der Naziskin Sascha L. ermittelt und rechtskräftig verurteilt. Trotz jahrelanger Inhaftierung ist dieser auch heute noch dem neonazistischen Milieu treu ergeben und oft bei einschlägigen Aufmärschen zu sehen. Im letzten Jahr provozierte L. sogar beim Gedenkspaziergang anlässlich des 19. Todestag von Sven Beuter.
Fotos:
Presseservice Rathenow
PM Cheung
Michael Eulenbrink
Ney Sommerfeld
Gegen eine Kundgebung der NPD haben mehrere Menschen am Samstagvormittag in Brück (Landkreis Potsdam-Mittelmark) spontan protestiert. Mit Trommeln und Trillerpfeifen wurde die Veranstaltung lautstark begleitet.
Die NPD hatte ihre Versammlung zunächst für 12.00 Uhr als Marsch von der Bahnhaltestelle zum örtlichen Kriegerehrenmal angemeldet, jedoch nicht öffentlich beworben. Nachdem der Termin dennoch der Öffentlichkeit bekannt wurde, hatten Gegner_innen der Partei Plakate mit der Aufschrift „Schöner Leben ohne Nazis“ u.Ä. angebracht, das Kenotaph verhüllt und zu Protesten aufgerufen. Die NPD verlegte daraufhin ihre Veranstaltung, in Absprache mit der Polizei, um zwei Stunden nach vorne, auf 10.00 Uhr. Den Protest verhindern, konnte die Partei damit jedoch nicht.
An der NPD Versammlung beteiligten sich ungefähr 20–30 Personen aus den Landkreisen Potsdam-Mittelmark und Dahme-Spreewald. Derselbe Personenkreis führte anschließend auch eine Kundgebung in der mittelmärkischen Kreisstadt Bad Belzig durch.
Fotos: hier
Am Vormittag haben erneut dutzende Menschen gegen einen wiederholten Aufmarsch von Neonazis im Plattenburger Ortsteil Glöwen protestiert.
Zweiter Aufmarsch
Überregionale Neonaziaktion
Insgesamt beteiligten sich ungefähr 80 Sympathisant_innen des neonazistischen Milieus aus Brandenburg (Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Havelland, Brandenburg an der Havel) und Sachsen-Anhalt (Stendal) an der gemeinsamen Versammlung von „Freien Kräfte Neuruppin“ und „Freie Kräfte Prignitz“.
Breites zivilgesellschaftliches Protestbündnis
Gegen die Veranstaltung hatte sich wieder ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis mit Vertreter_innen von LINKE, SPD, Grüne, CDU sowie die Bürgermeisterinnen von Perleberg und Plattenburg und auch dem Landrat der Prignitz aufgestellt. An dieser Versammlung beteiligten sich ebenfalls bis zu 80 Menschen.
Fotos: hier
Am frühen Abend haben in Leegebruch (Landkreis Oberhavel) ungefähr 320 Menschen gegen Rassismus und für die Solidarität mit Flüchtlingen demonstriert. Zu der Versammlung hatten u.a. der DGB, DIE.LINKE, die SPD und die Grünen aufgerufen.
Anlass der zivilgesellschaftlichen Demonstration war ein so genannter Abendspaziergang von Flüchtlingsgegnern, Rassist_innen und Neonazis. An dieser Veranstaltung beteiligten sich ca. 230 Personen aus den Landkreisen Oberhavel und Ostprignitz-Ruppin. Es wurden mehrere Redebeiträge gehalten und ein kurzer Marsch durch den Ort durchgeführt.
Der „Abendspaziergang“ ist das Ausdrucksmittel für PEGIDA-Sympathisant_innen im Landkreis Oberhavel. Ausgehend von der Kreisstadt Oranienburg verbreitete sich dieses Konzept seit 2014 im gesamten Kreis, u.a. auch in Zehdenick und Velten, und sogar darüber hinaus, beispielsweise in Rheinsberg (Landkreis Ostprignitz-Ruppin). Hinter diesen Abendspaziergängen findet sich jedoch stets dieselbe Organisationsstruktur. Diese steht offensichtlich mit der NPD und ihr nahestehenden Initiativen in Verbindung. Eine Schlüsselrolle fällt dabei regelmäßig dem Veltener Stadtverordneten Robert Wolinski (NPD) zu.
