31. Januar 2018 · Quelle: Inforiot

Ich würde es wieder tun.”

Verurteilung nach Aktion gegen die AfD

Am Mittwoch den 24. Januar 2018 veruteilte das Amtsgericht Neuruppin einen Aktivisten zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen. Er hatte im Mai 2016 ein Stromkabel während einer Rede bei einer AfD-Kundgebung in Neuruppin getrennt.

INFORIOT — Am 23. Mai 2016 demon­stri­erte die “Alter­na­tive für Deutsch­land” (AfD) zum wieder­holten mal auf dem Neu­rup­pin­er Schulplatz im Zen­trum der Stadt. Als Haup­tred­ner war der dama­lige AfD-Lan­deschef und heutiger AfD-Frak­tion­schef im Bun­destag, Alexan­der Gauland, geladen. Dem gegeüber standen rund 100 Gegendemonstrant*innen, die dem Aufruf von “Neu­rup­pin bleibt bunt” zur vierten Mon­tags­demon­stra­tion fol­gten. Während ein­er Rede des AfD-Kreis­chefs Michael Nehls wurde durch einen Gege­nak­tivis­ten das Kabel durchtren­nt, mit dem die Laut­sprecher­an­lage auf der AfD-Bühne mit Strom ver­sorgt wurde. Diese Aktion unter­brach die ras­sis­tis­che Kundge­bung für einige Minuten. Der Aktivist wurde kurzzeit­ig festgenom­men und seine Per­son­alien wur­den aufgenommen.
Am Mittwoch kam es nun zur Ver­hand­lung. Dazu fan­den sich, neben den zwei aus­sagen­den Polizis­ten und vier lokalen AfDler*innen, auch 15 sol­i­darische Unterstützer*innnen um 9:15 im Amts­gericht Neu­rup­pin ein. Am Vor­abend hat­ten Unbekan­nte den Briefkas­ten, sowie die nahe­liegende Bushal­testelle mit dem Slo­gen “FCK AFD” bestick­ert, was eine Anspielung auf die Ver­hand­lung gewe­sen sein wird.
Nach der Anklageer­he­bung ver­las der Beschuldigte eine Ein­las­sung, in der er den Tatvor­wurf der Sachbeschädi­gung und Störung der Ver­samm­lung zugab. Er führte weit­er­hin an, dass er nicht wie in der Ver­gan­gen­heit pas­siv bleiben kon­nte. “Wir wer­den nicht taten­los zuse­hen, wenn Ras­sis­ten oder Neon­azis gegen Men­schen het­zten und wir wer­den dage­gen vorge­hen, wenn es uns möglich ist. Ver­ant­wor­tungs­be­wusste mil­i­tante Inter­ven­tio­nen sind ein aktives State­ment und auch ein Beitrag zu ein­er gesellschaftlichen Debat­te”, so der Angeklagte. Dabei ver­wies er auch auf eine Aktion des dama­li­gen Grü­nen Lokalpoli­tik­ers Wolf­gang Freese, der im Sep­tem­ber 2007 bei ein­er Neon­azidemon­stra­tion einem dama­li­gen Red­ner das Mikro­fon entriss um dieses anschließend mit “einem beherzten Wurf auf den Boden” zu zer­stören. Das fürte damals dazu, dass die Neon­azis keine weit­eren Reden hal­ten kon­nten und bis zum Ende ihrer Demon­stra­tion auf Musik zurück­greifen mussten.
Den Tatvor­wurf des Wider­stands gegen Voll­streck­ungs­beamte bestritt der Ange­lagte und ver­wies darüber hin­aus auf unver­hält­nis­mäßige Gewal­tan­wen­dung durch die fes­t­nehmenden Polizisten.
