Kategorien
Antifaschismus Arbeit & Soziales

Wer ist die Brandenburger “Alternative für Deutschland”?

Update 9. Mai: Infos­tände gegen die AfD am Son­ntag, ab 9 Uhr vor der Stadthalle Bernau (Ankündi­gung am Ende des Artikels). 

 

INFORIOT — Am 4.Mai hat die “eurokri­tis­che”, nation­al­is­tis­che “Alter­na­tive für Deutsch­land” (AfD) ihren Bran­den­burg­er Lan­desparteitag auf dem Schloss Dieder­s­dorf (Tel­tow-Fläming) durchge­führt. Sie ver­ab­schiedete ein Lan­deswahl­pro­gramm mit dem Titel “Mut zu Bran­den­burg — boden­ständig und frei leben!”. Zen­traler Teil des Tages war die Wahl der ersten fünf Lis­ten­plätze für die kom­mende Land­tagswahl. Der Lan­desparteitag wird am kom­menden Son­ntag, dem 11. Mai, in der Stadthalle Bernau (Barn­im) fortgesetzt.

Aus diesem Anlass gibt der fol­gende Text einen Überblick über den Bran­den­burg­er Lan­desver­band der AfD und deren Kan­di­datin­nen sowie das Wahl­pro­gramm für die Landtagswahl.

 

Wer ist die Bran­den­burg­er Alter­na­tive für Deutschland?

Die “Alter­na­tive für Deutsch­land”, erlangt bei der Bun­destagswahl 2013 in Bran­den­burg sechs Prozent der Zweit­stim­men und damit neben Sach­sen und Thürin­gen eins der deutsch­landweit besten Ergeb­nisse. Bun­desweit wurde mit 4,7 Prozent der Einzug in den Bun­destag knapp ver­passt. Die Partei kann auf­grund ihrer recht­spop­ulis­tis­chen Ten­denz und ihrer Inter­essen­vertre­tung für die Wirtschaft­seliten als Recht­saußen-Reak­tion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise gele­sen wer­den. Viele, auch führende Mit­glieder sind bere­its durch islam­feindliche, ras­sis­tis­che oder homo­phobe Äußerun­gen aufge­fall­en. Oft wird sie auch als die Sar­razin-Partei, nach dem ehe­ma­li­gen Bun­des­banker und SPDler Thi­lo Sar­razin bezeichnet. 

In Bran­den­burg grün­dete sich im April 2013 ein Lan­desver­band. Vor­sitzen­der ist der ehe­ma­lige CDUler und ehe­ma­lige Her­aus­ge­ber der Märkischen All­ge­meinen Zeitung (MAZ) Alexan­der Gauland, der nun als Spitzenkan­di­dat für die Land­tagswahl antreten wird.  Bei der Grün­dung in Nauen, so berichtete damals die MAZ, waren bere­its Islam­feinde dabei: die ehe­ma­li­gen Frei­heit-Mit­glieder Rain­er van Raem­don­ck und Thomas Jung. 

Lan­desvor­stand und KandidatInnen

Auf die ersten fünf Plätze der Lan­desliste sind geset­zt:
Platz 1: Dr. Alexan­der Gauland 
Platz 2: Dr. Rain­er van Raem­don­ck, Stel­lvertre­tender Lan­desvor­sitzen­der, ehe­mals Mit­glied der islam­feindlichen Partei “Die Freiheit”

Platz 3: Franz Wiese, Mit­glied des Landesvorstands

Platz 4: Sven Schröder, Mit­glied des Landesvorstands

Platz 5: Bir­git Bessin, Mit­glied im Lan­desvor­stand, Kreisvor­sitzende in Teltow-Fläming

Mit­glieder des Lan­desvor­standes sind: Huber­tus Rybak, Matthias Borowiak, Thomas Kühl, Inge Bock, Thomas Jung (Kreisvor­sitzen­der Pots­dam, ehe­mals Lan­desvor­stand der islam­feindlichen Partei “Die Frei­heit”) und Stef­fen Königer (Kreisvor­sitzen­der Pots­dam-Mit­tel­mark, ex-Kan­di­dat für den recht­spop­ulis­tis­chen „Bund Freier Bürg­er“, Autor der salon­faschis­tis­chen “Jun­gen Freiheit”). 