Fotos:
Presseservice Rathenow
Sören Kohlhuber
Die personelle Talfahrt des rechtsoffenen „Bürgerbündnisses Havelland“ hat sich auch am heutigen Veranstaltungstag fortgesetzt. Nahmen vor zwei Wochen ungefähr 400 Personen an der Bündler-Versammlung teil, waren es heute maximal noch 300. Vor vier Wochen waren es noch 550. An einer Veranstaltung des zivilgesellschaftlichen Aktionsbündnisses „Rathenow zeigt Flagge“, die sich gegen Fremdenhass aussprach, beteiligten ungefähr 100 Menschen.
Zivilgesellschaft: Feuertonne etabliert sich
Auch wenn die Versammlungen der Rathenower Zivilgesellschaft auf dem August-Bebel-Platz nach wie vor deutlich weniger Menschen frequentieren als die des „Bürgerbündnisses Havelland“, hat sich dort doch ein kleiner, entschlossener Kern von Menschen gebildet, der fest entschlossen scheint auch weiterhin für „Toleranz, Menschlichkeit und Nächstenliebe“ zu werben. Symbolisch dafür steht u.a. die wärmende Feuertonne, die statt platter Hetze zu gemütlichen Gesprächen einlud. Dennoch wurde aber auch heut nicht davor zurückgescheut, mit Plakaten und Transparenten etwas deutlicher gegen Fremdenhass zu protestieren. Eine direkte, verbale Konfrontation mit Sympathisant_innen des „Bürgerbündnis Havelland“ gab es jedoch nicht, da deren Aufzug weitab vom Bebelplatz, durch die Altstadt zog.
Vorgetäuschter Cyberangriff auf Bürgerbündnis
Für Heiterkeit sorgte hingegen bereits am Nachmittag ein scheinbarer „Cyberangriff“ auf zwei vermeintliche Internetdomains des „Bürgerbündnisses Deutschland“. Die anonym handelnden „Freunde der toten Kinder“ hatten sich um die Mittagszeit via Email dazu bekannt. Demnach seien die „Internet-Domains
bürgerbündnis-deutschland.de undbuergerbuendnisdeutschland.de […] dauerhaft auf die Webseite der Tageszeitung Neues Deutschland verlinkt“ worden. In dem „Bekennerschreiben“ heißt es als Rechtfertigung, dass der „anmaßende Name“ [Bürgerbündnis Deutschland] den „rechten Hasspredigern nicht widerstandslos“ überlassen werde. „Das wirkliche deutsche Volk“habe nämlich„Herz und Verstand“ und sei „angesichts der humanitären Katastrophe an Europas Außengrenzen für rechte Hetze nicht zu haben“, so die „Freunde der toten Kinder“. Einen tatsächlichen Hackerangriff auf das „Bürgerbündnis Deutschland“ hat es allerdings nie gegeben. Die von den „Freunden der toten Kinder“ benannten Domainswurdenbereits am 1. Februar 2016 von der Tageszeitung „Neues Deutschland“ ordnungsgemäß angemeldet. Die Adressen sehender Original-URL lediglich in der Schreibweise zum Verwechseln ähnlich. Auch das „Bürgerbündnis Deutschland“ hat inzwischen in einem sozialen Internetnetzwerk bestritten, Opfer eines „Cyberangriffs“ geworden zu sein. Dennoch scheint die Spaßguerilla-Aktion der „Freunde der toten Kinder“ seine Wirkung nicht verfehlt zu haben. Das „Bürgerbündnis Deutschland“, das bisher mit Hysterie und Desinformation für Unruhe in Rathenow und Umgebung sorgte, war nun erstmals selber in die Defensive und damit unter Rechtfertigungsdruck geraten.