Somit waren die Tatvor­würfe der Sachbeschädi­gung und Störung ein­er Ver­samm­lung im juris­tis­chen Sinne gek­lärt und das anhängige Adhä­sionsver­fahren [1] durch Michael Nehls kon­nte abgewick­elt wer­den. Der Anwalt des Angeklagten teilte mit den beansprucht­en Betrag von 26,75 € direkt in Bar übergeben zu kön­nen. So erg­ing ein Beschluss und das Geld wurde neben den Angeklagten auf den Tisch gelegt. Der Adhö­sion­skläger Michael Nehls schick­te daraufhin mit den Worten “hohlst du das Robert, ich fass das Geld nicht an. Kannst gle­ich in die Kasse pack­en.” einen sein­er Begleit­er vor um das Geld zu nehmen und einzustecken.
In der sich daran anschließen­den Beweisauf­nahme wurde nun ver­sucht die Frage des Wider­stands zu klären. Dazu sagten zwei Polizis­ten aus. Als erstes wurde der 31-jährige Ste­fan R. von der Dien­st­stelle in Neu­rup­pin ver­nom­men. Dieser gab an, den Angeklagten vor der Aktion hin­ter der Bühne der AfD-Kundge­bung gese­hen, erkan­nt und zugenickt zu haben. Die eigentliche Aktion kon­nte er beobacht­en, die darauf fol­gende Fes­t­nahme jedoch nicht. Auf die dama­lige Klei­dung des Angeklagten befragt, teilte er mit, dass die eher nicht dunkel oder schwarz gewe­sen sei, auch wenn das “vielle­icht sin­nvoller gewe­sen” wäre.
Danach wur­der der 28-jährige Jan­nik S. aus dem ersten Zug der Pots­damer Ein­satzhun­dertschaft­be­fragt befragt. Er habe den Angeklagten schon vor der Tat gese­hen und ange­sprochen, da dieser offen­sichtlich auf der falschen Kundge­bung sei. Da vom Angeklagten aber keine weit­ere Gefährdung aus­ging, durfte er sitzen bleiben, stand aber weit­er­hin unter Beobach­tung. So kon­nte zusam­men mit dem Grup­pen­führer Fer­old die Aktion beobachtet wer­den, woraufhin bei­de los ran­nten, um den Angeklagten zu fassen. Der Grup­pen­führer stürzte dabei während “der Angeklagte rel­a­tiv geschickt Hak­en geschla­gen [hat] und so kon­nten [die Kol­le­gen] ihn nicht kriegen”. In der weit­eren Befra­gung wider­sprach S. seinen vorheri­gen Aus­sagen bezüglich der Fes­t­nah­megriffe und räumte am Ende sog­ar ein, dass der Angeklagte sich ein biss­chen ges­per­rt, aber keinen aktiv­en Wider­stand geleis­tet habe.
Nach der Ent­las­sung des Zeu­gen, welch­er mit einem Dien­st­fahrzeug angereist war und ein­er Inau­gen­schein­nahme von durch die Vertei­di­gung vorge­bracht­en Presse­bildern, wurde der Anklagepunkt des Wider­stands gegen Voll­streck­ungs­beamte fall­en gelassen.
In den Abschlussplä­doiers führte die Staat­san­wältin aus, der Angeklagte “hat sich für aktiv­en und nicht pas­siv­en Protest” entschei­den und forderte eine Strafe von 50 Tagessätzen in Höhe von 30,- Euro. Die Vertei­di­gung hinge­gen forderte die Höhe der Tagessätze auf 10,- Euro festzuset­zen. Eine knappe Minute später verkün­dete die Rich­terin das Urteil in dem sie der Forderung der Staat­san­waltschaft folgte.
Rote Hil­fe e.V.
IBAN: DE25 2605 0001 0056 0362 39
BIC: NOLADE21GOE
Stich­wort: No-AfD-Neuruppin
[1] Adhä­sionsver­fahren schaf­fen im deutschen Prozess­recht die Möglichkeit, aus ein­er Straftat (z.B. Sachbeschädi­gung) entste­hende zivil­rechtliche Forderun­gen bere­its im Straf­prozess zu klären und somit einen nach­fol­gen­den Zivil­prozess zu vermeiden.

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