INFORIOT Dank ihrer Wahlerfolge wird die Bundes-AfD bald eine parteinahe Stiftung einrichten und dafür Staatsgelder in Anspruch nehmen können. Etliche AfD-Leute wollen dabei sein, wenn eine solche, auch finanziell lukrative Stiftung etabliert wird. Dementsprechend gibt es Streit: Gleich drei AfD-Vereine liegen miteinander im Clinch und beanspruchen jeweils den Stiftungsstatus für sich.
AfD-Stiftungsverein mit Räumen in Falkensee
Neben der “Desiderius-Erasmus-Stiftung” gilt insbesondere die “Akademische Erasmusstiftung” mit Adresse in Falkensee als aussichtsreiche Kandidatin. Über die Gründung, die im Juni 2017 in Berlin erfolgte, informierte die Stiftung, die als Sitz Potsdam angibt, erst im September. Vorstandsvorsitzende ist Victoria Tuschik, Justiziarin der AfD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt. Als Schatzmeister fungiert der brandenburgische AfD-Landstagsabgeordnete Rainer van Raemdonck. Als brandenburgische Vorstandsbeisitzer werden der AfD-Landtagsabgeordnete Thomas Jung sowie Lena Duggen genannt.
Eine “Erasmus-Stiftung Brandenburg”, offenkundig als Untergliederung konzipiert, gründete sich bereits im Juli 2017. Hier ist van Raemdonck Vorstandsvorsitzender. Als Anschrift dient dieselbe Adresse in Falkensee wie die der bundesweiten “Akademischen Erasmusstiftung” — bei Google wird diese Adresse als Ferienwohnung von van Raemdonck ausgewiesen. Ehrenvorsitzender ist Konrad Adam. Verschiedene brandenburgische AfD-PolitikerInnen haben weitere Funktionen inne: Lena Duggen ist “Generalsekretärin”, stellvertretende Vorsitzende sind Franz Wiese und Detlev Frye.
Extremismusexperten und liberale Geister
Die Stiftung will entsprechend der eigenen Überzeugungen auf die politische Bildung in Brandenburg Einfluss nehmen — man sei “liberal und konservative”. Über den Stiftungs-Namensgeber wird geschrieben: “Erasmus war ein Gegner von Dogmen und ein Anwalt der Freiheit. Er war ein Mann, der in wirren Zeiten einen klaren Kopf behielt; den brauchen wir auch.”
An der Stiftungsadresse in Falkensee soll offenbar Infrastruktur aufgebaut werden. Derzeit wird dort ein “Geschäftsstellenmanager” in Vollzeit gesucht. Auch “Referenten auf Honorarbasis” sollen sich melden. Als mögliche Themenfelder werden beispielsweise vorgeschlagen: “Islam (Gefahr für die Nicht-Islamischen-Länder), Koransuren, Scharia in Deutschland u.a.)” sowie “Extremismus in Brandenburg”.
Einige Veranstaltungen hat die brandenburgische AfD-Stiftung bereits realisiert. Der “Linksextremismus- und Islamexperte Steffen Kotre” — mittlerweile über die Brandenburger Landesliste gewählter Bundestagsabgeordneter — referierte am 20. April über das Thema “Gehört der Islam zu Deutschland”. Bei einer Fachtagung beleuchtete ein James Edward Gay unter dem Motto “Great Again” den “Einfluss von Donald Trump auf die Politik in Brandenburg”. Bei einem “Human Rights Congress” Anfang Oktober sprach dann der emeritierte Staatsrechtler und neurechte Aktivist Karl Albrecht Schachtschneider — ein Intimus der rechtsradikalen Publizisten Götz Kubitschek und Jürgen Elsässer und gewohnheitsmäßiger Einreicher von Verfassungsbeschwerden. Über die Veranstaltung wurde auf der Internetseite der Bundesstiftung berichtet und als Austragungsort das “Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte” in Potsdam benannt.
Seminar mit rechtsextremem Referenten
Besonders eine Veranstaltung vom 21. September illustriert, mit welchen “liberalen und konservativen” Inhalten bei einer AfD-Stiftung zu rechnen ist. In den Räumen der Stiftung in Falkensee hielt der Diplompolitologe Michael Schäfer ein Seminar über “Wahlrecht in Deutschland (Wahlbeobachtung)” ab. Der gleiche Referent redete zum Thema Wahlbeobachtung genau in diesem Zeitraum bei mehreren Veranstaltungen für eine entsprechende Kampagne der rechtsradikalen Organisation “EinProzent”. Grundgedanke war das Hirngespinst, das bei den Bundestagswahlen mit einem massiven, von oben gestreuerten Wahlbetrug zuungunsten der AfD zu rechnen sei.
Zur AfD und ihrer Parteistiftung mag deren Referent Michael Schäfer passen, es darf aber getrost infrage gestellt werden, dass er ein liberaler Geist und ein “Anwalt der Freiheit” ist: Der Mann war bis vor kurzem knallharter Neonazi und ist weiterhin in rechtsextremen Kreisen unterwegs. 2015 teilte er mit, kein Mitglied einer politischen Partei mehr zu sein. Vorher war er langjähriger Funktionär der NPD und unter anderem von 2007 bis 2012 Bundesvorsitzender der besonders militanten NPD-Jugendorganisation “Junge Nationaldemokraten”. Noch im April 2017 besuchte er einen Faschistenkongress in Italien.