Bürgerbündnis: Weniger Bürger_innen, mehr Hass
Das „Bürgerbündnis Deutschland“ scheint momentan ohnehin geschwächt. Zwischen dessen Betreiber Nico Tews und dem Anführer des „Bürgerbündnisses Havelland“, Christian Kaiser, soll es nämlich zum Bruch gekommen sein. Tatsächlich fehlte heute sowohl Tews als auch dessen Bühnenkonstruktion. Stattdessen hatte Kaiser ein neues Podium organisiert und maßgeblich durch die heutige Veranstaltung geführt. Qualitativ blieb er allerdings unter dem ohnehin schon niedrigen Niveau. Seine Redebeiträge wirkten diesmal sogar noch plumper und unüberlegter als die von vergangenen Veranstaltungen. So stimmte er wieder Hetztiraden gegen Flüchtlinge und Medien an und warb zudem offen für die extrem rechten Zeitschriften „Compact“ und „Junge Freiheit“. Der an den Anfang seines Redebeitrages vorgetragene Vorsatz wieder bürgerlicher zu werden, um wieder mehr Bürger_innen zu ziehen, war damit schon kurze Zeit später obsolet. Auch der nächst Redner, ein Dr. Erler, machte aus seinen Sympathien zu rechten Kreisen keinen Hehl. „Er wolle hier keine Werbung für die AfD machen“, so Erler, aber Frauke Petry, Björn Höcke und Alexander Gauland würden ihm schon sehr gut gefallen. Auch die anderen beiden Redner Ralf Maasch und Martin Knaak aus Stendal suchten auch eher die Nähe zu rechten und rechtsangehauchten, verschwörungstheoretischen Thesen. Dem Bündler-Anhang konnte dies indes nur recht sein. Nicht weil jetzt unbedingt mehr Rechte kommen, sondern weil sich die bürgerlichen Reihen immer weiter lichten. Gleichbleibend hoch bleibt hingegen der Anteil bekannter Neonazis aus Rathenow, Premnitz, Nauen, Ketzin/Havel, Potsdam und Havelberg sowie Abordnungen rechtsoffener, PEGIDA-ähnlicher Initiativen wie die „Bürgerbewegung Altmark“ oder „PO-GI-DA“.
Fotos: hier
Am Vormittag protestierten ungefähr 160 Menschen im Plattenburger Ortsteil Glöwen (Landkreis Prignitz) gegen eine Versammlung von ca. 90 Neonazis. Die überparteiliche Protestveranstaltung wurde vom Landtagsabgeordneten Thomas Domres (DIE.LINKE) angemeldet. An einem so genannten Bürgerfrühstück der Gemeinde beteiligten sich zuvor zu dem ungefähr 50 Menschen, darunter auch viele im Ort untergebrachte Flüchtlinge.
Überregionaler Neonaziauflauf
Die neonazistische Versammlung zog hingegen vor allem auswärtige Sympathisant_innen. Der Großteil der Neonazis reiste aus fast großen Teilen Brandenburgs (Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Havelland, Brandenburg an der Havel, Potsdam, Oder-Spree), aus Sachsen-Anhalt (Stendal) und Mecklenburg-Vorpommern (Ludwigslust-Parchim) an. Selbst die veranstaltenden Organisationen, die „Freien Kräfte Neuruppin“ (FKN) und die „Freien Kräfte Prignitz“, waren aus dem Raum Wittenberge bzw. Neuruppin und Nauen-Ketzin/Havel hauptsächlich mit dem Zug angereist. In einer 50-köpfigen Personengruppe zogen die Neonazis dann von der Bahnhaltestelle zunächst die Bahnhofsstraße hoch, Richtung „Bürgerfrühstück“. Dort wurden sie aber dann von der Polizei gestoppt und zu ihrem Kundgebungsort, einer Seitenstraße in einem Plattenbauviertel, zurückgeschickt. Hier fand dann, zwischen zwei Mehrfamilienhäusern die eigentlich angemeldete Kundgebung statt. Als Versammlungsleiter für neonazistische Zusammenkunft und presserechtlich Verantwortlicher für im Ort verteilte Flugblätter war ab da an Christoph Meinecke aus Nauen verantwortlich. Meinecke hielt auch den ersten Redebeitrag, gefolgt von Manuela Kokott (NPD), Marvin Koch (FKN) und Nick Zschirnt (FKN/“Asylhütte in Ketzin? Kannste knicken“).
