INFORIOT Mehr als 500 RassistInnen und Neonazis nahmen am Freitagabend (16. Oktober) an zwei flüchtlingsfeindlichen Demonstrationen in Cottbus-Sachsendorf in unmittelbarer Nähe einer neu eingerichteten Notunterkunft teil. Zur Unterstützung der Flüchtlinge hatte das Bündnis Cottbus Nazifrei eine antirassistische Demonstration zur Unterkunft organisiert, an der rund 300 Menschen teilnahmen. Dort fand ein Willkommensfest mit rund 200 Menschen statt, welches vom städtischen Bündnis “Cottbuser Aufbruch” initiiert worden war.

Rassistische Demo vorm Norma-Parkplatz
Gegen 18 Uhr, zeitgleich zum Willlkommensfest in der Notunterkunft, trafen sich ungefähr 400 „besorgte Bürger“ am Norma-Parkplatzin der Lipezker Straße zu einer unangemeldeten Versammlung. Die TeilnehmerInnen waren eine Mischung aus Sachsendorfer AnwohnerInnen, Hooligans und Neonazis. Bereits eine Woche zuvor wollte vom gleichen Ort aus eine unangemeldete Demonstration in ähnlicher Größe zur Notunterkunft in der Pozaner Straße durch Polizeiketten durchbrechen (Inforiot berichtete).

Am jetzigen Freitag war die Polizei zahlenmäßig präsenter und wirkte besser vorbereitet. Auch dieses Mal war die Versammlung nicht angemeldet. Nach dem Loslaufen versuchte ein Teil der DemonstrantInnen erneut zur Notunterkunft vorzudringen, wurde jedoch schnell durch die Polizei gestoppt. Daraufhin fand sich ein Anmelder für eine Eilversammlung und die TeilnehmerInnen zogen einige Meter weiter in der Lipezker Straße auf einen Parkplatz neben einer Tankstelle.
Als Wortführer des Abends zeigte sich ein Großräschener. In seiner Rede hetzte er, dass die Flüchtlinge „keine Krankheiten übertragen würden“, sondern viel mehr „Krankheiten in sich“ tragen würden. Desweiteren verstrickte er sich in krude Verschwörungstheorien, als er behauptete, dass die USA Deutschland durch einen „Flüchtlingssturm“ zerstören wollen würden. Aus der Menge heraus wurde “Merkel muss weg” skandiert. Nach einiger Zeit wurde die Eilversammlung aufgelöst und die OrganisatorInnen riefen dazu auf, sich der NPD-Demonstration einige Meter weiter anzuschließen.
NPD-Demonstration
Ebenfalls um 18 Uhr versammelten sich zunächst etwa einhundert Neonazis am Zeltdach am Gelsenkirchener Platz. Angeführt wurde die Demonstration vom stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD Brandenburg, Ronny Zasowk. Die Infrastruktur wurde von bekannten Brandenburger Neonazis gestellt, auch die NPD-Pressesprecherin Aileen Rokohl trat als Rednerin in Erscheinung. Gleichzeitig wurde verschiedentlich betont, dass es sich nicht um einen organisationsgebundenen, sondern um einen “überparteilichen” Aufmarsch handeln solle. Etwa 200 Personen, die sich zuvor in der Lipezker Straße versammelt hatten, schlossen sich dem NPD-Marsch an.

Die Neonazi-Demonstration führte durch das Wohngebiet, machte mehrere Zwischenkundgebungen und endeten dann wieder am Gelsenkirchener Platz. Dabei wurden Parolen gerufen wie „Wir sind das Volk“ und „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“.Der Ruf „Wir wollen keine Asylantenheime“ wurde zeitweise zu “Wir wollen keine Asylantenschweine” verschärft. Immer wieder setzten sich kleinere Gruppen von der Demonstration ab. Auch im weiteren Stadtgebiet liefen Kleingruppen unkontrolliert herum. Insgesamt bot sich eine unübersichtliche Lage und ein gespenstisches Bild.
Gegenproteste
Unter den Motto „Freundschaft überwindet Grenzen“ hatte das Bündnis „Cottbus Nazifrei“ bereits am Nachmittag zu einer Demonstration aufgerufen, an der knapp 300 Menschen teilnahmen. Die DemonstrantInnen zogen vom Cottbuser Hauptbahnhof über die Thielstraße zur Erstaufnahmestelle in der Poznaner Straße. Dort lief ein Willkommensfest des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Cottbuser Aufbruch“. An dem Fest nahmen ungefähr 200 Menschen teil. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke trat als Redner auf. Die DemonstrantInnen schlossen sich dem Willkommensfest an und stellten sich schützend vor die Unterkunft.
Weitere rassistische Versammlungen angekündigt
Auf der NPD-Abschlusskundgebung kündigte Redner Ronny Zasowk an, dass es in zwei Wochen in Cottbus mit weiteren Antiflüchtlings-Protesten weitergehen solle. Bei der ersten rassistischen Demonstration war zuvor noch diskutiert worden, bereits in der kommenden Woche wieder aufzumarschieren. So oder so — in den kommenden Wochen wird die rassistische Demonstrationskampagne auch in etlichen anderen Orten weitergeführt werden. Die Facebook-Seite “Brandenburg wehrt sich” veröffentlichte eine Grafik, die für den Aufmarsch am 30. Oktober in Cottbus wirbt
Mehr Bilder: hier.
Eine Antwort auf „Cottbus: Über 500 bei Antiflüchtlingsdemos“
Tut mir leid, dass ich mich wie nachstehend äußern muss — und dies auch tue:
Wenn von Politikern vor Ort — so in Cottbus — zur Soliaktion für und mit den Flüchtlingen aufgerufen wird, ist es für mich nicht nachvollziehbar und skandalös ohnehin, dass den Neonazis in unmittelbarer Nähe ihre zudem nicht angemeldete Hasskundgebung gestattet wurde.
“Tolerantes Brandenburg” ?
Tolerierende Brandenburg
Ich halte dies für ein fatales Signal und auch gegenüber den engagierten Menschen höchst zynisch!!