INFORIOT — Etwa 100 Menschen folgten an diesem nebeligen Mittwoch dem Aufruf der PARTEI und fanden sich 18.00 Uhr am Platz der Einheit ein.
„9/11 never again!“ lautete der Slogan auf den Plakaten im Vorfeld der Demonstration. Die PARTEI entlarvt den geplanten Anschlag auf die Twin-Towers Potsdams. Der Nord-Turm (das Haus des Reisens) fiel bereits 2009, dem Südturm (das ehemalige Interhotel, das Hotel Mercure) soll bald das gleiche widerfahren. Seit Jahren plant die Stadt das 1969 erbaute Hotel zu kaufen und es dann abreißen zu lassen. Als Kopf der Verschwörung benennt die PARTEI Oberbürgermeister „Osama bin Jakobs“.
„Ob Al-Quaida oder SPD - WIR SAGEN NEE!“
Der erste Halt des Demonstrationszuges war am ground zero Potsdams, der Baugrube des abgerissenen Haus des Reisens. Dort wurden Transparente angebracht und Blumen, Grabkerzen sowie Kuscheltiere niedergelegt. Interhotel und Haus des Reisens – das klingt nach Weltoffenheit, nach Internationalität, die den Verschwörer_innen, die die Moderne hassten, nicht in den Kram passe, so die PARTEI. Somit träten sie in die Fußstapfen verschiedener extremistischer Organisationen, wie al-Quaida oder der katholisch-evangelischen Kirche. „Wir sehen, dass Fremdenhass das grundlegende Bindeglied aller extrem extremistischen Extremismen ist.“
Das Stadtschloss — ein Exemplar der Gattung: Wiederaufgebaut.
Als zur Linken der Demonstration das Potsdamer Stadtschloss erschien, wies die Sprecherin der PARTEI darauf hin, dass das mit Steuergeldern gebaute Gebäude keineswegs allein von wenigen reichen Preußenfans der Stadt, die „durch Beten, Labern und Computerdaddeln“(gemeint sind Bischof Huber, Jauch und Plattner) ihren Lebensunterhalt bestreiten, möglich gemacht wurde. Außer den Steuerzahler_innen sei es unter anderem der „Multi-Zillionär“ Plattner, der „einen Prunkbau, den niemand braucht und niemand gewollt hat“ finanziere.
Neben ethisch verwerflichen Aspekten, beispielsweise dem, dass in afrikanischen Kupferminen Kinder für Potsdams historische Innenstadt schufteten, warf die PARTEI die Frage danach auf, wie viel das Neue mit dem Alten zu tun hat. Unter den Demonstrationsteilnehmer_innen war Einigkeit zu spüren: „Die Fundis dieser Stadt bauen sich Häuser und Geschichtsbilder, die mit der wirklichen Geschichte soviel zu tun haben, wie David Hasselhoff mit dem Mauerfall.“
Das Interhotel als Grabstein für das Stadtschloss
In Sichtweite sahen die Demonstrierenden schon das Hotel Mercure, den übrig gebliebenen der beiden Zwillings-Türme.
Dazu die PARTEI: „Sie sagen er sei hässlich! Er zerstöre das Potsdamer Stadtbild. Und damit mögen sie recht haben! Doch welches Stadtbild wird denn hier zerstört? Das längst vergangen geglaubte, im Gedächtnis des aufgeklärten DDR-Bürgers langsam verblichene Bild von Potsdam als Hort des Militarismus und der Unterdrückung.“
Grund für das talibaneske Verhältnis zur Baukultur sei laut der PARTEI schlicht Penisneid. „Denn solange dieses Bauwerk steht, solange werden sie nicht den Längeren haben.“ Diese Sorge hätte sich mit dem Wiederaufbau des 88m hohen Turms der Garnisonkirche erledigt.
Die geplante Schweigeminute für alle hohen Häuser der Stadt und die symbolische Menschenkette wurden von der Polizei untersagt, da diese keinen Halt vor dem ehemaligen Interhotel duldete. So mussten die PARTEI-Anhänger_innen gehend dem Song „only time“(Enya) lauschen.
„Diese Stadt, die Plazenta des Bösen, der Brutkasten Preußens, die Mutterbrust der Nazis, diese Stadt wollen sie wieder aufleben lassen.“
Letzte Station des PARTEI-Marsches war die Baugrube der geplanten Kopie der Garnisonkirche, in der sich 1933 Hilter und Hindenburg die Hand reichten. Jakobs, so die PARTEI könne seinen Tag von Potsdam kaum noch erwarten. Die eigentlich Politik unserer Stadt findet im vergoldeten Hinterzimmer statt, wo sich abwechselnd aus der Bibel und „mein Kampf“ vorgelesen würde, hieß es weiter.
Vor kurzem sagte der Bund 12 Millionen Euro für den Wiederaufbau zu und auch prominente Befürworter_innen und ihre Anhänger_innen zeigen sich unbeirrt, obwohl sich erst kürzlich eine Mehrheit der Potsdamer Bürger_innen bei der Abstimmung über den Bürgerhaushalt gegen die Investition städtischen Geldes für den Wiederaufbau der Garnisonkirche ausgesprochen hatten.
In einer schwungvollen Abschlussrede fand die PARTEI unter Applaus der Anwesenden die Worte: „Wir die Partei DIE PARTEI haben genug von Peniswahn und Doppelmoral. Wir werden für eure Prunkbauten nicht länger an der Werkbank versauern. Schiebt euch eure Kirche in den Arsch! Lasst eure schmierigen Finger von unseren Häusern und geht zurück in euren Sektor!“