Vergewaltigungsvorwürfe als Anlass
Vorgeblicher Anlass der neonazistischen Versammlung war eine Serie mutmaßlicher sexueller Übergriffe in Glöwen, die einem jugendlichen Flüchtling aus Afghanistan angelastet wird. Der 16 Jährige soll sich mindestens dreimal an zwei Minderjährigen im Alter von 9 bis 11 Jahren vergangen haben. Gegen den Jugendlichen wird inzwischen polizeilich ermittelt. Ein Haftbefehl gegen den 16 Jährigen sei aber momentan noch, unter Auflagen, außer Vollzug. Die Staatsanwaltschaft soll, laut Informationen der MAZ, aber indes bestrebt sein eine Untersuchungshaft für den mutmaßlichen Sexualstraftäter durchzusetzen.
Politische Instrumentalisierung durch die extreme Rechte
Unter dem Motto: „Friedlich ist nicht, wer schweigt, sondern wer das Unrecht beim Namen nennt“, einem Zitat der in die Schweiz emigrierten deutschen Lyrikerin Anke Maggauer-Kirsche, versuchten die Neonazis nun aus der mutmaßlichen Straftat politisches Kapital zu schlagen und gegen Flüchtlinge sowie Ausländer im Allgemeinen zu hetzen. Manuela Kokott sprach in ihrem Redebeitrag so beispielsweise von „unzivilisierten Asylschmarotzern“ und „Invasoren“, wenn sie bezug auf Flüchtlinge nahm, und vom Import „illegaler Einwanderer“ sowie „Asylantenhaltung“, wenn sie gegen die Regierung zu ausholte. Zudem seien die Regierenden ohnehin „Volksverräter“ und Kriminelle. Damit lag Kokotts Redebeitrag auf einer Welle mit dem bereits in einem sozialen Internetnetzwerk verbreitetem Aufruf der „Freien Kräfte“, in dem die anlassgebende Tat als „Konsequenz verfehlter Politik“ dargestellt wurde. Explizit wurde diesbezüglich die Bundeskanzlerin als Verantwortliche genannt. Diese ist momentan ohnehin Thema zahlreicher Versammlungen vermeintlicher „Bürgerbündnisse“ nach dem Vorbild der rechtsoffenen bis extrem rechten PEGIDA-Bewegung. Die Anknüpfung an derartige Initiativen bzw. ihre Gewinnung als Bündnispartner scheint deshalb von den veranstaltenden, neonazistischen Organisationen beabsichtigt.
Versuche zur Initiierung einer extrem rechten Volksbewegung
Die regionalen „Freie Kräfte“ versuchen schon seit Jahren mit verschiedenen Themen und zum Teil skurrilen Leitgedanken eine rechte Volksbewegung zu initiieren. Mal ging es gegen einen vermeintlichen „Kapitalfaschismus“ in Neuruppin (2010) oder gegen den „Volkstod“ in Wittenberge (2014). Versuche durch derartige Versammlungen gesellschaftliche Schichten außerhalb des eigenen Milieus zu erreichen schlugen jedoch bisher stets fehl oder wurden, wie anlässlich des „Tages der deutschen Arbeit“ in Wittstock/Dosse (2012) oder des „Tages der deutschen Zukunft“ in Neuruppin (2015) durch Aktivitäten überparteilicher Bündnisse verhindert. Lediglich im havelländischen Nauen gelang es Aktivist_innen aus den „Freien Kräften Neuruppin“ sowie der mit ihnen verwobenen, regionalen NPD Struktur mit rassistischen Ressentiments, verpackt als vermeintliche Kritik an der „Asylpolitik“, Teile des örtlichen Bürgertums zu erreichen. Bereits bei einer Stadtverordnetenversammlung im Februar 2015 führte dies zur Eskalation. Wenige Monate später wurde sogar eine als Notunterkunft gedachte Sporthalle durch einen Brandanschlag zerstört.