Schwammige Abgren­zung nach Rechts
Trotz der Abgren­zungs­be­mühun­gen zum Neon­azis­mus in Teilen der Bun­despartei ist der Bran­den­burg­er Lan­desver­band gegenüber ehe­ma­li­gen Mit­gliedern aus der extremen Recht­en offen. Neben den genan­nten Ex-“Freiheit”-Leuten über­nahm zeitweise das ehe­ma­lige DVU-Mit­glied Man­fred Friedrich die Funk­tion des Kreis­beauf­tragten für Bran­den­burg an der Havel.

Auch inhaltlich ist die Abgren­zung zu extrem recht­en Posi­tio­nen nicht immer deut­lich. So ist auf der Seite des Kreisver­ban­des Elbe-Elster die Forderung nach einem “Europa der Vater­län­der” zu lesen. Ähn­lich sieht es der stel­lvertre­tender Kreisvor­sitzende der AfD Havel­land, Nor­man Wol­len­zien: “Wichtig ist aus mein­er Sicht, dass die Nation­al­staat­en weit­er­hin erkennbar sind, und die kul­turelle und eth­nis­che Vielfalt in einem Europa der Vater­län­der erhal­ten bleibt”. Ein “Europa der Vater­län­der” kann heutzu­tage nicht mehr als de-Gaulle-Zitat gele­sen wer­den, wird es doch im Parteien­spek­trum son­st nur von NPD und anderen Neon­azis gefordert. Das ver­meintliche Beken­nt­nis zu “eth­nis­ch­er Vielfalt” ist nichts anders als die neurechte Konzep­tion eines Ethno­plu­ral­is­mus, der gern von Vielfalt spricht, aber eigentlich strik­te Homogen­ität will.

 

Ver­staubte PreußenfreundInnen?

Der Lan­desvor­sitzende Gauland griff beim Parteitag selb­st tief in die Gebraucht­parolen-Kiste. Seine Rede been­dete er mit der Foderung: “In den Staub mit all den Fein­den Bran­den­burgs!”. Der Aus­druck stammt von Hein­rich von Kleist und war poli­tis­ches Schlag­wort in Preußen und wurde später in der NSDAP-Pro­pa­gan­da genutzt. Das lässt erah­nen, wie frisch die Konzepte sind, mit der die “Alter­na­tive” in Bran­den­burg Poli­tik machen will. Es ist daher auch nicht ver­wun­der­lich, dass Gauland in sein­er Rede auch auf den ehe­ma­li­gen Preußis­chen Min­is­ter­präsi­den­ten und späteren Reicht­skan­zler Otto von Bis­mar­ck verweist. 

Wahlprogramm“Mut zu Bran­den­burg — boden­ständig und frei leben!“
Dass am let­zten Son­ntag beschlossene Wahl­pro­gramm “Mut zu Bran­den­burg” trägt den Unter­ti­tel “boden­ständig und frei leben!”, dabei ist die Partei sel­ber alles andere als bodenständig. 

Boden­ständig? AfD als Partei der Eliten
Beim Blick auf die Mit­glieder der AfD wird deut­lich, dass es sich keineswegs um eine “Partei der kleinen Leute” han­delt. Neben Dok­torIn­nen und Wirtschaft­spro­fes­sorIn­nen, find­en sich Adlige und reiche UnternehmerIn­nen in Spitzenämtern. Führende Mit­glieder dieses elitären Zusam­men­schlusses sind unter anderem Kon­rad Adam, Mit­glied des AfD-Bun­desvor­standes, der mehrfach die Abschaf­fung des Wahlrechts für Arbeit­slose und Sozialhilfeempfänger_innen forderte. Oder die christliche Fun­da­men­tal­istin Beat­rix von Storch. Die AfD-Europawahlka­n­di­datin will unter anderem die Schulpflicht auflock­ern, um fun­da­men­tal­is­tis­chen Christ_innen zu ermöglichen, ihre Kinder zuhause und bibel­treu zu erziehen. Sie ist bekan­nt als Abtrei­bungs­geg­ner­in und für ihre homo­phoben Positionen.

Eine Analyse der Bun­destagswahl in Bran­den­burg hat ergeben, dass die AfD vor allem in wohlhaben­deren Gegen­den hohe Ergeb­nisse erlangte. In den ländlicheren Kreisen Uck­er­mark und Prig­nitz erre­ichte die AfD dage­gen die schlecht­esten Ergebnisse. 

