Wie auf der Internetseite der “Alternativen Jugend Potsdam” zu lesen war, machten einige Potsdamer Neonazis am 07.03.2010 einen Ausflug ins “Brandenburger Brausebad”(Marienbad).
Mit einiger Verwunderung konnte hier zunächst der Eindruck entstehen, dass die Internetseite mangels neuer “politischer” Inhalte mit allgemeinen Freizeitaktivitäten gefüllt werden müsse. Wir erinnen uns an spektakulär dumpfsinnige Artikel wie “Ausflug in die Döberitzer Heide am 18.07.2009”. Doch bei genauerer Betrachtung entpuppte sich der vermeintlich harmlose Ausflugbericht übers “Spaßbad” als knallharte Leugnung des Holocaust. Diese Verbindung wird hier jedoch erst auf den zweiten Blick deutlich. Denn ihre Bezeichnung “Brausebad” ist nicht nur ein alter Begriff für heutige Spaßbäder oder Gemeinschaftsduschen, sondern auch ein Synonym für die Gaskammern in den Vernichtungslagern zur NS-Zeit. Die gefliesten Räume besaßen in der Regel Duschkopf- und Sanitärattrappen um den Anschein eines Brausebades zu erregen. Statt Wasser kam jedoch Gas aus den Armaturen und tötete die Insass_innen.
Hierbei spielt gerade Brandenburg auch eine entscheidende regionale Rolle. Denn ein Teil der heutigen Asklepiosklinik in Brandenburg fungierte 1940 unter der Bezeichnung “Landes-Pflegeanstalt Brandenburg” als Tötungseinrichtung. In einem Zeitraum von 9 Monaten wurden hier nahezu 9.000 Menschen ermordet. Zwischen August 1933 bis Februar 1934 war im selben Gebäude bereits ein frühes Konzentrationslager untergebracht. Die getarntenten Gaskammern, sind hier eine besonders kaltblütige und grausame Tötungsart: ein unerwarteter, Widerstand ausschließender, mehrere Menschen gleichzeitig betreffender Erstickungstod. Dieser gezielte Mord erfolgte im Rahmen der von den Nazis so genannten “Euthanasie-Aktion T4”. Auf nationalsozialistischer Rassen- und Gesundheitspolitik basierend wurden Menschen anhand vermeintlicher körperlicher oder geistiger Leiden als nicht lebenswert kategorisiert.
Diese Morde waren ein Testlauf für die folgende Massenvernichtung von mehreren Millionen Menschen.
Der AJP-Artikel zeigt einmal mehr, dass die “Nationalen Sozialist_innen” aus Potsdam nicht nur in der Anlehnung des Namens, der Ideologie des NS nahe stehen. In Anbetracht der sonstigen geschichtsrevisionistischen Aktionen und Aussagen wirkt der Anfangssatz des Artikels nicht mehr wie ein Badeausflug, sondern mehr als zynisch:
“Entgegen den Gerüchten die es über Brausebäder gibt, dass sie sich negativ auf die Atmung auswirken und eventuell zum Tode führen könnten.”
Geschichtsrevisionismus hat noch immer die stärkste Strahlkraft innerhalb der Naziszene und bietet Anknüpfungspunkte auch darüber hinaus. So versuchten am 13. Februar in Dresden alte und junge Nazis, auch aus Potsdam, die Geschichte zu verdrehen und Deutschland als Opfer alliierter Kriegsführung darzustellen. So fuhren die Potsdamer Neonazis nicht nur nach Dresden, sondern versuchten auch in Potsdam ihre geschichtsrevisionistischen Positionen mit Aktionen zu verdeutlichen. Dabei blenden die (Neo-)Nazis gerne aus, dass der Krieg von Nazideutschland anfing und der Luftangriff auf Dresden den Krieg dort hin zurück brachte, von wo er kam.
Dresden ist dabei nicht die einzige Stadt, die bombardiert wurde, allerdings die Stadt mit der größten Anziehungskraft für (Neo-)Nazis aus ganz Europa, da hier die Mythen um eine “unschuldige Kunst- und Kulturstadt” aufrecht erhalten werden konnten.
Auch die früheren Aktionen der Potsdamer Neonaziszene, wie die Besuche in den Konzentrationslagern Auschwitz und Sachsenhausen und die Aktionen rund um die Jahrestage der vermeintlichen „Märtyrer“ Rudolf Hess und Horst Wessel zeigen ein äußerst geschichtsrevisionistisches Weltbild. Eine Überhöhung der Zahlen deutscher Opfer, wie am Beispiel der Bombardierung der Stadt Potsdam im April 1945 sind dabei zentraler Bestandteil nationalsozialistischer Ideologie.
Diesen alten und neuen Bestrebungen der Neonazis um gesellschaftliche Anerkennung und der Verbreitung ihrer verwirrten Thesen gilt es entschieden entgegenzutreten! Der seit einigen Monaten aktive NPD-Stadtverband führt zu einer weiteren Festigung der Nazistrukturen in Potsdam. Aber im Gegensatz zur Einschätzung des Potsdamer Polizeichef Ralf Marschall ist die Gefahr von rechts nicht neu. Seit Jahren sind die Neonazis in Potsdam und darüber hinaus in verschieden Strukturen aktiv und gefestigt. Repression und Verurteilungen haben daran nichts ändern können.
Und als Reaktion auf die eigene Unfähigkeit fantasiert die Polizei von einer erstarkenden linken Gewalt, die als Reaktion auf die angeblich erst jetzt vorhandene rechte Szene folgen soll. Könnte ja sein, dass sich die früher schon konstruierte Gewaltspirale wieder dreht.
Wir werden, wie auch in den letzten Jahren, weiterhin den Nazis entgegentreten.
Antifaschismus ist nicht kriminell sondern notwendig!
[a] antifaschistische linke potsdam | www.antifa-potsdam.de | www.myspace.de/politresen