Anknüpfungsversuche an die „bürgerliche“ Rechte
Trotz der offensichtlich menschenfeindlichen Propaganda und den mutmaßlich daraus resultierenden Taten gelingt es der extremen Rechten aber dennoch immer wieder mit speziell gegen Flüchtlinge ausgelegte Hetze bzw. durch die tägliche Hysterie in den sozialen Internetnetzwerkenan in Teilen der Bevölkerung bestehende Ressentiments gegen Fremde anzuknüpfen und aktive Sympathisant_innen zu gewinnen. Aktuellstes Beispiel ist hierfür das rechtsoffene „Bürgerbündnis Havelland“, das bei seinen Veranstaltungen regelmäßig mehrere hundert Menschen aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Berlin mobilisiert und dabei auch keine Probleme hat mit organisierten Neonazis gemeinsam zu marschieren oder sich gar als „Bürgerbündnis Deutschland“ offiziell mit deren Tarninitiativen zu vernetzen.
Tarninitiative „Asylhütte in Ketzin?“
Eine dieser im „Bürgerbündnis Deutschland“ vernetzten Initiativen ist beispielsweise die Socialmedia-Seite „Asylhütte in Ketzin? Kannste knicken 2.0“, hinter der sich offensichtlich Akteure der „Freien Kräfte Neuruppin“ aus dem Osthavelland verbergen. Zumindest zeigten zwei bekannte Aktivist_innen der FKN während einer PEGIDA-Kundgebung am 23. Januar 2016 in Schönwalde-Glien ein Banner der Ketziner Initiative. Ein dritter Aktivist der „Freien Kräfte Neuruppin“ fotografierte das Ganze und stellte die Aufnahme dem Socialmedia-Auftritt „Asylhütte in Ketzin? Kannste knicken 2.0“ zur Verfügung. Insofern verwundert es auch wenig, das diese Tarninitiative ebenfalls bereits im Vorfeld für die heutige Versammlung der FKN in Glöwen warb und dann auch tatsächlich im Ort erschien. Abermals wurde das Banner mit der markanten Aufschrift: „Asylhütte in Ketzin? Kannste knicken“ gezeigt. Die Person, die es in Schönwalde-Glien fotografierte hatte es heute aus dem Rucksack geholt, an einem Gitter anbringen lassen und wiederum abgelichtet. Später hielt dieser Fotograf, bei dem es sich um Nick Zschirnt aus Ketzin/Havel handelte, auch einen Redebeitrag.
Ziel: „Nationaler Sozialismus“
Die Vernetzung zwischen dem „Bürgerbündnis Deutschland“ und „Freien Kräften“ ist insofern erwähnenswert, weil die „Freien Kräfte“ neben dumpfer, flüchtlingsfeindlicher Hetze eben auch eine explizit neonazistische Weltanschauung vertreten. So lautete bereits das vollständige Motto des Neuruppiner Marsches der FKN im Jahr 2010: „Nationaler Sozialismus statt Kapitalfaschismus“. Der Begriff „Nationaler Sozialismus“, der im neonazistischen Milieu durchaus als Ersatzwortgruppe für „Nationalsozialismus“ verstanden wird, wurde danach zu einem Leitslogan auf Veranstaltungen der „Freien Kräfte Neuruppin“. 2014 stand er groß auf einem Hochtransparent in Wittenberge, bei anderen Veranstaltungen, so auch in Wittstock/Dosse und Nauen, wurde er immer wieder von führenden Köpfen der FKN als Parole herausgegeben und Sympathisant_innen mitskandiert.
