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Antifaschismus

Soli-Demo für Zelle 79

Infori­ot — Etwa 100 Demonstrant_innen zeigten am ver­gan­genen Sam­stag, den 30. Mai, ihre Unter­stützung für das linksalter­na­tive Haus­pro­jekt Zelle 79 in Cot­tbus. In der Woche zuvor, in der Nacht vom 23. auf den 24. Mai, grif­f­en Neon­azis das Pro­jekt in der Parzel­len­straße 79 an: Die 10 AngreiferIn­nen war­fen Steine gegen Fas­sade und Fen­ster, ver­sucht­en gewalt­sam in das Gebäude einzu­drin­gen und zün­de­ten anschließend eine Couch vor der Tür an. Der Brand kon­nte schnell gelöscht wer­den, da sich eine kleine Gruppe im Haus befand, die vom Angriff nicht ver­let­zt wurde.

Fronttransparent der solidarischen Demonstration für die Zelle 79
Front­trans­par­ent der sol­i­darischen Demon­stra­tion für die Zelle 79

Die antifaschis­tis­che Demon­stra­tion unter dem Mot­to “Es ist immer ein Angriff auf uns Alle” zog am Sam­sta­gnach­mit­tag durch die Cot­tbusser Innen­stadt und fand dort nicht nur Aufmerk­samkeit, son­dern erfuhr auch mehrfach Sol­i­dar­itäts­bekun­dun­gen durch Anwohner_innen. In Rede­beiträ­gen macht­en die Veranstalter_innen wieder­holt auf den Vor­fall und eine Rei­he weit­er­er Angriffe von Neon­azis aufmerksam.
Zelle 79 nach dem Angriff: Nazis warfen Steine gegen die Fenster
Zelle 79 nach dem Angriff: Nazis war­fen Steine gegen die Fenster

Autonome Antifa Cottbus hatte zur Demonstration aufgerufen
Autonome Antifa Cot­tbus hat­te zur Demon­stra­tion aufgerufen

Lautstarke Demonstration durch die Cottbusser Innenstadt
Laut­starke Demon­stra­tion durch die Cot­tbusser Innenstadt

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Die Gauland-Show

Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Der Rechte Rand Nr. 153 (März/April 2015). 
Mit aktuell zehn Abge­ord­neten im Pots­damer Land­tag hat die Bran­den­burg­er AfD seit den Wahlen im Sep­tem­ber 2014 bun­de­spoli­tisch einiges an Gewicht erlangt. Wie fast kein ander­er sorgt vor allem ein­er für Furore: Alexan­der Gauland, Mit­glied im Bun­desvor­stand und Chef des Landesverbandes. 
von Sven­na Berger

