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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Holocaust-Gedenkdemonstration am 26. Januar in Fürstenwalde/Spree

300 Men­schen erin­nern an die Opfer des Holo­caust in Fürsten­walde. „British Cor­ner“ rückt wieder in die öffentliche Aufmerk­samkeit. Neon­azis ver­suchen mehrmals die Demon­stra­tion zu stören und zeigen Hitlergruß.

Am Vor­abend des Inter­na­tionalen Holo­caust-Gedenk­tages beteiligten sich knapp 300 Men­schen an ein­er Holo­caust-Gedenkdemon­stra­tion durch die Stadt Fürsten­walde. Dazu aufgerufen hat­te die Stadtverord­neten­ver­samm­lung und die Ver­wal­tungsspitze der Stadt Fürsten­walde. Ver­schiedene Parteien, zivilge­sellschaftliche Akteure, so auch der Vere­in Bil­dungs­ban­den aus Storkow,  linksju­gend [’sol­id] Oder-Spree und Antifaschist_Innen aus der Region schlossen sich dem Aufruf an.

Nach­dem die Demon­stra­tion um 16:30 Uhr am Mark­platz, ange­führt durch den Bürg­er­meis­ter, startete, set­zte sich schnell eine Gruppe von 50 Antifas an die Spitze des Aufzuges. Entschlossen und laut­stark macht­en diese ihre kon­se­quente Ablehnung von Neon­azis, Ras­sis­mus und Anti­semitismus deut­lich. Auf der Eisen­bahn­straße machte die Demon­stra­tion vor dem Bek­lei­dungs­geschäft „British Cor­ner“ halt, in welchem auch die Neon­az­i­marke „Thor Steinar“ verkauft wird. Mit einem Rede­beitrag wurde noch ein­mal auf das aktuelle Prob­lem, das diese Stadt mit Neon­azis hat, einge­gan­gen und im Beson­deren darüber aufgek­lärt, dass Thor Steinar im besagtem Geschäft  immer noch zum gängi­gen Sor­ti­ment gehört.

Als die Demon­stra­tion sich auf der Höhe des Bahn­hofes befand, postierten sich mehrere Neon­azis in unmit­tel­bar­er Nähe der Demonstrant_innen. Eine Per­son zeigte den Hit­ler­gruß, es wurde Anzeige wegen Ver­wen­dung ver­fas­sungs­feindlich­er Kennze­ichen gestellt. Danach endete die Demon­stra­tion am Ottmar-Geschke Platz, wo sich der sow­jetis­che Ehren­fried­hof und ein Denkmal für die antifaschis­tis­chen Wider­stand­skämpfer befind­et. Hier wurde eine Mah­nwache für die Opfer des Holo­causts abge­hal­ten. In ein­er Rede machte der Bürg­er­meis­ter erfreulich­er Weise darauf aufmerk­sam, dass diese Stadt ein beste­hen­des Prob­lem mit Neon­azis hat. Weit­er­hin gab es einen Rede­beitrag über die Ver­fol­gung von Jüdin­nen und Juden in Fürsten­walde während des Nationalsozialismus.

Während der Demon­stra­tion ver­sucht­en immer wieder Neon­azis, teil­weise stark betrunk­en, sich unter die Teil­nehmenden zu mis­chen. Des weit­eren waren zwei Neon­azis in Begleitung des ort­san­säs­si­gen NPD-Kaders Frank Odoy unter­wegs. Diese woll­ten Auf­nah­men der Demonstrationsteilnehmer_Innen machen, ent­fer­n­ten sich jedoch nach der Hälfte der Strecke, als engagierte Antifaschist_innen eingriffen.

Für die Antifaschist_Innen aus der Region war es ein sehr erfol­gre­ich­er Tag. Es wur­den mehrere hun­dert Fly­er an Jugendliche und Passant_Innen verteilt, welche über den British Cor­ner, Thor Steinar und die aktuelle Neon­azisi­t­u­a­tion aufklärten.

Nach­fol­gend der Rede­beitrag, welch­er vor dem British Cor­ner gehal­ten wurde:

ANTIFASCHISTISCH DENKEN! – HANDELN! – LEBEN

Am morgi­gen Tag, den 27. Jan­u­ar 2012, wird mit dem Inter­na­tionalen Holo­caust-Gedenk­tag den Mil­lio­nen Opfern der deutschen Gewaltherrschaft während des Nation­al­sozial­is­mus gedacht. Auch hier in Fürsten­walde wurde 1938 die Syn­a­goge zer­stört, gab es ein Aussen­lager der KZs Buchen­wald, hier wur­den Men­schen schikaniert, deportiert und ermordet.

