Am 29. Februar 2016 hat Innenminister Schröter das Ersuchen der Härtefallkommission für ein Bleiberecht der Familie Novakovic abgelehnt. Vor dreieinhalb Jahren reiste das Ehepaar Novakovic mit ihren drei Kindern nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Als Roma sind die Kinder in Serbien in der Schule immer wieder massiv angefeindet und angegriffen worden. Auch nach wiederholten Interventionen der Eltern hat die Familie von Verantwortlichen jahrelang keinen Schutz oder Hilfe erfahren. In der Folge konnten die Kinder die Schule nicht mehr besuchen. Um eine Zukunft für die Kinder ohne Gewalt und Diskriminierung zu finden, floh die Familie nach Deutschland.
Der neunjährige Kristijan ist der jüngste der drei Geschwister. Er ist wegen seiner traumatisierenden Erfahrungen seit über einem Jahr in jugendpsychiatrischer Behandlung. Sollte die Familie abgeschoben werden, wird er die dringend notwendige Behandlung aller Voraussicht nach nicht fortsetzen können. Roma werden in Serbien grundlegende soziale Rechte verwehrt, viele leben weit unter dem Existenzminimum. Den Novakovics droht bei Rückkehr unmittelbar die Obdachlosigkeit. Die Kinder würden wieder dem gleichen Umfeld und Bedingungen ausgesetzt sein, die sie bereits vor ihrer Flucht nach Deutschland aus der Schule getrieben haben. Das Recht auf Bildung, auf geistige Entwicklung und eine “normale” Kindheit in einem sicheren Umfeld wären ihnen verwehrt.
Die UN-Kinderrechtskonvention – von der Bundesrepublik im Jahr 2010 ratifiziert — bestimmt, dass Kinder nicht als Anhängsel ihrer Eltern behandelt werden dürfen, sondern eigene Menschenrechte haben. Sie
verpflichtet Behörden, bei jeder Entscheidung den Vorrang des Kindeswohls zu garantieren. Zum Weltkindertag im September letzten Jahres stellte das Deutsche Institut für Menschenrechte unmissverständlich klar, dass staatlichen Behörden auf Bundes- , Landes- und kommunaler Ebene zur Beachtung der Kinderrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet sind und dass diese Rechte für
alle Minderjährigen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, ihrem aufenthaltsrechtlichen Status oder dem ihrer Eltern gelten.
Die psychische Situation der Geschwister Novakovic hat sich in den Jahren ihres Aufenthalts in Brandenburg stabilisiert und sie haben begonnen Wurzeln zu schlagen. Die Familie hat inzwischen viele
UnterstützerInnen, gute FreundInnen und NachbarInnen gefunden. Beide Eltern arbeiten geringfügig. Frau Novakovic spricht fünf Sprachen und unterstützt ehrenamtlich andere Flüchtlinge als Dolmetscherin und Integrationslotsin. In Forst sind die Kinder bestens in der Schule integriert. Sie gehen motiviert, gerne und regelmäßig zur Schule, so dass eine Lehrerin in einem der vielen Unterstützungsaufrufe schrieb: “Soll ihnen das alles wieder genommen werden? Wie lange kann ein Kind eine ’solche Kindheit’ noch verkraften?”
In diesem Sinne sind zahlreiche Schreiben von LehrerInnen, NachbarInnen, Kirchenmitgliedern, der Arbeitgeberin, SozialarbeiterInnen und Menschen aus Initiativen und Verbänden verfasst worden. Alle appellierten an die Regierung, der Familie ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren, denn in Forst und Umgebung werden sie als Vorbild für soziale Integration angesehen.
Die Härtefallkommission war im November 2015 zu dem sehr deutlichen Ergebnis gekommen, dass im Falle der Familie Novakovic dringende humanitäre und persönliche Gründe vorliegen, die – insbesondere im
Interesse der Kinder – die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erforderlich machen. Innenminister Schröter setzte sich darüber hinweg und entschied gegen das Ersuchen der Kommission.
“Mit seiner Entscheidung sendet Innenminister Schröter ein fatales Signal in die Gesellschaft und an all diejenigen, die sich für die Aufnahme und Integration von Familie Novakovic und anderer Flüchtlinge vor Ort engagieren. Die Entscheidung ist ein Affront gegen die Bemühungen der Menschen in Forst, Familie Novakovic in ihrer Mitte aufzunehmen und sie missachtet das Kindeswohl der betroffenen Kinder” sagte Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Der Flüchtlingsrat fordert die Landesregierung und den Innenminister auf, der Familie Novakovic ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren und sie nicht aus dem Kreis ihrer neuen FreundInnen und NachbarInnen zu reißen. Die Kinder dürfen nicht aus der Schule und ihrem gewohnten Umfeld genommen und nach Serbien ins Elend abgeschoben werden, wo sie wieder Diskriminierung und Anfeindungen ausgesetzt wären und ihnen das Recht auf Bildung und Entwicklung verwehrt bliebe.
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Eine Antwort auf „Familie Novakovic aus Forst droht die Abschiebung – Minister Schröter missachtet Kinderrechte“
Das nennt man “Willkommenskultur” in Brandenburg!
Die ja von der großen Politik eingeforderte “Integrationsbereitschaft” wird zur Farce!