Gauland-Partei mit Rechtsaußen-Leck

Über Gauland sagte CSU-Poli­tik­er Gauweil­er kür­zlich in der Wochen­zeitung »Die Zeit«: »Er trägt zur Bele­bung der Debat­te bei«. Und so ist der Ex-CDUler und ehe­ma­lige Her­aus­ge­ber der »Märkischen All­ge­meinen Zeitung« regelmäßig Gast in Talk­shows und Inter­view­part­ner im Poli­tik­teil divers­er Zeitun­gen. Der Bran­den­burg­er AfD-Lan­desvor­stand gehört zum ‹nation­alkon­ser­v­a­tiv­en› Flügel in der Partei und das nicht allein wegen Gauland. Ende Sep­tem­ber veröf­fentlichte das Mag­a­zin »Der Spiegel« Partei­in­ter­na, darunter Infor­ma­tio­nen über extrem rechte AfD-Abge­ord­nete; zuge­spielt von Ste­fan Hein, dem Sohn der Gauland-Lebens­ge­fährtin, der schließlich wegen Ver­rats aus der Land­tags­frak­tion flog.
Zur Land­tagswahl, bei der die AfD zwölf Prozent der Zweit­stim­men erlangte, war klar: Acht von elf gewählten Land­tagsab­ge­ord­neten, so eine Recherche des »Antifaschis­tis­chen Pressearchiv und Bil­dungszen­trums« Berlin und des »Moses-Mendelssohn-Zen­trums« in Pots­dam, blick­en auf rechte bis extrem rechte Kar­ri­eren zurück. Neben dem Ex-Repub­likan­er Andreas Galau gehört auch Andreas Kalb­itz dazu; er schrieb für die revi­sion­is­tis­che »Junge Lands­man­nschaft Ost­deutsch­land«, den extrem recht­en »Witikobund« und ist Ver­leger eines recht­en Hör­buchver­lages. Weit­er­hin wird Stef­fen Königer erwäh­nt – ehe­mals Redak­teur der »Jun­gen Frei­heit«, Ex-Mit­glied im »Ring Christlich-Demokratis­ch­er Stu­den­ten« und früher­er Kan­di­dat für den recht­spop­ulis­tis­chen »Bund Freier Bürg­er« – sowie die bei­den Begrün­der des Bran­den­burg­er Ver­ban­des der islam­feindlichen Partei »Die Frei­heit«, Rain­er von Raem­don­ck und Thomas Jung.
Der Umgang mit (extrem) recht­en Posi­tio­nen in der Partei ist dabei wider­sprüch­lich: Lan­des- und Frak­tion­schef Gauland gewährt diesen Frak­tion­skol­le­gen »eine zweite Chance«, auch wenn sie sich mitunter nicht von ihren Inhal­ten dis­tanzieren. Königer beispiel­sweise zählte das NSDAP–Buch »Glaube an Deutsch­land« kurz vor der Land­tagswahl in einem Zeitungsin­ter­view zu sein­er Lek­türe. Jan-Ulrich Weiß, der als Nachrück­er in den Land­tag ziehen sollte, musste hinge­gen gehen: Nach­dem er anti­semi­tis­che Karika­turen veröf­fentlichte, wurde er aus der Partei aus­geschlossen. Der Skan­dal war zu groß.
Die Debat­ten um die AfD im Land­tag hal­ten weit­er an: Neben der Diskus­sion um die Beset­zung der Par­la­men­tarischen Kon­trol­lkom­mis­sion, an der nach Forderung der SPD keine Man­dat­strägerIn­nen mit extrem rechter Biografie mitwirken solle, führen die The­men Asylpoli­tik, die Rolle des Islam und der Umgang mit PEGIDA und deren Nachah­merIn­nen regelmäßig zum Eklat.
Die »Volks­be­we­gung« und die AfD
Von Anfang an machte Gauland aus sein­er poli­tis­chen Nähe zu den Demon­stran­tInnen in Dres­den keinen Hehl, auch gegen Wider­stände im AfD-Bun­desvor­stand. Im Bran­den­burg­er Land­tag sorgt Gauland damit für Unmut. Hier wer­den ihm seine Posi­tio­nen zu PEGIDA und Zuwan­derung vorge­wor­fen. Im Zusam­men­hang mit den Ter­ro­ran­schlä­gen von Paris hat­te Gauland für PEGI­DAs Islamkri­tik gewor­ben und wurde dafür scharf kri­tisiert. SPD-Frak­tion­schef Klaus Ness urteilte: Die ver­suchte Gle­ich­set­zung von Mus­lim­In­nen mit Ter­ror­istIn­nen und das Ver­bot der PEGI­DA-Demon­stra­tion nach den Anschlä­gen als fortschre­i­t­ende Islamisierung zu beze­ich­nen, gren­ze an Volksver­het­zung. Um sich gegen den Vor­wurf der Islam­feindlichkeit zu immu­nisieren, lud die AfD-Frak­tion kurzum VertreterIn­nen des »Vere­ins der Mus­lime in Pots­dam e. V.« ein.
Den dop­pelzüngi­gen Umgang mit recht­en Posi­tio­nen, den Gauland bere­its im eige­nen Lan­desver­band prak­tizierte, set­zt er hin­sichtlich der PEGI­DA-Aufmärsche fort: Ras­sis­tis­che Posi­tio­nen und das asyl- und ‑islam­feindliche Moment der Proteste wer­den ver­harm­lost und PEGIDA von Gauland gar zur neuen »Volks­be­we­gung« erk­lärt. Diese sei ver­gle­ich­bar mit der Rolle der frühen Anti-Atom­be­we­gung als Weg­bere­it­er für die par­la­men­tarischen Grü­nen. Der Skan­dal um das Hitler-Bild von PEGI­DA-Begrün­der Lutz Bach­mann ging ihm zwar zu weit, doch erst nach dem Zer­würf­nis inner­halb der Dres­d­ner Führungsriege brach Gauland mit den Organ­isatorIn­nen. An der inhaltlichen Nähe ändert sich damit nichts.
»Europa den Europäern«
Diese Nähe der AfD zeigte sich auf ein­er Demon­stra­tion des Bran­den­burg­er PEGI­DA-Abklatsches »Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit und Mitbes­tim­mung« (BraMM). Auf einem von Nor­man Wol­len­zien, Mit­glied im AfD-Kreisver­band Havel­land, gehal­te­nen Schild war zu lesen: »Anti­ras­sis­mus, Weltof­fen­heit, Vielfalt sind Ken­nwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern«. An der Ver­anstal­tung, die der Lan­deschef der »Repub­likan­er«, Heiko Müller, angemeldet hat­te, nah­men auch eine Rei­he bekan­nter Neon­azis teil. Wol­len­ziens Kon­tak­te in die Neon­aziszene sind bere­its in der Ver­gan­gen­heit bekan­nt geworden.
Von seinem ras­sis­tis­chen Ton­fall ist auch Gaulands Absage an Zuwan­derung nicht weit ent­fer­nt. »Wir soll­ten eine Ein­wan­derung von Men­schen, die unser­er kul­turellen Tra­di­tion völ­lig fremd sind, nicht weit­er fördern, ja wir soll­ten sie ver­hin­dern«, so zitiert ihn »Der Tagesspiegel«. Welche Tra­di­tio­nen fremd seien, sagt Gauland sehr genau: »Diese kul­turelle Tra­di­tion ist im Nahen Osten zu Hause.«. Damit trägt er nicht etwa »zur Bele­bung der Debat­te« bei, son­dern gibt ras­sis­tis­chen Posi­tio­nen und extrem recht­en Pro­tag­o­nistIn­nen in der AfD eine Plattform.

Inforiot