Freispruch für Spremberger Neonazi
Naziaufruf, SPDler zu bespucken: Beleidigung sei wegen unzureichender Ermittlungen nicht nachweisbar
INFORIOT — Das Amtsgericht Cottbus hat am Dienstag einen 26-jährigen Spremberger von den Vorwürfen der Beleidigung und der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten freigesprochen. Die gesammelten Indizien sei unzureichend, die Richterin urteilte darum “im Zweifel für den Angeklagten”.
“Sozialdemokratische Menschenjagd”
René T. wurde vorgeworfen, im Oktober 2011 auf der Neonaziseite “Revolutionäres Spremberg”, einen Artikel unter dem Titel “Sozialdemokratische Menschenjagd” veröffentlicht zu haben. In dem Artikel wurde dazu aufgerufen, drei SPD-Politiker_innen aus der Region zu bespucken. Daneben standen Bilder derselben. Die Bilder waren offenbar der SPD-Homepage entnommen, was den SPD-Seitenadministrator Benny Blatz veranlasste, die Zugänge auf die Seite zu überprüfen. Auffällig war dabei laut Blatz eine IP-Adresse, die nach Abfrage des LKA zum Angeklagten T. führte.
Bei einer Hausdurchsuchung wurden auf Rechnern und Datenträgern Systemeinträge gefunden, die Indizien dafür seien, dass T. an der Erstellung des fraglichen Artikels beteiligt gewesen sein soll. Aus Registerfiles sei zu schließen, dass T. sowohl ein Dokument mit dem Titel “Sozialdemokratische Menschenjagd”, als auch die genannten Bilder besaß und womöglich nutze. Auch wurde aus festgestellten Chatprotokollen deutlich, dass T. über Zugangsrechte für den Blog “Revolutionäres Spremberg” verfügte. Die Bilder als auch Textfragmente für den Artikel wurden jedoch nicht auf den beschlagnahmten Datenträgern gefunden.
René T. hatte dafür seine ganz eigene Erklärung: Er sei ein “politisch interessierter Mensch”, der auf diversen politischen Seiten unterwegs sei. Für Freund_innen, die nicht über Internet verfügen, drucke er die Texte aus. Einige schicke er regelmäßig an Bekannte in den Gefängnissen in Wriezen und Bautzen.
Während der Verhandlung nutzte René mehrfach die Gelegenheit, Zweifel an der Einschätzung der Staatsanwaltschaft und des sachverständigen Forensikers zu streuen. Zum Abschluss beteuerte er, dass er nicht wisse, warum er hier sitze: man wolle ihm wohl was anhängen, weil er der rechten Szene angehöre.
Unzureichende Beweisaufnahme der Ermittlungsbehörden
Für die Staatsanwaltschaft bestand nach der Anhörung zumindest eine Beteiligung des Angeklagten an der Erstellung des Artikels fest. Die Richterin entschied jedoch für einen “Freispruch 2. Klasse; im Zweifel für den Angeklagten”, erklärte sie in der Urteilsverkündung.
Es sei kein lückenloser Schluss möglich, dass der Angeklagte René T. für den Artikel verantwortlich sei. Die mangelhafte Überprüfung durch Polizei und LKA kann ein Grund dafür gewesen sein. So gab es u.a. weder eine Überprüfung des Blogs “Revolutionäres Spremberg”, über dessen Zugangsdaten T. verfügte, noch scheinen alle Datenträger gesichtet worden zu sein.
Neonazis mussten draußen bleiben
Der Internetblog “Revolutionäres Spremberg” ist eine der “Widerstandsbewegung Südbrandenburg”, auch bekannt als “Spreelichter”, nahestehende Internetseite. Der Angeklagte T. kam zusammen mit sieben weiteren Neonazis im Alter zwischen 16 bis 20 Jahren zur Verhandlung. Die jungen Neonazis mussten jedoch draußen bleiben, da der Verhandlungssaal gerade einmal für acht Zuschauer_innen Platz bot.