Am 03. Januar veröffentlichte der ak_antifa_potsdam eine Pressemitteilung zu der Spontandemonstration am Silvesterabend, die auf unerwartet große Resonanz stieß. Wir möchten uns dieser Resonanz im Folgenden widmen.
Zunächst einmal sind wir nicht „die Potsdamer Antifa“. Selbst in einer kleinen Stadt wie Potsdam existiert eine Vielzahl von Gruppierungen deren Aktivist_innen sich als Antifaschist_innen verstehen, u.a. die [Autonome] Antifaschistische Linke Potsdam [AALP], Antifa United, das Bündnis madstop und schließlich auch uns, den ak_antifa_potsdam. All diese Zusammenschlüsse haben unterschiedliche Profile, machen auf verschiedene Art Politik und wirken unterschiedlich nach außen. Wir sprechen also nicht für „die Antifa“, sondern nur im Namen unserer Gruppe.
Es ist eben nicht so, dass „die Antifa“ für alles verantwortlich ist, womit sie sich solidarisch zeigt. Die Vorstellung, die derzeitigen Auseinandersetzungen um Mietpolitik und linke Kultur- und Wohnprojekte könne auch Menschen betreffen, die keiner Gruppierung zu zuordnen sind, liegt außerhalb des öffentlichen Verständnisses. Es muss eine Gruppe von Leuten identifiziert, werden die für irgendwelche Aktionen im vollen Umfang verantwortlich ist. Dass Politik nicht nur in der Stadtverordnetenversammlung stattfindet, sondern verschiedenste Leute sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können oder überhaupt erst keine finden und diese Situation nicht mehr hinnehmen wollen, ist offensichtlich für viele unverständlich. Um das noch einmal deutlich herauszuarbeiten: WIR haben diese Spontandemonstration NICHT organisiert, sondern uns lediglich mit den Teilnehmenden solidarisiert. Es ist uns ein Rätsel wie aus der vorhergehenden Pressemitteilung eine Überschrift wie „Potsdamer Antifa bekennt sich zu Randale an Silvester..“ resultieren konnte. Dies ist schlichtweg falsch.
Wir sind uns durchaus bewusst, dass ein paar zerbrochene Fensterscheiben und ein demoliertes Polizeifahrzeug keine politische Kehrtwende herbeiführen werden. Sie sind nichts weiter als der verzweifelte Versuch sich Gehör zu verschaffen – und das mit Nachdruck. Auf anderem Wege scheint es ja offensichtlich nicht zu funktionieren. Deswegen verstehen wir den Frust der Teilnehmer_innen der Spontandemonstration.
Anstatt die Demonstration am Silvesterabend als Indiz dafür zu nehmen, dass in dieser Stadt etwas mächtig schief läuft, wird sie als pubertäre Quengelei abgetan. Ebenso wenig nützt es nun eine „linksextremistische Gefahr“ herauf zu beschwören und sich auf Angaben des politisch tendenziösen Verfassungsschutzes zu stützen, der seine Unfähigkeit mehr als einmal skandalös unter Beweis stellte. Wenn der Verfassungsschutz als „seriöse“ Quelle zu Rate gezogen wird, wundert es nicht, dass rechte Fackelmärsche und linke Demonstrationen in einen Topf geworfen werden. Dies entspricht der politischen Linie einer Bundeszentrale für politische Bildung, die der Auffassung ist, es seien die linksautonomen „Autozündeleien“ die Neonazis zu „Dönermorden“ motivieren. Wer sich nicht über einige kaputte Schaufensterscheiben und ein kaputtes Polizeifahrzeug aufregt, hat das Recht verloren sich gegen die menschenverachtende Ideologie von Neonazis zur Wehr zu setzen, darf nichts mehr sagen gegen brennende Asylbewerber_innenheime oder sich äußern zu der vom Staat finanzierten Mordserie des NSU äußern?
Das ist kein “Humbug”, das ist nicht nur absurd, das ist naiv — gefährlich naiv.