Die Kanzlei von MAIK BUNZEL, einem jungen Rechtsanwalt, befindet sich im brandenburgischen Cottbus. Auf einer Homepage wird für seine Expertise im Straf- und Verkehrsrecht geworben. In einem kurz gefassten Lebenslauf wird unter anderem auf seine einjährige Tätigkeit als Richter am Amtsgericht im oberfränkischen Lichtenfels hingewiesen. Wie konnte es dazu kommen, dass ein Neonazi ein Jahr lang ungestört als Richter in Oberfranken arbeitete?
Ein bayerischer Richter mit Rechtsrock-Vergangenheit und guten Kontakten zur Neonazi-Szene
MAIK BUNZEL verlegte im Oktober 2013 seinen Erstwohnsitz nach Bayern, und zwar ins oberfränkische Mainleus. Von da an arbeitete er als Amtsrichter in Lichtenfels, zuständig vor allem für Zivilstreitigkeiten. Am 26. Februar 2014 teilte der brandenburgische Verfassungsschutz, der den Umzug BUNZELS offensichtlich registriert hatte, dem bayerischen Verfassungsschutz seine Erkenntnisse über die extrem rechte Karriere des Mannes mit. Die bayerische Polizei wurde seitens des Polizeipräsidiums Eberswalde ebenfalls entsprechend informiert. BUNZEL landete somit in den entsprechenden Staatsschutz-Dateien.
In der geheimdienstlichen „Erkenntnismitteilung“ aus Brandenburg wurden BUNZELS Aktivitäten in der extrem rechten Szene beschrieben: Seine Mitgliedschaft in der mittlerweile verbotenen neonazistischen WIDERSTANDSBEWEGUNG SÜDBRANDENBURG, seine „Kontakte in die nationale und internationale rechtsextreme Szene“. Mit seiner Band HASSGESANG war er auf verschiedenen neonazistischen Schulhof-CDs vertreten gewesen. Entsprechende extrem rechte Tonträger seien im Juni 2007 in Wunsiedel sowie in Cham, im September 2009 in Kronach sowie im Februar 2013 in Hösbach verteilt worden.
In Brandenburg war die Nazi-Band HASSGESANG mit ihrem Frontmann MAIK BUNZEL den Behörden wohl bekannt. Entsprechende Einträge finden sich in den dortigen Verfassungsschutz-Berichten von 2006 bis 2013. Gegen „den Urheber“ der Hassgesang-CD „Bis zum letzten Tropfen Blut“ ist im Jahr 2008 ein Urteil des Amtsgerichts Cottbus wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten und Volksverhetzung in Höhe einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen ergangen. Dazu passt: Noch im Jahr 2013 wurde die „Hassgesang“-CD „Generation, die sich wehrt“ in den Teil A der Indizierungs-Liste der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien aufgenommen.
Der bayerische Verfassungsschutz fand nichts heraus, obwohl der volle Name seit Oktober 2013 im Internet stand
Von einem Jurastudium und einer entsprechenden Karriere BUNZELS im Justizsektor war in der „Erkenntnismitteilung“ aus Brandenburg angeblich nicht die Rede. Der bayerische Innengeheimdienst habe nun nach neonazistischen Aktivitäten BUNZELS in Bayern recherchiert, habe jedoch nichts gefunden, so der bayerische Innenminister Herrmann.
Im Juni 2014 half dann der Zufall: BUNZEL wurde als Zeuge zu einem Diebstahl in einem Fitnessstudio vernommen. Hierbei habe er seinen Beruf – Richter – genannt. Der polizeiliche Staatsschutz brauchte jedoch trotz einer Trefferanzeige im polizeiinternen Datensystem noch weitere drei Monate, bis die Erkenntnis reifte, dass es sich bei BUNZEL um einen Mann mit neonazistischer Vorgeschichte im Richteramt handelte. Die Folgen – der freiwillige Rücktritt des rechten Richters und die Entlassung im Oktober 2014 – sind bekannt.
Pikant ist, dass der volle Name von MAIK BUNZEL in Kombination mit seiner Tätigkeit als Richter seit dem 30. Oktober 2013 im Internet stand. Laut MdL Ulrike Gote habe BUNZEL während seiner Zeit als Amtsrichter zudem unter seinem Namen eine Facebook-Seite für seine Nazi-Band HASSGESANG betrieben. Eine simple Internet-Recherche hätte also genügt, um Neonazi BUNZEL und Richter BUNZEL zu kombinieren.
Epilog: Die weitere Karriere des Rechts-Anwalts
Auf der Facebook-Seite der Brandenburger Rechtsanwalts-Kanzlei BUNZELS findet man neben Beiträgen zu verschiedenen Rechtsfragen einen lobenden Kommentar von PHILIPP HASSELBACH: „Danke für diese gute Zusammenfassung“. HASSELBACH ist seit langem aktiver Neonazi. Am 7. August 2016 teilte BUNZEL einen Facebook-Beitrag der Rechtsanwaltskanzlei STEFFEN W. HAMMER („Bundesgerichtshof hebt Urteil des Landgerichts Stuttgart im AN Göppingen-Verfahren auf“). Die
AUTONOMEN NATIONALISTEN GÖPPINGEN sind Neonazis. Anwalt STEFFEN HAMMER war Leadsänger der Rechtsrock-Band NOIE WERTE, deren Songs eine frühe Version der Bekenner-CD des NATIONALSOZIALISTISCHEN UNTERGRUNDES untermalten. Er gilt als Szene-Anwalt.
Neben der Niederlassung in seiner Cottbuser Kanzlei bemühte sich BUNZEL auch um einen guten Abschluss seiner akademischen Karriere. Dies gelang schließlich mit der Promotion an der Universität Greifswald. Der dortige Jura-Professor RALPH WEBER hatte offensichtlich trotz öffentlicher Proteste kein Problem mit seinem Zögling, sitzt seit September 2016 für die AFD im mecklenburgvorpommerschen Landesparlament und gilt selbst innerhalb dieser Partei als Rechtsaußen.
Wie wird die berufliche Laufbahn BUNZELS nach seiner vergleichsweise ungestörten Zeit in Bayern weitergehen? Einiges deutet auf eine Karriere als Szene-Anwalt hin: BUNZEL landete erneut in den Schlagzeilen, als er einen der Stammverteidiger des Neonazis RALF WOHLLEBEN im Münchner NSUProzess
vertrat. Zudem war er zeitweise als Vertretung im so genannten Ballstädt-Prozess tätig, in dem gegen vierzehn Männer und eine Frau aus der rechten Szene verhandelt wurde, die im Februar 2014 eine Kirmesgesellschaft u?berfallen und dabei zehn Menschen zum Teil schwer verletzt haben sollen.
Der Artikel erschien 2017 in der Broschüre “Braune Soße aus Nordbayern”. Bestellungen können an argument e.V. gerichtet werden.
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