Vor 20 Jahren starb der 28-jährige Farid Guendoul als Opfer einer rassistischen Hetzjagd. In Guben wird am kommenden Samstag, dem 16. Februar, um 10 Uhr, im Rahmen einer Gedenkveranstaltung an den jungen Algerier erinnert.
Leider ist rassistische Gewalt in Guben bis heute virulent. So verzeichnete die Opferperspektive im Jahr 2018 fünf rassistisch motivierte Angriffe in der Stadt, die sich alle gegen Geflüchtete richteten. Mehrere davon ereigneten sich im direkten Umfeld der Unterkunft für Geflüchtete in der Deulowitzer Straße. Bei einem dieser Angriffe vom vergangenen Jahr ist der damalige Haupttäter Alexander B. dringend tatverdächtig.
Unsere Ausstellung „Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg“ erinnert an Farid Guendoul und weitere 21 Menschen, die in Folge rechter, rassistischer und sozialdarwinistischer Gewalt im Land Brandenburg starben. Wir dokumentieren hier den Text der Ausstellung zur Tat in der Nacht vom 12. auf den 13. Februar 1999. Ausführliche Informationen zur Tat, dem Gerichtsverfahren und dem Gedenken an Farid Guendoul sind auf unserer Internetseite zur Ausstellung Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg zu finden.
Was war passiert?
Am Abend des 12. Februar 1999 besucht der algerische Asylsuchender Farid Guendoul zusammen mit zwei Freunden die Diskothek Dance-Club in Guben. Unter den Gästen befindet sich eine Gruppe jugendlicher Neonazis. Diese haben sich am Abend bei Alkohol, rechter Musik und einem Skinheadkultfilm aufgeputscht.
Einige der rechten Jugendlichen bedrohen und beleidigen nun Gäste im Dance-Club. Bei der folgenden Auseinandersetzung vor der Tür wird einer der Angreifer von einem kubanischen Gast leicht verletzt. Empört sinnen sie auf Rache und rufen Verstärkung, nachdem sie den Ort verlassen haben. Kurz darauf bewegen sich die Neonazis in mehreren Autos durch die Stadt, um „Ausländer“ zu jagen. Sie sind bewaffnet, brüllen rechte Parolen, randalieren und bedrohen Passant_innen.
In den frühen Morgenstunden des 13. Februar 1999 treffen sie auf Farid Guendoul, Issaka K. und Khaled B., die auf dem Weg nach Hause sind. Eine Hetzjagd beginnt, die drei Freunde fliehen. Khaled B. bleibt verletzt zurück. Panisch treten Farid Guendoul und Issaka K. Die Scheiben eines Wohnaufganges ein, um von der Straße zu kommen. Dabei schneidet sich der 28-jährige Algerier die Hauptarterie im Knie auf. Der werdende Vater verblutet nach wenigen Minuten auf der Kellertreppe. Die Neonazis indes setzen ihre Jagd nach den beiden verbliebenen Freunden so lange fort, bis ein Teil der Meute am frühen Morgen verhaftet wird. Im Gegensatz zu vergleichbaren Gewalttaten bekommt der Fall schnell bundesweite und internationale Aufmerksamkeit. Landesweit finden Demonstrationen, Gedenkveranstaltungen, Trauerfeiern und Benefizaktionen statt. Auf antifaschistische Initiative hin wird im Sommer 1999 in der Nähe des Tatortes ein Gedenkstein für Farid Guendoul geweiht. Er ist einer beispiellosen Zerstörungswut ausgesetzt, bis er Anfang 2000 gänzlich gestohlen wird. Im Mai 2000 wird der Gedenkstein von der Stadt Guben ersetzt. Im Gegensatz zum ursprünglichen Stein benennt dieser das Tatmotiv Rassismus nicht.
Im gleichen Zeitraum findet am Landgericht Cottbus der Prozess gegen die elf Täter statt. Einige, wie der spätere NPD-Funktionär Alexander B., sind in der organisierten Neonaziszene aktiv, andere als extreme Gewalttäter bekannt. Medien und Bundespolitik verfolgen die schleppende Gerichtsverhandlung von Anfang an kritisch. Eineinhalb Jahre nach Prozessbeginn wird das Urteil gesprochen. Acht der Täter werden Ende 2000 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit Körperverletzung verurteilt. Das höchste Strafmaß beträgt drei Jahre Jugendstrafe.