Trotz des Mitgliederschwundes rechtsgerichteter Parteien bleibt nach
Einschätzung von Brandenburgs Verfassungsschutz der Rechtsextremismus hier
zu Lande die größte gesellschaftliche Herausforderung. Sorge bereite ihm vor
allem die hohe Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten, sagte Innenminister
Jörg Schönbohm (CDU) gestern in Potsdam. Von 78 im Jahr 2002 stiegen sie auf
87 im Vorjahr an.
Schönbohm verwies auf die hohe Zahl junger Gewalttäter, die erstmals
straffällig wurden. Im vergangenen Jahr machten sie mehr als 84 Prozent der
rechten Gewalttäter aus, wie aus dem vorgestellten Verfassungsschutzbericht
hervorgeht.
Während die Anzahl der Rechtsextremisten im Land sank (siehe Hintergrund),
gebe es aber auch gegenläufige Tendenzen, betonte Schönbohm. So stieg die
Zahl der Neonazis von 200 auf 220 Personen. Die Gründung der “Bewegung Neue
Ordnung” sei ein Anzeichen für die Verlagerung der Szene in Richtung
Neonazismus. Gerade für jüngere Rechtsextreme biete die NPD zu wenig
“Action”, zugleich versuchten sie aus taktischen Gründen vom Gewaltimage der
Skinheads abzurücken, erklärte Verfassungsschutzchef Heiner Wegesin. Diese
neue Generation kleide sich bürgerlich und versuche sich bundesweit zu
vernetzen.
Innenminister Schönbohm betonte zugleich, “dass die größte Bedrohung unserer
Sicherheit vom internationalen islamistischen Terrorismus ausgeht”. Es gebe
derzeit aber keine Hinweise auf drohende Anschläge in Brandenburg. Mit den
schärferen Maßnahmen, die durch die Einigung beim Zuwanderungsgesetz möglich
geworden seien, könnten zudem “islamistische Hetz-Prediger” schnell
abgeschoben werden.
Zu den Debatten um eine Stärkung der Bundeskompetenzen beim
Verfassungsschutz sagte Schönbohm, Zentralisierung könne angesichts
dezentral und autonom handelnder Terrorzellen nicht die einzige Lösung sein.
Wichtiger sei der lückenlose Informationsaustausch zwischen dem Bund und den
Ländern. Auch der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Sven
Petke, sprach sich “klar gegen alle Vorhaben aus, die föderale Struktur des
Verfassungsschutzes anzutasten.” (dpa/ta)
Hintergrund Weniger Rechtsextreme
Die Zahl der Rechtsextremisten in Brandenburg sank im Vorjahr von 1280 auf
1265. Das hat zuerst mit Niedergang der rechtsextremistischen NPD und der
Republikaner zu tun. Während diese Parteien im Jahr 2000 noch 710 Mitglieder
hatten, sind derzeit nur noch 490 Personen bei NPD, DVU und den
Republikanern organisiert. Auch die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten,
darunter Skinheads und Angehörige von Kameradschaften, sei von 580 auf 560
zurückgingen.