Frei? AfD als nation­al­is­tis­che Partei
Die AfD spricht sich gegen den Euro aus und für die Wiedere­in­führung der D‑Mark. Laut Europawahlka­n­di­dat Hans-Olaf Henkel könne es zwar kleinere Euro-Ver­bünde geben, dann aber ohne die südeu­ropäis­chen Län­der. Frei sein will die AfD also vor allem von der der ver­meintlichen Schulden­last der Südeu­ropäis­chen Län­der. Ein­herge­ht damit zum einen eine ver­fehlte Krise­n­analyse, die auf der Suche nach ver­meintlichen Sün­den­böck­en ist — Griechen­land, Spanien oder Por­tu­gal — statt die Ursachen und Prob­leme in der Wirtschafts- und Finanzpoli­tik sowie im kap­i­tal­is­tis­chen Sys­tem als Ganzes zu suchen. Und zum anderen zeigt es den nation­al­is­tis­chen Charak­ter der Partei.

Der kon­ser­v­a­tive Pub­lizist Wol­fram Weimer brachte es mit fol­gen­den Worten auf den Punkt: “Uralte nation­al­is­tis­che Reflexe wer­den plöt­zlich wieder wach, man zieht über Europa und Nach­barn und Insti­tu­tio­nen her, man weckt Arro­ganzin­stink­te und Min­der­w­er­tigkeit­skom­plexe, Miss­gun­st und einen poli­tis­chen Ego­is­mus, der tief auf dem 19. Jahrhun­dert kommt, im 20. Jahrhun­dert die großen Katas­tro­phen befördert hat und im 21. Jahrhun­dert bess­er über­wun­den als wieder­belebt gehört.”

Gegen den Sozial­staat und gegen Zuwan­derung
Die “Alter­na­tive für Deutsch­land” spricht sich für den Abbau von Schulden aus. Das soll geschehen durch den Abbau des Sozial­staats und mehr Pri­vatisierung im öffentlichen Sek­tor. Konkret kann das die Stre­ichung von Sozialleis­tun­gen für Erwerb­slose und für Asylbewerber_innen bedeuten. Bei let­zteren meint die AfD “Ein­wan­derung braucht klare Regeln” (Wahlplakat der AfD zur Bun­destagswahl 2013).

Genau genom­men fordert die AfD — eben­so wie auch die NPD — eine Zuwan­derungspoli­tik nach dem Vor­bild der Schweiz. Bun­desparteis­prech­er Bernd Lucke meint: “Unab­hängig vom Inhalt des Schweiz­er Ref­er­en­dums ist auch in Deutsch­land ein Zuwan­derungsrecht zu schaf­fen, das auf Qual­i­fika­tion und Inte­gra­tions­fähigkeit der Zuwan­der­er abstellt und eine Ein­wan­derung in unsere Sozial­sys­teme wirk­sam unterbindet”. In ähn­lich­er Weise äußert sind auch der Kreisver­band Elbe-Elster auf sein­er Inter­net­seite. Dort wird unter­schieden in die Migrant_innen, die Hil­fe bräucht­en und jene, die nach Aus­sage der AfD “gut informiert“ seien und „vor­sor­glich ihre Pässe ver­nicht­en, ihre Iden­tität ver­schleiern um unge­hin­dert ein bis zu 10-jähriges Aufen­thalt­srecht zu erwirken, unsere Sozial­sys­teme unter­wan­dern und oben­drein noch Forderun­gen unter Andro­hung von radikaler Gewalt stellen.” Die Unterteilung in ver­meintlich “nüt­zliche” Migrant_innen und jene, die die Sozial­sys­teme aus­nutzen wür­den, find­en sich von neon­azis­tis­chen bis zu kon­ser­v­a­tiv­en Kreisen.

 

11. Mai in Bernau: Parteien informieren zu Europa !

Anlässlich des Parteitages der “Alter­na­tive für Deutsch­land” möcht­en v.a. junge Men­schen der Parteien zu Europa Rede und Antwort ste­hen. Es wird die Möglichkeit geben, sich über die EU-Poli­tik zu informieren und zu ver­mit­teln, warum Europa für uns alle ein wichtiges Anliegen ist. Dazu laden Sie am Son­ntag ab 9 Uhr vor die Stadthalle Bernau ein. Das Net­zw­erk für Weltof­fen­heit schließt sich mit einem Aktion­s­stand unter dem Mot­to: Schön­er Leben ohne Nazis an und lädt alle ein, sich daran zu beteiligen.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Inforiot