Überparteiliche Gegenveranstaltung
An einer derartigen Entwicklung hatte die Gemeinde Plattenburg mit ihrem Ortsteil Glöwen jedoch ganz offensichtlich kein Interesse. Hier wird auch nach dem Missbrauchsvorwurf gegen einen Flüchtling sachlich diskutiert. Deutlich zum Ausdruck brachten sowohl Thomas Domres, als auch Plattenburgs Bürgermeisterin Anja Kramer, das die regionale Politik sich sowohl für den Schutz von Kindern einsetzt, als auch Flüchtlinge weiterhin willkommen heißt. Symbolisch dafür stand heute ab 9.30 Uhr das gemeinsame Bürgerfrühstück an einem Kinderspielplatz an der örtlichen Kita. Flüchtlinge und Flüchtlingsfamilien kamen hier unter dem Motto: „Gemeinsam für unsere Kinder – Kindeswohl geht alle an“ mit Einheimischen zusammen und tauschten sich aus. Anschließend zogen sie gemeinsam zur überparteilichen Protestkundgebung in Hör- und Sichtweite zur Neonazikundgebung weiter. Unter dem Motto „Gemeinsam für ein friedliches Miteinander“ hatten Vertreter_innen von Bündnis 90/Die Grünen, DIE.LINKE, SPD und CDU, dem VVN/BdA sowie der Gemeindevertretung Plattenburg bereits im Vorfeld dazu aufgerufen der neonazistischen Versammlung kraftvoll die Stimme entgegenzusetzen.
Fotos: hier
Ein massives Polizeiaufgebot, bestehend aus mehreren Hundertschaften sowie mindestens zwei Wasserwerfern und zwei Räumpanzern, hat auch am Mittwochabend, ähnlich wie in der vergangenen Woche, eine Versammlung des Potsdamer PEGIDA-Ablegers PO-GI-DA, durchgesetzt.
Der Aufzug zog, nach einer kurzen Auftaktkundgebung mit zwei Redebeiträgen, mit ungefähr 130 Teilnehmer_innen von der Tram-Haltestelle „Bisamkiez“, über die Straßen „Am Nuthetal“ und „an der Alten Zauche“ ungefähr 1.300m bis Höhe Falkenhorst. Dort folgte die Abschlusskundgebung mit weiteren Redebeiträgen. Unter anderem ergriff dabei auch Sebastiano Graziani, der zuvor bereits bei ähnlichen Versammlungen in Stendal, Rathenow, Burg bei Magdeburg und anderen Orten gesprochen hatte, das Wort. Neben seinen üblichen Themen, die Dämonisierung des Islam und die Forderung des Rücktritts der Regierung Merkel, forderte er diesmal aber auch die Einsetzung eines Tribunals „Nürnberg 2.0“, um dort vermeintliche „Volksverräter“ abzuurteilen. Für eine ähnliche Forderung bei der letzten PO-GI-DA-Versammlung in der vergangenen Woche erhielt Versammlungsorganisator Christian Müller inzwischen eine Anzeige wegen Volksverhetzung.
Nach Beendigung der Kundgebung löste Müller die Versammlung nach dem Abspielen des „Deutschlandliedes“ auf. Die Versammlungsteilnehmer_innen zogen daraufhin unter Polizeischutz bis zur Heinrich-Mann-Allee und vereinzelten sich dann.
Begleitet wurde PO-GI-DA von erheblichen Protesten von Anwohner_innen und mehreren hundert Gegendemonstrant_innen. Schwerpunkt der Proteste war der Bereich „An der alten Zauche“ Ecke Falkenhorst, dem Endpunkt des Aufzuges des Potsdamer PEGIDA-Ablegers. Zuvor sollen bis zu 400 Menschen an einer am S‑Bahnhof Babelsberg gestarteten Demonstration unter dem Motto: „Refugees Welcome-Pogida stoppen!“ teilgenommen haben.
Fotos:
Presseservice Rathenow
Anton Lommon