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Hohe Zahl rechter Angriffe im ersten Halbjahr

97 Angriffe zählte die Opfer­per­spek­tive im ersten Hal­b­jahr 2018 im Land Bran­den­burg. Mit­tler­weile (Stand 1. August 2018) sind es über 100 Angriffe, die in diesem Jahr reg­istri­ert wur­den. Zum Ver­gle­ich: im ersten Hal­b­jahr 2017 wur­den 98 Fälle gezählt, im ganzen Jahr 171. Die weit über­wiegende Zahl der Fälle (80) war ras­sis­tisch motiviert, her­aus­ra­gen­der regionaler Schw­er­punkt Cot­tbus (22 Fälle). Angriffe waren zumeist Kör­per­ver­let­zungs­de­lik­te (ein­fache KV: 46, gefährliche KV: 33). Die Opfer­per­spek­tive fordert den Schutz der Betrof­fe­nen ern­stzunehmen und aktiv zu verfolgen.
Fast täglich reg­istri­eren die Berater_innen für Betrof­fene rechter Gewalt des Vere­ins Opfer­per­spek­tive neue Fälle. Da ist die Mut­ter, die mit ihrer Tochter im Super­markt Per­sisch spricht und deswe­gen ver­bal ras­sis­tisch ange­gan­gen wird und, als sie sich dies ver­bit­tet, geschla­gen wird. Da wer­den Moscheebesucher_innen mit Steinen bewor­fen. Da ist die schwan­gere Frau, die mit ihrem Fre­und von ver­mummten Recht­en ange­grif­f­en wird, weil Neon­azis glauben, dass sie rechte Aufk­le­ber abgekratzt hätten.
Es muss fest­gestellt wer­den, dass es in den let­zten Monat­en keinen Rück­gang rechter Gewalt­tat­en gegeben hat. Das Niveau ras­sis­tis­ch­er Gewalt bleibt sta­bil hoch, obwohl viele Gründe, die in den let­zten drei Jahren für den Anstieg rechter Gewalt­tat­en herange­zo­gen wur­den, derzeit nicht gegeben sind. Wed­er gibt es in diesem Jahr Land­tags- oder Bun­destagswahlen, noch kom­men derzeit in hoher Zahl Geflüchtete in Bran­den­burg an. Auch gibt es außer­halb des Cot­tbusser Großraums derzeit keine starken poli­tis­chen Aktiv­itäten rechter Grup­pen im öffentlichen Raum. Ras­sis­tis­che Gewalt ist in den let­zten drei Jahren für einen Teil der Bran­den­burg­er Bevölkerung offen­bar zu ein­er nor­malen und akzep­tierten Hand­lungsweise im Umgang mit Migrant_innen geworden.
Dabei stellen in Fällen ras­sis­tis­ch­er Gewalt die reg­istri­erten physis­chen Angriffe nur die Spitze des Erlebens der Betrof­fe­nen dar. Neben den physis­chen Angrif­f­en sind viele von ihnen täglich mit ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung kon­fron­tiert, wer­den nicht in Sport­stu­dios gelassen, in Läden nicht bedi­ent oder auf der Straße beschimpft. Das Erleben dieser alltäglichen Feind­seligkeit in Verbindung mit der ständi­gen Angst vor Gewalt belastet die Betrof­fe­nen psy­chisch stark. Für einen syrischen Asyl­be­wer­ber waren diese anhal­tenden Anfein­dun­gen und zwei tätliche Angriffe auf ihn in kurz­er Zeit Aus­lös­er einen Suizid­ver­such zu unternehmen.
Hannes Püschel, Berater der Opfer­per­spek­tive, berichtet: „Wir haben es derzeit mit vie­len Betrof­fe­nen, die schw­er­wiegende psy­chis­che Fol­gen davonge­tra­gen haben zu tun. Nach unser­er Beobach­tung sind staatliche Stellen, von der Polizei über die Jus­tiz bis hin zu Aus­län­der- und Sozial­be­hör­den immer wieder mit der aktuellen von mas­siv­er rechter Gewalt geprägten Sit­u­a­tion über­fordert und stellen kaum eine Hil­fe für die Betrof­fe­nen dar. Wir müssen erken­nen, dass seit drei Jahren anhal­tende Hoch­phase rechter Gewalt kein vorüberge­hen­des kurzfristiges Phänomen ist. Dementsprechend muss auf diese Lage seit­ens des Lan­des, der Kom­munen und der Zivilge­sellschaft reagiert wer­den und der Schutz der Betrof­fene höch­ste Pri­or­ität bekommen.“

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