Sven Sch., Jahrgang 1978, ist ein brandenburgischer Neonazi und war Funktionär des militanten Blood-&-Honour-Netzwerkes. Er gab Informationen unter anderem an das brandenburgische Landeskriminalamt weiter und unterhielt ein enges Verhältnis zur Polizei. In der Neonaziszene wurde er in der Folge als Verräter gemieden. Er war vernetzt mit Neonazis aus Potsdam und Umgebung, die im Verdacht standen, an den Anschlägen der Nationalen Bewegung beteiligt gewesen zu sein.
Sven Sch. galt bis zum Verbot von Blood & Honour im Jahr 2000 als ein Anführer der Sektion Brandenburg und zudem als „Kassenwart“ der Dachorganisation Blood & Honour Deutschland. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung in Borkwalde (Potsdam-Mittelmark) wurde ein Sparbuch mit 73.000 D‑Mark sichergestellt – die „Kriegskasse“ von Blood & Honour Deutschland.
Sch. war im Jahr 2000 an der Verbreitung der illegal produzierten und konspirativ vertriebenen CD „Ran an den Feind“ der Neonazi-Band Landser beteiligt. Er hatte 500 CDs zum Weitervertrieb bestellt. Den Druck des Booklets dieser CD hatte der Verfassungsschutz-V-Mann Toni Stadler organisiert. Im gleichen Jahr war Sch. an der Arbeit für den „Brandenburg-Sampler“ von Blood & Honour mit Brandenburger und Berliner Neonazi-Bands beteiligt. Anfang 2000 war Sven Sch. zusammen mit Stefan Rietz und Dirk H., zwei weiteren Brandenburger Blood-&-Honour-Aktivisten auf dem Weg zu einem Neonazi-Konzert in Schweden festgenommen worden.
Sch. unterhielt ein enges Verhältnis zu Christian Kö., einem Neonazi und V‑Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes. Zeitweise war Sch. Mitbewohner von Kö.. Seit Anfang 2000, berichtete Kö. später, habe er zudem „verbotenes Zeug“, das Sch. gehörte, in seinem Keller „gebunkert“.
Im Rahmen des Verbotes von Blood & Honour wurde auch die Wohnung von Sch. durchsucht. Nach dem Verbot von Blood & Honour betrieb Sch. einen Versand für Neonazi-Kleidung und Musik, der den Namen Hatesounds (alternative Schreibweise: Hate Sounds) trug und in Werder (Havel) ein Postfach nutzte.
Unmittelbar nach dem Blood-&-Honour-Verbot fand in Annaburg (Landkreis Wittenberg) am 25. November 2000 ein Konzert statt, gegen das die Polizei vorging. Die Neonazis hinterließen in altdeutscher Schrift gesprühte Schriftzüge: „BH“ und darunter der Schriftzug „Hallo Otto [gemeint ist Innenminister Otto Schily], trotz Verbot sind wir nicht tot“. Die Organisation dieses Konzertes war über Werder (Havel) gelaufen.
Bei Hatesounds wurden unter anderem Alben der militanten US-Band Blue Eyed Devils und der Rostocker Gruppe Nordmacht veröffentlicht. An den Produktionen war teilweise Sch.s Partnerin Karolina W., eine polnische Neonazistin, beteiligt. Weil Sch. andere Neonazis mit Aussagen bei der Polizei belastet haben soll, wurden zwischenzeitlich Boykottaufrufe gegen Hatesounds verbreitet. Sch. setzte sich mit Stellungnahmen gegen diese „Lügen“ zur Wehr.
Im Februar 2001 wurde Sch. vom V‑Mann Christian Kö. telefonisch vor einer Razzia gewarnt, die sich gegen die brandenburgische Neonaziszene richtete und die maßgeblich auch Neonazis betraf, die wegen der Anschläge der Nationalen Bewegung verdächtigt wurden.
Bei der folgenden Durchsuchung bei Sch. wurden zum Teil in Cornflakes-Schachteln versteckte Entwürfe von CDs gefunden, die sich in der Produktion befanden. Nach der Durchsuchung wurde seitens des Landeskriminalamts ein „guter Draht“ zu dem Neonazi aufgebaut. Insbesondere der Polizist Michael K. traf sich regelmäßig mit Sch.. Die beiden duzten einander und Sch. gab Informationen aus der Neonaziszene weiter. Diese Tipps gingen unter anderem in ein Verfahren gegen den Neonazi Bernd Peruch in Bayern und in ein Verfahren in Sachsen-Anhalt ein. Im Gegenzug beriet K. den Neonazi, wie dieser seinen Hatesounds-Katalog und seine CDs strafrechtlich „sauber“ halten könne. Bei einem Treffen an einer Tankstelle nannte Sch. dem Polizisten K. einen Neonazi, der nach seinen Informationen für die Taten der „Nationalen Bewegung“ verantwortlich gewesen sein soll. Auch mit dem Potsdamer Staatsschutz stand Sch. in Kontakt – mit einem Mitarbeiter traf er sich mindestens 16 Mal. Trotz dieser Zusammenarbeit wird von Seiten der Brandenburger Behörden betont, dass Sch. kein „offizieller“ V‑Mann der Polizei gewesen sei.
In einem Vermerk des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt hieß es dagegen, dass sich Sch. „aus der Konzert- Organisation und sonstigen strafrechtlich relevanten Aktivitäten zurückgezogen hat, seit er als Informant für das LKA Brandenburg geführt wird“. Im Jahr 2002 kursierte im Internet und in der Neonaziszene genau dieser Aktenteil.
In der Zeitschrift Der weiße Wolf wurde 2002 die folgende Notiz veröffentlicht: „Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen“. In der gleichen Ausgabe wurde Sch. unter der Überschrift „V‑Männer fliegen nach und nach auf!“ als Verräter geoutet. Kurz darauf zog sich Sch. zurück.