„Wir wollen keinen Krieg, wir wollen leben“
Am Nachmittag des 22.8. haben sich 60 Menschen auf dem Max-?Seydewitz-?Platz in Forst versammelt, um gemeinsam ein Zeichen gegen die aufkeimende ausländerfeindliche Stimmung in der Stadt zu setzen.
Nach dem Angriff in der Nacht vom 19. auf den 20.?08. durch eine Gruppe von Tschetschenen auf das Flüchtlingsheim beherrschte Berichte über eine „Massenschlägerei“ die Schlagzeilen. (Hintergrund HIER) Dieses medial erzeugte Bild diente als Steilvorlage für nationalistische Pauschalisierungen von den kriminellen und gewalttätigen Ausländern und dem gegenüber die vermeintlich gesetzestreuen und friedfertigen Deutschen. Der Tenor in den „sozialen“ Netzwerken reichte vom üblichen: „wenn die hier in unser Land kommen, dann sollen sie sich gefälligst benehmen“ und „Können die ihre Kriege nicht in ihren Ländern austragen?“ bis zu „Sowas hätte es ’33 nicht gegeben.“. Die in der Stadt aufkeimende ausländerfeindliche Stimmung trifft sowohl die Opfer des Angriffes also auch Menschen, die in diesen Konflikt nicht involviert waren.
Die Kundgebung stand unter dem Motto „Solidarität und Freiheit für Menschen auf der Flucht“ und wurde von einem breiten Unterstützerkreis getragen zu denen die Initiative „Kein-?Heimspiel-?für-?Nazis“, der Ortsverband der LINKEN, der Verein „Joia de viver“, der Infoladen Neuron, die Opferperspektive Brandenburg und Borderline Europe gehörten. Einer der Unterstützer schilderte die aktuelle Situation und betonte: „Unsere Solidarität ist nicht teilbar, sie gilt Menschen, weil sie sich auf der Flucht befinden und nicht, weil sie gute oder schlechte Menschen sind.“ Viele der Flüchtlinge haben eine zum Teil Jahre dauernde Flucht-?Odyssee hinter sich, auf der sie nicht selten mit unterschiedlichen Formen der Gewalt konfrontiert wurden. Harald Glöde gibt den Teilnehmern der Kundgebung deswegen zu denken: „Stellt euch vor, wie es wäre, wenn wir alle zusammen auf engstem Raum in einem Heim wohnen würden, durch Gewalt traumatisiert sind und unsere Sprachen nicht verstehen. Da gäbe es sicher auch irgendwann Probleme.“
Trotz des ernsten Themas schafften es die Musikeinlagen der Folk-?Künstlerin Lisa Temesvari, der Liedermacher „Der Lange“ und Leo Banton eine Atmosphäre zu erzeugen, die an ein Straßenfest erinnerte. Durch die Ereignisse in den vergangenen Tagen hatten leider viele Flüchtlinge in Forst Angst zu der Kundgebung zu kommen. Ein junger Informatiker aus dem Flüchtlingsheim schilderte den Teilnehmern seine Sicht der Dinge und warnte eindringlich vor Pauschalisierungen: „Wir sind vielleicht schwarz, aber trotzdem nicht dumm. Wir haben Fähigkeiten, die wir hier einbringen können. Wir wollen keinen Krieg, wir wollen leben.“
Die Vorkommnisse haben deutlich gemacht, dass ein friedliches und solidarisches Miteinander soziale Instanzen braucht, die Menschen zusammenbringen und Konflikte begleiten und lösen können. Der Flüchtlingsrat Brandenburg hat nochmal appelliert, dass Brandenburg unbedingt ein schlüssiges Unterbringungskonzept für Flüchtlinge benötigt, mehr Gemeinschaftsräume zur Verfügung stehen müssen und Flüchtlinge nach Möglichkeit dezentral in Wohnungen untergebracht werden. Die personelle Ausstattung in den Heimen muss dringend verbessert werden. Vor allem im sportlichen und kulturellen Bereich kann zivilgesellschaftliches Engagement viel bewirken und dazu beitragen Gewalt zu verhindern.