Dass die Stadt offiziell zu einem Gedenken aufruft, ist für eine bran­den­bur­gis­che Prov­inzs­tadt keine Selb­stver­ständlichkeit. Das Erin­nern an die Ver­brechen der Ver­gan­gen­heit ist notwendig, um heute noch exis­ten­ten men­schen­ver­ach­t­en­den Welt­bildern zu begeg­nen. Ein Gedenk­tag allein reicht jedoch nicht aus, um auf die ras­sis­tis­chen Morde der Neon­aziter­ror­gruppe NSU, einen Thor-Steinar-Laden in der Fürsten­walder Eisen­bahn­straße oder den All­t­agsras­sis­mus, dem Men­schen in Deutsch­land jeden Tag aufs Neue begeg­nen, zu reagieren. 

Dass Fürsten­walde ein Prob­lem mit Neon­azis hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Neben neon­azis­tis­chen Sprühereien an Hauswän­den oder Spielplätzen, beste­ht immer die Gefahr, dass Men­schen auf­grund ihres alter­na­tiv­en Ausse­hens, ihrer Haut­farbe, ihrer sex­uellen Ein­stel­lung oder ihrer ver­meindlichen Herkun­ft belei­digt, eingeschüchtert oder gewalt­tätig ange­grif­f­en wer­den. So zum Beispiel am 3. Okto­ber 2008, als 2 Jugendliche vor einem Super­markt in der Eisen­bahn­straße von einem Neon­azi mit einem Mess­er teil­weise schw­er ver­let­zt wur­den, nach­dem sie zuvor ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen aus­ge­set­zt waren. Vor eini­gen Jahren traf sich die jugendliche rechte Szene noch an Plätzen wie dem „Dop­pel­gänger“, dem „British Cor­ner“ oder dem Bah­nüber­gang, und es war möglich, bevorste­hen­den Über­grif­f­en aus dem Weg zu gehen. Mit­tler­weile tauchen immer mehr Neon­azis im Stadt­bild auf und erzeu­gen somit einen noch größeren Angstraum für alle, die nicht in ihr men­schen­ver­ach­t­en­des Welt­bild passen. 

Auch die organ­isierte rechte Szene fühlt sich in Fürsten­walde wohl. Die bei­den NPD Mit­glieder Frank Odoy und Manuela Kokott sind schon seit eini­gen Jahren in der Stadt aktiv. Let­ztere ist nicht nur im Kreistag für die Neon­azi­partei aktiv, son­dern nimmt eine wichtige Rolle als Vor­sitzende im sehr aktiv­en NPD-Kreisver­band Oder­land ein und ist seit kurzem Schatzmeis­terin des NPD-Lan­desver­ban­des Bran­den­burg. Auch wird vie­len noch das 2007 geplante „Zen­trum für Jugend- und Erwach­se­nen­bil­dung“ in Rauen in Erin­nerung sein. Das NPD-Bun­desvor­standsmit­glied Andreas Molau hat­te das „Gut Johan­nes­berg“ gekauft, um in diesem ein recht­es Schu­lungszen­trum zu erricht­en. Dass er mit seinem Konzept gescheit­ert ist, bedeutet nicht, dass es keine Nazis mehr in der Region Fürsten­walde gibt. 

Einen weit­eren Schw­er­punkt neon­azis­tis­ch­er Aktiv­itäten stellt das Bek­lei­dungs­geschäft „British Cor­ner“ in der Eisen­bahn­straße dar. Dieses dient nicht nur als Einkauf­s­möglichkeit, son­dern ist auch Tre­ff­punkt für Neon­azis aus Fürsten­walde und Umge­bung. Von außen nur schw­er erkennbar, wird neben weit­eren Labels die bei Neon­azis sehr beliebte Mode­marke „Thor Steinar“ verkauft. Dass es sich dabei um keine gewöhn­liche Bek­lei­dungs­marke han­delt, son­dern um neon­azis­tis­chen Lifestyle mit völkisch-ras­sis­tis­chem Inhalt, sollte eigentlich bekan­nt sein.

Die Antwort auf das Naziprob­lem, dass diese Stadt offen­sichtlich hat, kann nur eine selb­st­be­wusste, antifaschis­tis­che Jugend­kul­tur sein. Engagiert euch gegen Ras­sis­mus, Sex­is­mus, Homo­pho­bie und Anti­semitismus, schließt euch zusam­men und unter­stützt diejeni­gen, die von Diskri­m­inierung und Gewalt betrof­fen sind! Kämpft für ein Leben, in denen alle Men­schen ver­schieden sein kön­nen, ohne Angst zu haben!

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